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When the Music's Over

When the Music's Over

Titel: When the Music's Over Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Çakan
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ihm der Gedanke, dass es seine eigene Regierung gewesen war, die intellektuelle Abweichler auf diese Art hatte loswerden wollen.
    Anna hatte auf Haight-Ashbury in einem Tattoo-Shop gejobt und er hatte sich aus lauter Verliebtheit eine Spiralgalaxis auf den Bizeps tätowieren lassen. Drei Wochen später waren sie zusammengezogen. Hätte sie ihn zappeln lassen, würde er jetzt vermutlich wie ein Yakusa aus einem Science Fiction-Universum aussehen. Sie lebten vier Jahre in einem kleinen Gartenhaus, das auf dem Grundstück einer Sekte in Twin Peaks stand. Dann verkaufte er den ersten Roman seiner Wasser-Welt -Serie. Und als Hollywood die Filmrechte erwarb, zahlten sie damit ihr Haus in den Bergen an. Das war drei Jahre bevor die Aliens kamen – drei Jahre vor Annas Tod. Sie sollte nicht mal mehr den fertigen Film sehen. Vielleicht hätte sie sogar über diesen üblen Action-Schinken gelacht. Die Ethik-Kommission hatte einen Monat vor Drehbeginn noch darauf bestanden, dass das Drehbuch total umgeschrieben wurde. Schließlich wollte man die außerplanetarischen Besucher nicht verärgern. Doch Institutionen wie die Ethik-Kommission waren nur der Anfang gewesen – und vermutlich genauso unvermeidlich wie die Erlösungskirche auf dem Ufo-Landeplatz in Roswell. War es wirklich das gewesen, worüber sie all die Jahre spekuliert hatten?
    »Glaubst du, dass es sie da draußen irgendwo gibt?«, lautete ihr immer gleiches Spiel, bei dem es den jeweiligen Standpunkt zu vertreten galt. Er war für gewöhnlich recht hitzig im Verteidigen seines Science Fiction-Traums. »Wieso hat man dann SETI eingestellt?«, hielt Anna kühl dagegen. Verschwörung lautete seine unlogische Erwiderung – damals war sie jedenfalls unlogisch gewesen. Mit Annas Tod und dem Eintreffen der Besucher wurde selbst das Unwahrscheinlichste plötzlich denkbar. Noch nie hatte er so schmerzlich Recht behalten.
    Und jetzt waren sie hier, schmierige, vierfingrige Drogendealer, die den Amerikanischen Traum mit Füßen traten, als er schon längst tot am Boden lag. Es war zu lächerlich, lächerlich und pathetisch. Und irgendeine Regierungstelle war auf die verrückte Idee verfallen, alle SciFi-Schreiber zusammenzukarren und – zwecks Brainstorming – in ein Camp zu sperren. Passenderweise wählten sie dafür die alten Unterkünfte von Area 51 aus. »Dreamland«, wie Area 51 früher genannt wurde, war einst ein streng gesichertes Versuchsgelände des Militärs gewesen. Unter Ufo-Gläubigen hielt sich hartnäckig die Ansicht, dass hier Alien-Technologien erforscht wurden. Wer weiß, nach dem Auftauchen der Vierfinger war es kein Quantensprung, die Existenz kleiner grauer Männchen für wahrscheinlich zu halten. Jetzt war Area 51 nur noch eine Ansammlung vor sich hin rottender, leerer Hangars und einiger Militärbaracken.
    Es war fast wie auf einer SF-Convention gewesen, nur die Fans fehlten. Ihren Platz nahmen diese schwarz gekleideten Typen von dieser namenlosen Regierungsstelle ein. Und wenn es darum ging, dumme Fragen zu stellen, schlugen die Regierungstypen einen Hardcore-Fan noch um Längen. Sogar völlig zerlesene Taschenbücher ließen sie sich signieren. Zusammen mit den anderen SciFi-Schreibern entwickelte Doc Close-Encounter-Szenarien, die sich wie Story-Outlines für eine koreanische Space-Soap lasen. Es war alles so surreal.
    Dylan Jackson brachte den Zirkus auf den Punkt – eines Abends, während sie einen Joint kreisen ließen. »Es gibt schlimmere Orte, um die Welt vor die Hunde gehen zu sehen. Und, he, Außerirdische, wenn man drüber nachdenkt, ist es doch schon irgendwie cool.« Jackson sprach genauso unzusammenhängend wie er schrieb. Er nannte es Neo-Cyberpunk, und wie alles mit dem Label »Neo« verkaufte es sich wie blöd. Doc tat nicht viel in jenen Wochen und Monaten im E.T.-Camp – diesen Spitznamen hatten sich ihre milchbärtigen Aufpasser ausgedacht –, er beobachtete nur und wartete. Worauf, wusste er nicht. Seit Annas Tod hatte er sich ziemlich treiben lassen, war ausgebrannt, hatte den berüchtigten writer’s block . Doch es kümmerte ihn nicht sonderlich. Er glaubte nicht, je wieder etwas Vernüftiges schreiben zu können, wollte es auch gar nicht. Worüber sollte ein verdammter SF-Schreiber, der in einer verdammten SF-Welt lebte, auch schreiben? Also hockte er mit den anderen wie ein Stamm vertriebener Hippies vor dem nächtlichen Lagerfeuer und zog Joints durch.
    Eigentlich war Doc schon immer ein Besucher gewesen, ein Surfer

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