When the Music's Over
Takaheshi ausweichend. War er schon so tief verwickelt, dass es kein Zurück mehr gab – und wenn ja, wollte er überhaupt zurück? Dies war der Scheideweg, das war im bewusst, jetzt ging es darum, Stellung zu beziehen. »Sie« hatten ihn im Visier. Den Transfer zur Station abzulehnen war ein Fehler gewesen, er hatte nicht dem Muster entsprochen. Der Überfall auf seine Jacht war eine ernst zu nehmende Warnung gewesen. Bald würden seine Privilegien beschnitten werden, es war nur eine Frage der Zeit. Aber noch konnte er umkehren … Er musste unbedingt in Ruhe darüber meditieren. Takaheshi stand auf und sagte: »Wir reden morgen weiter.«
Sunshine machte den Mund zu einem Protestruf auf, doch Doc signalisierte ihr ein »jetzt nicht« und sie blieb stumm.
Nachdem Skadi von Bord gegangen war und während seine Leute versuchten, das Chaos, das die Aliens hinterlassen hatten, aufzuräumen, war er zu einem ausgiebigen Spaziergang aufgebrochen. Zum ersten Mal seit langer Zeit ging er offenen Auges durch die Welt, und was er sah, erschreckte ihn und brachte ihn zum Nachdenken. Es machte keinen Sinn, die Dinge zu beschönigen. Der Planet war zu einem Ramschladen geworden und wer am besten feilschte, erhielt den Zuschlag.
Er hatte immer schöne Dinge geliebt, allem voran die Kunst. Und nun, nachdem das Festival so einen tragischen Auftakt gehabt hatte, war ihm nicht einmal sein Schwanengesang als großer Mäzen vergönnt. Warum also sollte er den Tunnel-Soldaten und Pierce nicht helfen? Er hatte die Kontakte, den Einfluss und das Geld.
»Sakamoto – sind Sie Takaheshi Sakamoto?« Wie aus dem Boden gewachsen stand plötzlich ein VID-Team von WNN vor ihm. »Was sagen Sie zu dem gestrigen Abend und dem tragischen Tod von Sandrine MacMillan?«
So hatte sie also geheißen: Sandrine. Jetzt hatte das Gesicht einen Namen. Takaheshi beschleunigte seine Schritte. Ein nutzloser Versuch, das Team folgte ihm mühelos.
»Stimmt es, dass ursprünglich die Bladerunner den Opening-Act machen sollten und nicht die Masters of Pain?«
Takaheshi blieb stehen. Er sah direkt in die DigiCam und fragte: »Was wollen Sie von mir? Soll ich Ihnen sagen, dass ich das Gefahrenpotential, das in solchen Massenveranstaltungen steckt, unterschätzt habe, dass die Sicherheitskräfte versagt haben oder dass Bands wie die Masters nicht nach Freezone gehören?«
Der Reporter wollte etwas sagen, doch Takaheshi fiel ihm ins Wort. »Sehen Sie sich doch an. Sie laufen mir nach, weil Sie glauben, dass ich eine Story bin. Ich bin nur ein alter Mann. Die Art Storys, die Sie suchen, die haben sich gestern Abend auf der Hauptbühne abgespielt. Und wissen Sie warum? Damit Leute wie Sie darüber berichten können! Wer war denn da bis zuletzt auf der Bühne? Einer von Ihnen, einer mit einer DigiCam, der den Tod einer jungen Frau ungeschnitten und in Farbe über Com-Link gebeamt hat.« Er wandte den Blick von dem Kameraauge ab und sah den Reporter direkt an. »Und jetzt lassen Sie mich in Ruhe!« Und ganz leise, für alle anderen unhörbar: »Verpiss dich, Arschloch!«
Takaheshi setzte seinen Spaziergang fort, ein breites Grinsen auf dem Gesicht, obwohl ihm überhaupt nicht zum Lachen war. Aber der fassungslose Ausdruck auf dem Gesicht des VID-Typen war köstlich gewesen.
Am späten Nachmittag des vergangenen Tages: Takaheshi hielt sich immer noch auf seiner Jacht auf. Auf der Hazienda hätte er sicher mehr Komfort gehabt, doch ihm stand nicht der Sinn danach, seine Nichte zu sehen. Vor einer Stunde war einer der Sub-Organisatoren des Festivals an Bord gekommen. Er brachte schlechte Nachrichten: Zwei Mitglieder der Runners waren am Mittag im Hauptquartier aufgekreuzt und hatten erklärt, dass ihr Bandleader nicht in der Lage sei, am Abend auf einer Bühne zu stehen.
»Ich konnte die Geschichte nicht einmal nachprüfen, weil mir niemand sagen konnte, wo dieser Blue steckt.«
Takaheshi hätte es ihm sagen können, doch er meinte stattdessen: »Haben wir Alternativen?«
»Die Masters of Pain sind seit einigen Tagen auf der Insel. Ein seltsamer Mensch – war mir richtig unheimlich, der Typ, ich glaube, er ist der Roadmanager der Gruppe – sagte, dass sie auftreten würden, wenn die Rahmenbedingungen stimmten.«
»Und – was wollen sie?«
»Alle Rechte an ihrem Auftritt.«
»Scheint so, als hätten sie uns an den Eiern«, sagte Takaheshi trocken. Wie überaus ärgerlich, schließlich war WNN, die die Vermarktungsrechte an dem Festival hatten, eine der
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