Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
When the Music's Over

When the Music's Over

Titel: When the Music's Over Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Çakan
Vom Netzwerk:
Anwesen – irgendwo. Blue hatte damals nicht zugehört, es interessierte ihn auch jetzt nicht. Auf einmal hatte er eine Ahnung, wie es mit seinem Leben weitergehen würde: Irgendwann würde er die angebotenen Drogen nicht mehr ablehnen, ganz einfach weil ihm nichts mehr wichtig wäre. Was er jedoch nicht wusste – hatte er noch die Wahl oder hatte er sie bereits gehabt und falsch gewählt?

Freezone

    Es kam genau so, wie Pierce befürchtet hatte: Er war voll auf Turkey, als sich das SunCo-Boot dem Atoll näherte. Das Sonnenlicht ätzte seine Augäpfel weg, er konnte keine Konturen mehr erkennen, ahnte die Hafeneinfahrt mehr, als dass er sie sah. Seine Hände zitterten und er schaffte es gerade noch, den Autopiloten auszuschalten. »Gas wegnehmen und einparken.« Mit diesen Worten drückte er Doc das Ruder in die Hand und ließ sich zu Boden gleiten. Sollte das Ende der Welt doch kommen, ihn kümmerte es nicht.
    Der Betrieb vor der Mole war unbeschreiblich. Nachlässig zusammengezimmerte Flöße mit dampfenden Garküchen, grellbunte Drachenboote, von denen laute Musik schallte, schnittige Jachten mit gelangweilt blickender Besatzung und dazwischen, wie hungrige Barrakudas, kompakte, wendige Jet-Boote. Doc kniff die Augen zusammen und manövrierte das Boot durch das Gewimmel. So hatte er sich Freezone immer vorgestellt. Bunt, aufregend und einfach überwältigend. Er atmete die Mischung aus exotischen Gewürzen, altem Fett, Dope und salziger Meeresluft ein. Er wusste nicht, wie sein Leben in den nächsten Tagen oder Stunden aussehen würde, und er fühlte sich einfach großartig. Endlich gerieten die Dinge in Bewegung. Was mit seiner planlosen Flucht aus dem E.T.-Camp begonnen hatte, zeichnete sich immer mehr als ein vorbestimmter Weg ab. Doc wusste sehr wohl, wie man Zeichen deutete, er war ein Kind des New-Age-Zeitalters. Außerdem war er viel zu sehr in einem SciFi-Universum verhaftet, um ein pralles Abenteuer nicht zu schätzen zu wissen. Und Freezone verhieß Abenteuer pur.

    Freezone war eine künstliche Insel vor der afrikanischen Küste. Schlampig zusammengeschweißte Bohrplattformen hockten über dem Krater, den Big Boy 1 hinterlassen hatte. Big Boy 1 war eine Art Entwicklungshilfe an Somalia gewesen, ein Geschenk der UN-Friedenstruppen mit einer Sprengkraft von dreihundert Hiroshima-Bomben. Durch einen Stromausfall, eigentlich nichts Ungewöhnliches in Somalia, hatte der Computer sein Ground-Zero-Programm gestartet. Weil kein Ziel eingegeben war, landete Big Boy 1 dreihundert Meilen vor der Westküste im Meer, kontaminierte alle noch lebenden Fischbestände und verseuchte die Kapverdischen Inseln. Aber wozu brauchte man die Inseln, wenn man Freezone hatte?
    Zuerst war Freezone eine ausgeflippte Künstlerkolonie gewesen – unterhalten von gelangweilten Mäzenen. Einige Künstler lebten immer noch in der Enklave, doch sie legten keinen Wert auf Publicity. Den Künstlern folgte eine bunte Mischung aus Dealern, Neo-Hippies, reichen Müßiggängern und typischen Dropouts. Sie alle waren Puzzleteile des Gesamtbildes, welches Freezone ausmachte. Nur die Vierfinger fehlten, und das war gut so.
    Über die Jahre hatte sich der Ort über den Kern der Ölplattformen hinaus ausgedehnt: in die porösen Kraterwände gesprengte Kavernen, zahllose Hausboote und Hans Gottschalks schwimmende Wohnblasen – je beengter der Lebensraum umso größer schien der Wunsch nach Expansion.
    Rashalas berühmte Klangskulpturen standen seit Jahren unbeachtet in der Hafeneinfahrt. Bei Ostwind erzeugte das durch die Seeluft erodierte Metall schrille Disharmonien. Den Gesang der Furien, so hatte es einmal ein VID-Journalist beschrieben, der sich nach Freezone verirrt hatte, um eine ambitionierte Reportage über die exzentrische Bildhauerin zu machen. Doch Rashala gab schon längst keine Interviews mehr, niemand wusste, ob sie überhaupt noch auf Freezone lebte – diese Auskunft erhielt zumindest der frustrierte Journalist. Nach zwei Wochen reiste er ab. Länger als zwei Wochen hielten es die wenigsten auf der Insel aus. Wer länger blieb, blieb gewöhnlich für immer – so wie Pierce.
    Die Insel war seit Jahren der Heimathafen des SunCo-Bootes. Nachdem Venedig endgültig im radioaktiven Morast versunken war, fand Pierce, dass es keinen passenderen Ort gab als diesen, um seine letzten Jahre zu verbringen. Auf Freezone konnte man alles kaufen, Drogen, Sex und jede andere nur denkbare Art von Unterhaltung. Es war ein großartiger Ort zum

Weitere Kostenlose Bücher