Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi
auf.
Während der Fahrt vermied er es, über die Vorfälle der letzten Stunden nachzudenken. Stattdessen lauschte er unaufmerksam dem Nachrichtensprecher, der von einem Erdbeben in Asien und dem Freitagabendspiel der Fußball-Bundesliga berichtete. Der Wetterbericht kündigte schwere Gewitter für den Nachmittag und eine Abkühlung auf angenehme zwanzig Grad an.
Als er Stedefreund hinter sich gelassen hatte, gelang es ihm nicht länger, die Gedanken an den Mord an Bernhard Winkelmann zu verdrängen. Gleich hier in der Nähe, in Brake, hatten sie seinen Geländewagen entdeckt.
Er bog von der Hauptstraße ab und nahm einen kleinen Umweg durch eine Wohnsiedlung. Nach einer Weile mündete die Straße in einen Feldweg. Genau hier hatten sie den Audi von Winkelmann gefunden. Noch immer war unklar, weshalb und von wem der Wagen dort abgestellt worden war. War Winkelmann an besagtem Abend trotz seiner Trunkenheit tatsächlich noch mit dem eigenen Auto unterwegs gewesen?
Jan stellte den Mini ab und stieg aus. Die Dämmerung erlaubte es ihm, über die Felder in Richtung Bielefeld zu sehen. Zu seiner Linken führte die Bahnlinie zwischen Herford und Bielefeld entlang, vor ihm lagen der Feldweg und einige Gebäude, in denen landwirtschaftliche Geräte gelagert wurden. Das heruntergekommene Gebäude einer Gärtnerei fiel ihm ins Auge. Zwei Autos parkten davor. Im Hintergrund reihten sich mehrere verfallene Gewächshäuser aneinander.
Irgendwie hing alles zusammen. Der tödliche Anschlag auf das Hoeker-Fest und der vermeintliche Selbstmord von Bernhard Winkelmann, der sich schließlich als grausamer Mord herausgestellt hatte. Die Hinweise auf eine mögliche Erpressung, die zerrütteten Familienverhältnisse der Winkelmanns, Peter Tietz und Joachim Pagels und nicht zuletzt Andreas Behrendt, der es offenbar auf die Brauerei abgesehen hatte. Jan war sich sicher, dass hierin irgendwo der Schlüssel zur Lösung des Falls liegen musste.
Um ihn herum war alles ruhig. Die Menschen in den Wohnsiedlungen schliefen noch. Die Straßen des Bielefelder Außenbezirks strahlten die Verlassenheit einer Sperrzone aus. Weit und breit war niemand zu sehen, kaum ein Licht erhellte den frühen Morgen.
Jan kramte eine Packung Zigaretten aus dem Handschuhfach und zündete sich einen krummen Glimmstängel am nachträglich eingebauten Zigarettenanzünder an. Dann schaltete er den Motor seines Minis wieder an, setzte zurück und fuhr in Richtung Bielefeld davon.
* * *
Vera Jesse saß mit tiefen Rändern unter den Augen hinter ihrem Schreibtisch und war in Unterlagen vertieft, die sie vor sich ausgebreitet hatte. Als Jan das Büro betrat, schreckte sie hoch.
»Na endlich, da bist du ja«, sagte sie.
Er meinte einen leisen Vorwurf in ihrer Stimme mitschwingen zu hören.
»Dagmar Winkelmann ist jeden Moment hier, die Streife bringt sie. Keine Spur von Carolin, keine Spur von einer gewaltsamen Verschleppung. Die haben sich das Haus angesehen, ohne auch nur den geringsten Hinweis auf ein Verbrechen zu finden. Nolte und seine Truppe knöpfen sich das Haus jetzt gleich noch einmal vor, vielleicht finden sie ja was. Dagmar Winkelmann glaubt, dass ihre Tochter entführt wurde.«
Jan nickte. »Gibt’s Kaffee?«, fragte er müde.
»Läuft gerade durch«, antwortete Vera und stand von ihrem Schreibtischstuhl auf. »Ich glaube, ich pack das alles nicht mehr«, sagte sie plötzlich.
»Was meinst du?«, fragte Jan überrascht.
»Stefan.«
»Stefan? Was ist mit ihm?«
»Er macht mir das Leben schwer, weil er der Meinung ist, dass wir in die falsche Richtung ermitteln.«
»Glaubst du das wirklich?«
»Du hast es doch selbst gehört. Er will, dass wir uns darauf konzentrieren, die Stadtfeste der Region zu schützen. Das ist natürlich wichtig, und das tun wir ja auch, aber ich meine, was denkt er denn …«
»Er steht selbst unter Druck«, fiel ihr Jan ins Wort. »Die Medien blicken auf ihn, er muss ihnen etwas liefern.«
»Warum vertraut er uns nicht, sondern versucht sich in unsere Ermittlungsarbeit einzumischen? Stattdessen hört er lieber auf Stahlhut, diesen …« Vera sprach nicht aus, was sie ganz offensichtlich über den Herforder Kollegen dachte.
»Lass dich doch nicht runterziehen!«, sagte Jan mit Nachdruck. »So unsicher kenne ich dich gar nicht. Stimmt irgendwas nicht mit dir?«
Vera zuckte mit den Schultern. Ihr war deutlich anzusehen, dass ihr etwas auf dem Herzen lag.
»Rück raus damit! Was bedrückt dich?«
»Alexander«, murmelte
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