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Whiskey für alle

Whiskey für alle

Titel: Whiskey für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John B. Keane
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logisch, dass du Mikey aus Coventry zurückholst«, schlug Martin vor.
    »Wird er denn zurückkommen wollen?«, fragte Mick.
    »Daran zweifle ich keinen Moment«, versicherte ihm Martin.
    Mick Henderson dachte eine Weile nach. Im Grunde genommen hatte er den Gedanken schon immer im Hinterkopf gehabt. Was er brauchte, war jemand, der das dem Sohn in England schmackhaft machte. Er selber würde da wenig Glück haben. Aber Martin und Mikey standen sich als Brüder sehr nahe, trotz der Entfernung, die sie jetzt trennte. Altersmäßig waren sie ja auch kaum ein Jahr auseinander. Martin würde es am ehesten gelingen, den jüngeren Bruder zu überzeugen. Mick Henderson beschloss, vorzupirschen und zu erkunden, welche Trümpfe Martin in der Hand hatte.
    »Das ist ja alles gut und schön«, meinte er und tat wenig beeindruckt, »aber hat er auch das richtige Gespür für das Land?«
    »Wer, wenn nicht er?«, warf Martin ein, »ist doch schließlich dein Sohn.«
    »Du bist auch mein Sohn, und dir geht das Gespür dafür ab. Maurice und Eddie haben es ebenfalls nicht.«
    »Schau mal«, legte sich Martin ins Zeug, »Mikey ist anders als wir alle. In der Schule kam er nur mit Ach und Krach durch, aber er hat zwei goldene Hände. Hättest du ihn zu Hause behalten damals, als er ausbrach, dann hätte er alles gelernt, was man in der Landwirtschaft wissen muss, und du müsstest dir keine Sorgen wegen einer tüchtigen Arbeitskraft machen.«
    »Erst nach dem Schaden ist man klüger«, meinte Mick Henderson. Zwar glaubte auch er, dass Mikey das rechte Gespür für das Land hatte, aber man konnte da nie so sicher sein. Also bohrte er weiter.
    »Welche Garantie habe ich, dass er Haus und Hof nicht hinschmeißt, wenn ich einmal nicht mehr bin?«
    »Das Risiko wirst du immer haben. Wieso aber sollte Mikey die Sache hinschmeißen, wenn das für ihn sein Lebensinhalt wird? Du weißt so gut wie ich, wie blendend er mit dem Vieh umging. Er hatte nie etwas dagegen, auf dem Feld und im Stall zu arbeiten. Nur gegen die Schule hat er sich gewehrt.«
    »Stimmt schon«, erwiderte Mick Henderson. »Aber es gibt doch haufenweis junge Burschen, die zu allem bereit sind, bloß um sich vor der Schule zu drücken.«
    »Eins weiß ich«, erklärte Martin ernst, »entweder er kommt dieses Jahr zurück oder überhaupt nicht mehr.«
    »Hat er das gesagt?«
    »Ja.«
    »Dann sollte ich ihn wohl selber fragen. Aber wenn er nein sagt?«
    »Das wird er bestimmt nicht tun«, versicherte ihm Martin. Nach dem Gespräch stand für Mick Henderson fest, dass Martin und Mikey seine Lage längst ausführlich beredet hatten. Auf der Rückfahrt mit der Bahn blieb ihm reichlich Zeit, die Dinge zu überdenken. Seine einzige Sorge war, dass der Hof nach seinem Tod verkauft werden könnte, aber das würde auch geschehen, falls Mikey es ablehnte, zurückzukehren. Er musste daran denken, wie ihm damals sein Vater die Farm überschrieben hatte. Es war ein strahlender Morgen im Mai gewesen, fast vierzig Jahre war das her. Er hatte keine Ahnung gehabt, was der Vater in der Stadt wollte, er hatte nur gesagt: »Spann die schwarze Stute vor den Zweisitzer.« Und um die Mittagszeit war er zum rechtmäßigen Eigentümer von Haus und Hof geworden. Dabei hatte er keineswegs Druck auf den Vater ausgeübt, hatte nur hier und da mal fallen lassen, dass er ans Heiraten dächte. In seinem Fall war das irgendwie anders gewesen. Er hatte das rechte Gespür für das Land, für den Boden gehabt. Das wusste sein Vater, wusste auch, dass die grünen Felder und Wiesen, an die er die besten Jahre seines Lebens gegeben hatte, für die nächste Generation gesichert waren. Und genau darum ging es, Mikey musste dieses Verantwortungsgefühl entwickeln für die Morgen Land, die er bald betreuen sollte. Mick Henderson hatte alles gelernt, was für die Landwirtschaft nötig war, hatte über die Jahre erfahren, welche Eigenheiten und Mängel die eigene Scholle besaß, und hatte mitunter schmerzhaft lernen müssen, wie man aus Fehlschlägen doch Nutzen ziehen konnte. Der Boden hatte einzigartige Charakterzüge, kaum wahrnehmbare Konturen, eine unerklärbare Mischung aus Weichem und Hartem, Nassem und Trocknern, Unfruchtbarem und Üppigem.
    Oberflächlich betrachtet unterschieden sich seine Felder nicht von den übrigen in der Gegend. Doch er sah das mit anderen Augen. Sein Vater war ihm ein steter Partner gewesen, wenn er sich mühte, die Geheimnisse von Land- und Viehwirtschaft zu ergründen. Jetzt, da er nun

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