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Whiskey für alle

Whiskey für alle

Titel: Whiskey für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John B. Keane
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nichts Rechtes unternehmen. Also fragte Denny sie, ob er ihr vielleicht sein Haus zeigen könnte. Sie zögerte zunächst, doch er wirkte so ehrlich enttäuscht, dass sie schließlich nachgab.
    Nachdem er ihr auch die Schlafzimmer gezeigt hatte, schlug er vor, ein paar Schallplatten zu hören. Im Nu hatte er im Kamin im Wohnzimmer ein Feuer entfacht und Platten mit Strauss-Walzern herausgesucht. Es wurde ein stimmiger Abend, und sie besuchte ihn danach oft.
    Einmal lud er sie zum Dinner ein. Er bereitete es selbst zu. Der Hauptgang bestand aus Curryhuhn mit einem Hauch Knoblauch, den sie weniger mochte. Aber abgesehen davon war es ein erstklassiges Mahl. Denny erzählte ihr, dass er in den Schulferien seiner Mutter oft in der Hotelküche geholfen hatte, wo sie den Sommer über arbeitete. Er war ein ausgezeichneter Koch, und sie nahm gern seine Einladungen an, mit ihm zu Hause zu essen. Da er nun ihre Abneigung gegen Knoblauch kannte, verwendete er ihn nie wieder, wenn sie zu ihm zum Essen kam. Die Zeit brachte es mit sich, dass sich Denny Bruder unsterblich in Nora Odell verliebte, doch er verlor nie ein Wort darüber. Er wartete auf den rechten Augenblick und die passende Gelegenheit. Der Sommer kam, und sonntags fuhren sie mit dem Auto an die Küste. Von Zeit zu Zeit nahm er ihren Vater und ihre Mutter mit. Auch war er selbst inzwischen ein gern gesehener Gast bei den Odells. Die alten Odells mochten ihn, und Noras Brüder achteten ihn. Meilenweit war er der beste Kfz-Mechaniker, und man wusste nie, wann man ihn mal brauchen würde.
    An einem schönen Augustsonntag saß das Paar auf einer friedlichen Landspitze im Gras und genoss den Blick auf das Meer. Unter ihnen die leise ansteigende Flut und die silbern glänzende glatte Wasseroberfläche, über ihnen die Sonne am makellos blauen Himmel. Denny Bruder legte einen Arm um Nora Odells Schulter.
    »Es wäre zu schön, wenn du mich heiraten würdest«, offenbarte er ihr.
    »Wirklich?« Sie drehte sich zu ihm und sah ihm in die Augen.
    »Du weißt genau, wie sehr ich das herbeisehne.«
    »Küss mich«, forderte sie ihn auf. Er küsste sie ungelenk. Dann nahm sie ihn bei der Hand, und sie gingen hinunter zum Ufer, wo die sanften Wellen gleichmütig ihr Spiel trieben.
    »Ich muss es meinen Eltern sagen«, erklärte sie, »und du musst mit meinem Vater sprechen, sozusagen um meine Hand anhalten.«
    »Daran soll’s nicht liegen«, versicherte er ihr.
    »Sie werden sich bestimmt freuen«, meinte sie, als hätte die Heirat für sie schon immer festgestanden.
    Denny Bruder war ganz außer sich vor Glück. Ohne die Schuhe auszuziehen lief er bis zu den Knien ins Wasser und schrie es laut hinaus: »Ich heirate! Ich heirate Nora Odell!«
    Vierzehn Tage später verlobten sie sich, und man legte das Datum für die Hochzeit fest. Von einer langen Verlobungszeit hielten sie beide nichts, und so einigte man sich auf den ersten Sonnabend im Oktober. Anfang September sollte es jedoch zu einer etwas längeren Trennung kommen. Noras Schwester Bridie, die in Wolverhampton verheiratet war, erwartete ihr drittes Kind und stand kurz vor der Entbindung. Sie bat Nora in einem Brief, zu ihnen zu kommen und während der Zeit ihren Mann und die zwei Kinder zu versorgen.
    Denny fuhr Nora nach Rosslare, dem für die Reise günstigsten Hafen. Er küsste sie zum Abschied und wurde sich plötzlich bewusst, wie fürchterlich leer und einsam die Tage ohne sie werden würden. Sie hatte seinem Leben neuen Inhalt gegeben. Er war ein völlig anderer Mensch geworden, seit sie sich kannten. Auch Außenstehende hatten ihm das bestätigt. Sie rechneten damit, dass sie zwei Wochen fort sein würde. Bei ihrer Rückkehr hätte sie dann noch eine Woche, um die Hochzeit vorzubereiten.
    Während ihrer Abwesenheit ging Denny jeden zweiten Abend ins Kino. Stets hatte er denselben Platz im Rang. Rein zufällig saß bei einer Vorstellung Angela Fell, die Frau eines Ladenbesitzers im Dorf, neben ihm. Mitten im Film hörte man sie plötzlich »Oh, oh« sagen, bis in die äußerste Ecke im Rang war es zu hören. Sie stand auf und suchte sich einen anderen Platz außen in der hintersten Reihe. Nach der Vorstellung wurden allerlei Vermutungen angestellt. Jeder fand einen anderen Grund für Angela Fells merkwürdiges Verhalten. Die Argumente von denen, die Denny Bruder am nächsten gesessen hatten, schienen am glaubwürdigsten. Ein junger Mann, der seinen Sitzplatz direkt hinter Mrs. Fell gehabt hatte, wollte gesehen haben,

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