Whiskey für alle
kontrollierte, ob eins der Tiere Einzäunungen eingerissen und auf fremdes Gelände vorgedrungen war. Sie scheute dabei weder Wind noch Regen, und da die Koppeln mindestens eine Meile vom Dorf entfernt waren, kam sie oft genug völlig durchnässt nach Hause, zudem empfand sie die Fußwanderungen als Zeitvergeudung. Gründe genug also, um auf einem Auto zu bestehen. Sie hatten zwei Kinder, beides Mädchen, aber die waren auf einer Internatsschule und nur selten daheim.
Das Auto war ein altes Modell, und obwohl es mehr Benzin schluckte, als in den Papieren stand, genügte es Imogens Ansprüchen. Als es eines Abends auf ihrem Rückweg vom Viehzählen streikte, benachrichtigte sie Denny Bruder, der es abschleppte und in seinen Schuppen schaffte. Wie sich herausstellte, war es der Keilriemen, nichts Ernsthaftes. Während Denny den Schaden behob, kam Imogen auf die Idee, er könne den Wagen gleich gänzlich überholen. Er tat es und brachte ihr das Gefährt schon am Spätnachmittag des nächsten Tages zurück. Sie war erstaunt, wie wenig er für seine Arbeit verlangte.
Es entwickelte sich eine Freundschaft, und Denny sorgte fortan für die Fahrtüchtigkeit ihres Autos.
Im Verlaufe des zweiten Jahres investierte Denny Bruder in die Modernisierung seiner Werkstatt. Das kam seinem Geschäft merklich zugute, und schon im dritten Jahr verfügte er über mehr Geld, als er brauchte, und überlegte ernsthaft, wie er es sicher anlegen könnte.
Imogen Furey half ihm bei der Lösung seines Problems. Neidische Nachbarn verbreiteten die Mär, sie wäre eine, die über jeden aber auch alles wüsste. Damit unterstellten sie ihr, dass sie mehr wusste, als ihr guttat. Hinter vorgehaltener Hand hieß es sogar, wenn sie sich mehr um ihre eigenen Angelegenheiten als um die anderer kümmern würde, wäre sie besser dran. Dabei konnte davon gar nicht die Rede sein. Imogen Furey war in jeder Hinsicht eine durchaus erfolgreiche Frau. Ihr Mann galt als der Begütertste im Dorf. Das Haus verfügte über alle erdenklichen Annehmlichkeiten. Sie ging stets gut gekleidet und gehörte in allen örtlichen Vereinigungen zu den führenden Persönlichkeiten. Die Kinder besuchten eine der besten Internatsschulen des Landes. Aus der Sicht eines Außenstehenden führte sie ein sorgloses Leben, und das brachte natürlich auch Neid und Arger mit sich.
Als Denny Bruder ihr anvertraute, er wüsste nicht, wohin mit seinem Geld, war sie bereit, sich seines Problems anzunehmen. Aus Erfahrung wusste sie, dass Haus- oder Landbesitz die sicherste Geldanlage waren und dass ein Investieren Profit versprach. Am äußersten Rand des Dorfes gab es ein zweistöckiges Haus in relativ gutem Zustand, das schon seit mehreren Jahren zum Verkauf stand. Bislang hatte sich kein Käufer gefunden, weil der Besitzer einen übermäßig hohen Preis verlangte. Imogen erklärte Denny, sie wäre davon überzeugt, dass es sich lohne, das Haus für die geforderte Summe zu erwerben, und dass angesichts des steigenden Wertes von Grund und Boden der Preis keineswegs zu hoch sei.
Denny kaufte das Haus, kündigte bei seiner Wirtin und zog ein. Monatelang sah man ihn nicht mehr im Dorf. Nach der Arbeit verbrachte er die meiste Zeit im Haus, renovierte die Zimmer, frischte die Paneele auf, restaurierte die Decken und nahm nötige Ausbesserungen vor. Als er innen fertig war, machte er sich über den verwahrlosten Garten her, der an die Straße grenzte. Es war Frühjahr, er pflanzte Bäume und Sträucher und bewies nicht nur dabei außerordentlichen Geschmack. Auch für den Anstrich der Vorderfront des Hauses und der Fensterrahmen wählte er ansprechende und gut aufeinander abgestimmte Farben.
Im späten Frühjahr war er mit allem fertig. Er war mit dem, was er bewerkstelligt hatte, äußerst zufrieden. Jetzt wollte er sich erst mal zurücklehnen und der Dinge harren, die da kommen würden. Den ganzen Sommer über wartete er voller Zuversicht darauf, dass über irgendwelche Kanäle jemand sein Interesse bekunden oder er einen Heiratsantrag bekommen würde. Schließlich war das Haus ein großartiger Köder. Jeder im Dorf bewunderte es, und den Garten nicht minder. Er galt als ein tüchtiger Arbeiter, und was noch mehr zählte, man sah ihn auch arbeiten. Er kleidete sich neu ein und erwarb ein kleines, aber sehr komfortables Auto. Die Sommermonate gingen dahin, und als das erste fallende Laub den Herbst ankündigte, saß er immer noch allein in seinem Haus. Das wunderte ihn. Dass er kein
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