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Westwind aus Kasachstan

Westwind aus Kasachstan

Titel: Westwind aus Kasachstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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immer ein Russe bleiben und voll schmerzhafter Sehnsucht an sein Rußland denken, und ein Chinese in Europa wird nie seine sechstausendjährige Kultur vergessen und nie ein Franzose oder Deutscher werden. Was ist das in uns, das uns so fühlen läßt?
    Um fünf Uhr früh stand Weberowsky, wie jeden Tag, auf und ging hinüber in das Badezimmer. Er ließ sich kaltes Wasser über Kopf und Oberkörper laufen, vertrieb damit die schlaflose Nacht und verließ leise die Schlafkammer.
    Im Stall erwarteten ihn die Kühe und glotzten ihn stumm an. Ihre Euter waren prall gefüllt.
    Ein neuer Tag begann. Ein Tag wie jeder andere.
    Und dennoch ein Tag, der anders war.

II. TEIL
    Den Namen Kirenskija wird man vergeblich auf einer Karte suchen. Selbst die bis ins letzte Detail gehenden Fluglandkarten verschweigen die Stadt – sie existiert nur im Geheimarchiv des sowjetischen Generalstabes, und selbst hier haben nur wenige Eingeweihte Kenntnis von einem Gebiet, das durch Tretminen, Elektrozäune, Selbstschußanlagen, Fernsehkameras, Militärpatrouillen und Hubschrauber hermetisch abgeriegelt ist. Eine kleine eigene Welt von mehreren tausend Quadratkilometern, ganz unten im Südosten von Kasachstan, im Dreiländereck, wo China, die Mongolei und die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zusammenstoßen.
    Eine wilde, einsame Gegend ist es, nahe dem Saissan-See, durchzogen von einem kleinen Gebirge, weiten Senken und Tälern, ein Steppenland, das nur von Nomaden durchwandert wurde und das die Eingeborenen ›Tote Erde‹ nannten. Jetzt gab es diese Nomaden nicht mehr mit ihren Schaf- und Ziegenherden, mit ihren aus Leder, Fellen und handgewebten Wolldecken bestehenden Zelten, die in ihrer Form an die Jurten der Mongolen erinnerten. Soldaten hatten sie vertrieben, die plötzlich das armselige Land besetzt hatten. Hubschrauber jagten die Herden weg, und wem es trotzdem gelang, bis in das seit Jahrhunderten von ihnen benutzte Weidegebiet vorzudringen, der stand vor einem endlosen hohen Zaun mit Warntafeln, ein Zaun, der links und rechts im Himmel zu enden schien, denn am Horizont trafen Steppe und Himmel zusammen.
    Ein neugieriger Nomade hatte einmal den Zaun angefaßt. Ein paar Funken sprühten auf, und der Neugierige sank verkrümmt ins Gras und war tot. Sein Gesicht war plötzlich schwarz geworden, als habe er im Ruß eines Holzkohlenfeuers gelegen. Das sprach sich schnell herum. Niemand kam mehr in die Nähe des Zaunes, den der Teufel gebaut haben mußte. Was wußte ein Nomade von Starkstrom? Von da an wurde das Gebiet östlich des Saissan-Sees gemieden. Es war ein verfluchtes Land, so dachten die Nomaden.
    So ganz unrecht hatten sie nicht. Was sich hinter dem Zaun und den Absperrungen abspielte, war geeignet, die ganze Menschheit zu vernichten.
    Wer dieses Gebiet aus der Luft hätte sehen können, wäre vor Staunen sprachlos gewesen. Aber außer den schweren Transportmaschinen, die täglich hinter dem Gebirge verschwanden und von besonders ausgesuchten, immer aufs neue vereidigten Piloten der Luftflotte geflogen wurden, war auch der Himmel gesperrt. Aber auch die Piloten waren immer wieder fasziniert, wenn sie auf dem modernen Flughafen von Kirenskija landeten und die lange Betonpiste entlangrollten zu den riesigen Lagerhallen.
    Vor ihnen lag eine Stadt mit Straßen, einem Kino, einem Warenhaus, zwei Cafés, einem Restaurant, einem Fußballplatz, einem kleinen Schwimmstadion, einem eigenen Elektrizitätswerk mit drei gewaltigen Transformatoren und einer Versammlungshalle. Den Bau einer Kirche hatte damals Breschnew abgelehnt. »Kirenskija hat eine andere Aufgabe als zu beten«, hatte er gesagt. »Aber es kann sein, daß es die anderen Menschen das Beten lehrt.«
    Das Wichtigste von Kirenskija sah man nicht … es lag unter der Erde. Eine zweite Stadt aus dicken Betonwänden und Isoliertüren, Schleusen, in denen Strahlenzähler alles, was sich bewegte, erfaßten und sofort Alarm auslösten, wenn die eingefangenen Strahlen die Leitzahl übertrafen.
    Das war bisher nur einmal vorgekommen. In Schleuse VI/23 tastete ein Zähler eine geringe Strahlung von Radioaktivität ab, die genügte, um sofort den ganzen unterirdischen Gebäudeteil zu isolieren.
    Aber die Schleuse war leer. Kein Mensch war in ihr, und wenn jemand in ihr gewesen wäre, hätte er den Raum nicht verlassen können, denn bei Alarm wurden die Türen automatisch in Sekundenschnelle verriegelt. Was man entdeckte, war eine kleine, braune Feldmaus. Man fing sie ein,

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