Whiskey für alle
Herzensbrecher war, wusste er, aber schließlich gab es im Dorf auch viele glücklich verheiratete Männer, die weit hässlicher aussahen als er und weniger wohlhabend waren.
Er fing an, sich in den Gastwirtschaften des Dorfes blicken zu lassen. Mehr als ein oder zwei Glas Bier trank er nie. Es kam zu freundschaftlichen Beziehungen zu dem einen oder anderen Mädchen am Ausschank, aber das war auch schon alles. Er ging zum Tanz in den Dorfsaal, manchmal sogar in benachbarte Städte, wenn größere und bekanntere Gruppen dort auftraten. Aber tanzen tat er nie. Er versuchte es mehrfach, doch stets wurden ihm die Mädchen, auf die er ein Auge geworfen hatte, vor der Nase weggeschnappt. Folglich stand er die meiste Zeit zusammen mit anderen Männern hinten im Saal und beobachtete das bunte Treiben nur.
Den Winter empfand er als einen der schlimmsten, den er je erlebt hatte. Er vermisste die Gesellschaft der anderen Untermieter in seinem ehemaligen Quartier und fühlte sich in dem Haus unerträglich einsam. Zu allem Übel erwischte ihn auch noch eine schwere Grippe. Drei Tage lang blieb er ans Bett gefesselt, ehe jemand von seinem Wegbleiben Notiz nahm und nach ihm schaute. Schließlich stand auch seine Freundin Imogen Furey vor der Tür. Mit einem dick umhüllten Kopf blickte er aus einem der obersten Fenster und ließ sie mit heiserer Stimme wissen, dass er krank sei, warf ihr aber auf ihr Drängen hin die Schlüssel hinunter. In weniger als einer halben Stunde war sie mit einem Topf Hühnerbrühe bei ihm. Sie besuchte und versorgte ihn regelmäßig, bis er wieder seine Arbeit aufnehmen konnte.
Als Dank für ihre Hilfsbereitschaft kaufte er ihr zu Weihnachten das teuerste Parfüm, das er erstehen konnte. Man muss es den Fureys lassen, sie wussten einen anständigen Menschen zu schätzen. Auf Jacks Vorschlag hin lud Imogen an einem der Weihnachtsabende Denny zum Dinner ein. Nach dem Essen saß man gemütlich im Wohnzimmer am Kaminfeuer beieinander und trank einen von Imogen zusammengebrauten
Punsch. Die wohlige Wärme, die das Feuer ausstrahlte, und der Whiskey, den er nicht gewöhnt war, lösten Denny die Zunge. Schon bald hatte er seinen ganzen Kummer vor ihnen ausgebreitet, eingestanden, wie einsam er sich fühlte, und über sein Herzeleid geklagt.
Es verfehlte nicht seine Wirkung. Die anfängliche Besorgnis der Fureys ging in Mitleid über. Erst spät in der Nacht fuhr Jack Furey Denny heim. Später im Bett fragte er seine Frau, ob sie einen Rat wüsste, wie Denny zu helfen sei.
»Er ist ein liebenswerter Bursche«, meinte er, »und so, wie der gebaut ist, glaube ich nicht, dass er ein Mädchen hintergehen würde.«
»Er ist kein Romeo«, gab Imogen zu bedenken.
»Romeos sind nicht unbedingt die besten Ehemänner«, wandte Jack ein. Noch ehe er einschlief, versprach seine Frau, sich der Sache anzunehmen.
»Ich werde mir durch den Kopf gehen lassen, wer in Frage käme«, sagte sie nachdenklich. Doch Jack Furey kannte seine Frau.
»Du wirst schon eine Idee haben«, murmelte er zuversichtlich und schlief ein.
Das Frühjahr kam, und Denny pflanzte noch mehr Sträucher und legte Blumenrabatten an. In der Werkstatt war er unermüdlich. Er hatte sich inzwischen weit über das Dorf hinaus einen Namen gemacht, sodass auch Autobesitzer aus den benachbarten Orten zu seinen Kunden zählten. Dann versuchte er sich im Handel mit Gebrauchtwagen und machte sehr bald mehr Gewinn, als er sich je erträumt hatte. Er schaffte sich ein komfortableres Auto an und fuhr mehr damit umher.
Eines Abends, es war Saint Patricks Day, luden ihn die Fureys zu einer Party ein. Es waren viele Gäste da. Zu ihnen gehörte ein Mädchen aus der weiteren Umgebung. Sie hieß Nora Odell, war Ende zwanzig, hatte kastanienbraunes Haar und sah trotz ihrer Blässe richtig gut aus. Sie war äußerst zurückhaltend, fast verschlossen. Angeblich hatte ihr früher mal ein Landwirt aus einem Nachbardorf übel mitgespielt, aber darauf gab man nicht viel, denn fast jeder wird irgendwann mal sitzengelassen, so oder so, und meist gehören ja zwei dazu.
Gegen Mitternacht versammelte man sich um das Klavier im Wohnzimmer der Fureys. Denny Bruder überraschte die Gäste mit einer schönen Baritonstimme. Der Abend wurde ein Erfolg. Auf Imogens Vorschlag hin fragte Denny Nora Odell, ob sie nicht mal zusammen ausgehen könnten. Sie erklärte sich einverstanden, und man verabredete sich. Leider war es dann ein stürmischer und regnerischer Abend, und es ließ sich
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