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When the Music's Over

When the Music's Over

Titel: When the Music's Over Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Çakan
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machte keinen Sinn, die Dinge unnötig aufzuschieben.
    »Da bist du ja endlich.«
    Tonia lag auf einem wild gemusterten Diwan, gestützt von einem Berg seidener Kissen mit albernen Troddeln an den Ecken, neben sich einen runden Messingtisch mit einem ansehnlichen Häufchen Koks. Blue wurde schwindelig, als er den Straßenwert überschlug. Sie machte eine einladende Geste.
    »Frühstück?«
    Blue schüttelte den Kopf.
    »Wo ist deine Gitarre?« Auffordernd winkte sie einem gut gebauten Typen im Muskel-Shirt, der sich gelangweilt in einem Rattansessel fläzte. Blue erkannte in ihm einen von Tonias Bodyguards. »Nun geh schon und hol sie, Flyp.«
    »Wo sind die anderen?«
    »Im Studio, was dachtest du denn?«
    »Im Studio«, echote er dümmlich.
    »Blue, Blue«, tadelte sie milde. »Hast du etwa unseren kleinen Vertrag vergessen?«
    Blue stockte der Atem. Wovon redete diese Frau? Erinnerungsfetzen stürzten auf ihn ein: Tonia, wie sie mit ihrem Anwalt vor ihm stand, und er, Blue, schickte die beiden zum Teufel. Er hatte keinen Vertrag unterschrieben. Nie im Leben!
    Dramatisch zog sie einen Umschlag zischen den Kissen hervor und warf ihn Blue vor die Füße.
    »Deine Kopie, mein Schatz.«
    Blue griff nach dem Umschlag, er spürte ihre lauernden Blicke und versuchte, das Zittern seiner Finger zu unterdrücken. Er zweifelte jetzt nicht mehr im Geringsten, dass seine Unterschrift unter diesem Vertrag stand. Und im gleichen Augenblick wurde ihm klar, sie hatte dieses Szenarium schon viele Male für sich durchgespielt, doch er würde ihr nicht die Genugtuung geben, ihren Triumph voll auszukosten.
    »Das sehe ich mir später an«, sagte er beiläufig und registrierte stolz den kühlen Ton in seiner Stimme. Achtlos warf er den Brief auf das Messingtischchen, der Koks stäubte auf. In Tonias Augen glomm kalte Wut. Fast war er gespannt, was sie als Nächstes tun würde. Da kam der Muskel-Typ mit seiner Gibson.
    »Los, spiel was für mich.« Ihr Tonfall machte klar, dass sie keine Ausflüchte dulden würde.
    Er schlug ein paar zusammenhanglose Akkorde an. Als sie das Scheppern der Saiten hörte, verzog sie unwillig das Gesicht.
    »Wenn du nicht richtig spielen kannst, dann sing. Sing ›Cryin’ Alone‹ für mich, Blue.«
    »Ohne Verstärker klingt sie nicht, tu nicht so, als ob du das nicht wüsstest«, sagte er unwirsch.
    Plötzlich hatte Blue eine unerfreuliche Vision seiner Zukunft – so würde es jetzt immer sein, sie würde befehlen und er würde springen. Und alles auf die vage Hoffnung hin, dass sie den Runners die versprochene Studiozeit geben würde.
    »Dein Amp ist hin. Was dachtest du denn?« Sie schnippte mit den Fingern, und der Bodyguard stand auf. »Bring ihm die Gitarre, Flyp, du weißt schon, die, die hier noch vom letzten Mal rumliegt.«
    Blue überhörte die Andeutung. Flyp kam mit einer Lego-Doppel X zurück und warf sie Blue vor die Füße.
    »Ich spiele nicht auf Plastik.«
    »Du spielst auf Plastik oder du spielst überhaupt nicht.«
    Blue warf einen kurzen Blick auf Flyp, dessen Ausdruck an gebrochene Finger denken ließ, und nahm die Gitarre.
    »Spiel ›Cryin’ Alone‹ für mich«, wiederholte Tonia. Und jetzt hatte er keine Ausrede mehr.
    Blue hatte den Song vor langer Zeit für ein Mädchen geschrieben – sie hatte ihn verlassen, und als der Song ein Hit wurde, stand sie eines Tages vor seiner Tür. Er schlief mit ihr, doch danach verstand er überhaupt nicht mehr, warum er jemals diesen Song für sie geschrieben hatte. Vielleicht war es sein Lebensstil, der jede normale Beziehung für ihn unmöglich machte.
    Pierce hatte solche Probleme nie gehabt. Er nahm sich, was ihm gefiel – Menschen, Dinge –, und wenn sein Interesse nachließ, drehte er sich einfach um. Blue hatte nie verstanden, warum er die Runners verließ. Sicher, sie hatten sich immer öfter gestritten, um Arrangements, Auftrittsorte und Verträge. Pierce hätte ihn vermutlich vor Tonia Sakamoto gewarnt und dann hätte er sie mit auf sein Hotelzimmer genommen und durchgevögelt, und am nächsten Morgen wäre er, ohne sich umzusehen, in die Limousine zum Flugplatz gestiegen.

    »She left me, my baby left me the other night.
    I wonder why it still hurts in the daylight.
    My baby left me, now I’m cryin’ alone«, sang Blue.

    Seine Stimme war vor Erschöpfung belegt und flach. Und die Lego XX klang genauso furchtbar, wie er erwartet hatte. Sehnsüchtig dachte er an seine alte Martin D35, aber die hatte er vor einem Jahr zuletzt in

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