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Westwind aus Kasachstan

Westwind aus Kasachstan

Titel: Westwind aus Kasachstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auf und wartete bebend auf das, was der geile Wolf mit ihr vorhatte.
    Zu ihrem großen Erstaunen geschah nichts. Sie spürte nur zwei Hände auf ihren Schenkeln, vier dumpfe Drucke, für die sie keine Erklärung hatte, ja und dann war alles vorbei. Der merkwürdige Sittenstrolch umwickelte sie noch mit einer Leine und schnürte sie mit dem Sack zusammen. Sie hörte, wie es in den Büschen raschelte, der Dreckskerl entfernte sich, sie war allein und lag bewegungslos auf der Erde.
    »Du verdammter, räudiger Hund!« brüllte sie ihm nach, und dann begann sie zu strampeln und wälzte sich hin und her und versuchte, den Strick abzustreifen. Es war ganz einfach. Der Unhold hatte sie bewußt so locker gefesselt, daß sie sich leicht befreien konnte. Sie riß den Sack vom Kopf, zog ihren Schlüpfer hoch, strich den Rock glatt, stand ächzend auf und lehnte sich gegen den Wagen. Das Pferd stand ruhig da, mit gesenktem Kopf, und glotzte in die Nacht.
    »Was war das nun?« fragte die Beljakowa laut. »Was wollte er von mir? Fällt einfach über mich her. Was soll das?« Es war eben eines jener Rätsel, denen man im Leben manchmal begegnet. Nur war es diesmal bloß ein halbes Rätsel.
    Zirupa schreckte aus tiefem Schlaf empor, als es wie wild an seine Tür klopfte. Dann hörte er Katjas Stimme. »Mach auf! Mach auf! Ich bin überfallen worden. Man hat mir –« Zirupa sauste aus dem Bett. Die Beljakowa überfallen – das bedeutete Mißlichkeiten bis nach Karaganda. Da konnte auch Kiwrin nicht mehr helfen. Er warf einen Bademantel über, denn in den heißen, schwülen Nächten schlief Zirupa nackt, öffnete die Tür und ließ Katja hereinstürmen. Ihr Gesicht war verstört. Sie ließ sich auf das Bett plumpsen und starrte auf die Stelle, wo Zirupas Bademantel etwas auseinanderklaffte. Er raffte den Mantel zusammen und zog den Gürtel enger.
    »Ich bin überfallen worden«, wiederholte sie, diesmal mit zitternder Stimme.
    »Wo?«
    »In den ›Haaren auf der Brust‹. Einen Sack stülpt man über mich, zerrt mich vom Wagen, fesselt mich, wirft mich auf die Erde, reißt den Rock hoch –«
    »O nein!« stöhnte Zirupa, sichtlich erschüttert. »Sprich nicht weiter … Das hat man dir angetan? Hat man dich verletzt? Sicher war's ein Idiot.«
    »Nichts hat man getan!« Die Beljakowa stand noch ganz unter dem Eindruck ihres Schocks.
    »Nichts? Aber du hast doch gesagt, man hat dir den Rock …«
    »Er hat mich trotzdem entehrt. Sieh dir das an, Semjon Bogdanowitsch.« Sie sprang auf, hob ihren Rock und entblößte sich. Zirupa mußte mehrmals schlucken. Der Anblick übertraf jede Phantasievorstellung. »Sieh es dir genau an!«
    Die Beljakowa streckte ihm ihr dickes nacktes Hinterteil hin. Auf dem fetten Fleischgebirge prangten jetzt, auf beiden Seiten, je zwei Stempel, zwei runde Stempel, wie sie nach einer Fleischbeschau im Schlachthaus verwendet werden:
    Trichinenfrei. Fleisch Güteklasse 1.
    Zirupa hielt den Atem an. Er glaubte zu ersticken. Hellrot wurde sein Gesicht. Und dann platzte er, brüllte vor Lachen auf, krümmte sich und fiel neben der Beljakowa auf das Bett.
    Er lachte noch immer haltlos, als Katja längst das Zimmer verlassen hatte und unsagbare Flüche ausstieß.
    Ein Geheimnis blieb allerdings, wie es möglich war, einen solchen Stempel aus dem Schlachthof zu klauen. Aber danach fragte keiner mehr, als die ›Vergewaltigung‹ der Beljakowa bekannt wurde. Der ganze Bezirk geriet in fröhliche Stimmung.
    Und – es gab auch keine Flugblätter mehr.
    Der erste Brief nach neun Jahren Schweigen war für Erna Weberowsky wie ein Schock. Sie drehte ihn immer wieder zwischen den Fingern und konnte es nicht begreifen. Er lebt, dachte sie, er ist nicht verschollen, nach neun Jahren denkt er wieder an seine Schwester. Sie scheute sich, den Brief aufzuschlitzen und wartete, bis Wolfgang Antonowitsch vom Feld nach Hause kam.
    »Wolferl, wir haben Post bekommen«, sagte sie mit gedämpfter Stimme, als säßen sie nebeneinander in der Kirche.
    »Wieder so ein Wisch aus Karaganda oder Semipalatinsk? Was wollen sie denn jetzt von uns?«
    »Mein … mein Bruder hat geschrieben.«
    »Andreas?« Weberowsky sah ungläubig auf den Brief in Ernas Hand. »Wenn das auch wieder so ein gemeiner Scherz ist …« Er nahm ihr das Kuvert aus der Hand und betrachtete es von allen Seiten. »Es ist ja noch zu.«
    »Ich wollte warten, bis du da bist. Ich habe Angst, ich weiß noch nicht, was er schreibt.«
    »Wo kommt er her? Aus Ust-Kamenogorsk? Ich

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