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When the Music's Over

When the Music's Over

Titel: When the Music's Over Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Çakan
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auf den unzähligen Strömungen des Zeitgeistes. Er roch und schmeckte die Straße, aber er lebte nicht mehr dort. Er sog ihre Vibrationen auf und formte sie zu eloquenten Geistesblitzen, die ihm von den Redakteuren der Feuilletons aus den Händen gerissen wurden. Später kamen die ganz Großen zu ihm – Hollywood. Erhofften sich hippe Kicks – oder wie sie sich ausdrückten – von ihm, dem Zeitgeist-Guru. Sie zahlten gut. Ihm war zu diesem Zeitpunkt schon längst gleich, welche Label sie ihm aufpappten, Hauptsache die Kohle stimmte. Ja, Hollywood hatte ihn schnell zum Zyniker gemacht, besser gesagt: zu einem verdammt reichen, zynischen Arschloch.

    Plötzlich hatte man sich mit den Besuchern arrangiert. Das war, nachdem die neuen Drogen, Sklak, Greff und wie sie alle hießen, die Mega-Citys der Ostküste überschwemmt hatten, und es war nach den Präsidentschaftswahlen. Ein Protegé Rush Limbaughs schaffte es ins Weiße Haus und mit ihm Bigotterie und Engstirnigkeit. Das SF-Team, wie sie sich immer spöttisch genannt hatten, wurde nicht mehr gebraucht.
    Area 51 wurde geräumt, und die Mitglieder des SF-Teams sollten am nächsten Morgen in ein Internierungslager gebracht werden. Die neue Regierung hatte erkannt, welche zersetzenden Tendenzen gerade von den SF-Autoren ausgingen. Freigeister waren in der Neuen Weltordnung unerwünscht. Doc beschloss, dass ein Europa mit Vierfingern auch nicht schlimmer sein konnte als eine Rechts-Diktatur. Er verschwand noch in der gleichen Nacht. Doch nicht ohne zuvor in die schlampig gesicherte Verwaltungsbaracke eingestiegen zu sein. Erst hatte er sich betrunken und dann war er leichtsinnig geworden. Ein Rückfall in die Vergangenheit, sozusagen.
    Sie hatten den Abend mit einem klassischen Besäufnis beschlossen. Das E.T.-Camp war zur SciFi-Convention erklärt worden. Und am letzten Tag, auf der Dead-Dog-Party, wurde traditionsgemäß ordentlich die Sau rausgelassen.
    Zuerst war er unsicher gewesen, wie er die Alarmanlage kurzschließen sollte. Doch dann übernahmen seine Finger die Führung, und die Erinnerungen an jene dunklen Tage, wie Doc sie nannte, kamen zurück und mit ihnen die Erfahrung. Kein besonders ausgeklügeltes System, fand Doc. Trotz aller Militär-Paranoia hielten die Männer mit den albernen Ray-Bans eine Bande von SciFi-Schreibern für harmlos. Offensichtlich hatten sie Docs Autobiographie Straßenschlau, verliebt und völlig durchgeknallt nicht gelesen. Damals gehörten Junkies, Nutten und Daten-Diebe zu seinen besten Freunden. Wieder ganz in der Vergangenheit, hatte es nur unwesentlich länger gedauert, das Netz zu hacken und die Codes der »Men in Black« zu knacken, als das Türschloss mit einem gebogenen Draht zu öffnen.
    Was genau er auf die altmodischen Disketten kopierte, wusste Doc nicht. Er wollte sich nicht unnötig mit dem Auswerten der Daten aufhalten. Der Verweis »Top Secret« genügte ihm als Anreiz. Doch dann wurde ihm auf einmal klar, mit was er es zu tun hatte. Anna hatte mit ähnlichen Zahlensystemen gearbeitet. Es waren Raum-Koordinaten. Irgendetwas war da oben – befand sich im Orbit der Erde. Etwas unglaublich Großes. So gut es ging, verwischte er seine Spuren im System und verschwand in der Nacht.

    Die ersten Tage schaute er ständig über die Schulter, er wusste, sie würden nicht zulassen, dass er so einfach verschwand. Er kannte ihr Geheimnis, und das machte ihn gefährlich. Er war über eine ungeheuer wertvolle Information gestolpert, aber sie hatte nur einen Wert, wenn man das Wissen nutzen konnte. Doch wem konnte er sich anvertrauen?
    Freunde, Fans, halfen ihm über die Grenze nach Mexiko. Von dort aus schlug er sich weiter nach Guatemala durch. In Porto Valdez ergriff er die erste sich bietende Gelegenheit, den Kontinent in Richtung Europa zu verlassen: Er heuerte als Hilfskoch auf einem verrotteten Kreuzfahrtschiff an. Gerade noch rechtzeitig erfuhr er, dass die »Coral Princess« von ihren Eignern, einem Konsortium aus Peru, auf hoher See versenkt werden sollte, damit sie die Versicherung kassieren konnten. Doc wollte die Mannschaft warnen, doch die hatte das Schiff schon längst verlassen. Als Abschiedsgeschenk für ihren Hilfskoch hatten sie die verbliebenen Rettungsboote leckgeschlagen. Stunden später ruderte Doc in einem notdürftig reparierten Dinghi in Richtung Osten. Er hatte für einige Tage Proviant und mehrere Wasserflaschen an Bord. Abschließend warf er noch eine Seekiste mit allerlei Krempel ins Boot – zur

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