Whiskey für alle
Tür zu, um ungestört mit dem Strafgericht im Flause beginnen zu können. Draußen rappelte sich Dinny auf, und lauschend wurden wir Zeuge dessen, was sich da drinnen begab. Der erste Schuss fiel in diesem Falle, als das Tintenfläschchen durchs Fenster geflogen kam. Dann hörten wir Stimmen, die durcheinanderschrien und sich in der Lautstärke hochschaukelten, bis es nicht mehr menschlich, sondern geradezu tierisch klang. Man hatte sich hemmungslos, jähzornig und ohne Rücksicht auf Verluste ineinander verbissen. Offenbar splitterte Holz, auch Töpferwaren wurden zerschmettert. Stellt man sich dazu noch das Gerassel von Kanistern, Pfannen, Eimern und anderen Zinkgeschossen vor, bekommt man eine Vorstellung von dem chaotischen Durcheinander.
Der Höhepunkt kam, als es gewaltig krachte und verängstigte Hühner wild gackerten. Der Hühnerverschlag war abgestürzt, ob durch Zufall oder Mutwillen, konnten wir nicht feststellen. Dann trat plötzlich Stille ein. Die Schlacht war vorüber. Die Tür ging auf, und eine Schar geschundener Rhode Isländers wankte und hinkte vom Schlachtfeld. Neddy Leary saß am Tisch und vergrub den Kopf in den Händen. Seine Frau und seine Schwester waren auf ihren Plätzen neben dem Kamin und schütteten sich aus vor Lachen. Eine leblose Henne lag ausgestreckt auf dem Fußboden, der mit Trümmern übersät war.
»Los, kommt«, sagte meine Mutter, »die sind jetzt besser allein.«
»Die Teekannen dürften nun endgültig hin sein«, prophezeite Dinny Colman. Er war sauer, dass Neddy Leary ihm so übel mitgespielt hatte. Nur zögernd folgte er uns zum Pony und dem Zweispänner. Als wir schon den zweiten Hügel hochfuhren, grummelte Dinny immer noch über die Schmach, die man ihm angetan hatte.
»Erzähl doch mal, wie das damals war, als der erste Schuss losging«, bat ich ihn. Er überlegte eine Weile und fing dann an.
»Ich habe damals dort gearbeitet. Der Hof war tipptopp, wir hatten zwanzig Milchkühe und bestimmt drei Dutzend Federvieh. Damals waren nur die beiden da, Neddy und seine Schwester. Tom war schon in den Staaten, um dort sein Glück zu versuchen. Eines Nachts fiel Neddy nichts Besseres ein, als Dolly Mack vom Tanzabend im Dorf mit heimzubringen. Das machte er dann ständig, und es dauerte gar nicht lange, da beschloss das Paar zu heiraten. Schon am zweiten Tag nach der Hochzeit ging es mit dem Gezänk los. Wir waren gerade vom Wiesemähen hereingekommen. Die neue Hausfrau deckte den Tisch und wollte Eier kochen. Bridgeen saß an der Herdstelle und stopfte Socken. Alles war völlig ruhig und friedlich.
>Willst du ein Ei oder zwei?<, fragte Dolly Neddy.
>Zwei, bitteschön<, sagte er.
>Willst du ein Ei oder zwei?<, fragte sie mich.
>Zwei, bitteschön<, antwortete ich.
>Willst du ein Ei oder zwei?<, fragte sie Bridgeen Leary, ihre Schwägerin.
>Von meinen Eiern kann ich doch wohl so viele nehmen, wie ich will<, warf sie Dolly an den Kopf. Das war der erste Schuss, der zwischen den beiden losging, und natürlich wurde Neddy gleich mit hineingezogen. Bald danach flogen Teekannen, und nach dem, was wir heut erlebt haben, sind die nun endgültig hin.«
Übertriebene Sparsamkeit
Schuld am Tod von John Cutler war der Geiz seines Vaters. So hieß es später unter den Nachbarn. Und so sagte es auch Micky Kelly, der Postbote, und der kannte die Cutlers besser als alle anderen. Seine Hütte stand am Eingang zu deren Farm. John Cutler war fünfunddreißig, als er seinen Vater mit der Tatsache konfrontierte, dass er die Hälfte seiner Lebensspanne erreicht hätte und immer noch nichts vorzuweisen hatte.
»Ein paar Jahre noch«, klagte er, »und ich bin ein alter Mann.«
Sein Vater nickte, äußerte sich aber nicht weiter.
»Ich spiele mit dem Gedanken zu heiraten.« Erwartungsvoll warf er den Köder aus, aber der Vater biss nicht an.
John stand da und hoffte auf ein Zeichen des Mitgefühls oder Einverständnisses, als seine Mutter in die Küche kam. Sie spürte sofort, dass zwischen den beiden eine Kraftprobe im Gange war. Emsig machte sie sich an der Feuerstelle zu schaffen und betete im Stillen, dass ihr Herumkratzen in der Glut sie davor bewahrte, Partei ergreifen zu müssen.
»Was erwartest du von mir?« Tom Cutler erhob sich von seinem Stuhl und ging zur offen stehenden Tür, von der er wie geistesabwesend auf die Hügel in der Ferne schaute.
»Du könntest mir den Hof überschreiben«, legte ihm John nahe.
»Kommt nicht in Frage. Du weißt verdammt gut, dass ich das
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