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Whiskey für alle

Whiskey für alle

Titel: Whiskey für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John B. Keane
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ihn die bezaubernden Bilder seines Lieblingsplatzes, und er erkühnte sich, der schemenhaft erscheinenden geliebten Gestalt zu folgen, die sich ihm in Wirklichkeit noch nie gezeigt hatte. Er schlief gut und fest und wachte nicht eher auf, als bis die Zimmermädchen an die Tür klopften, und das taten sie erst im Laufe des Vormittags. Vor zwölf Uhr ließ er sich nie blicken. Bis zum Lunch blätterte er in den Tageszeitungen, aß dann, blieb noch eine Weile gemütlich sitzen und raffte sich schließlich zu der einzigen körperlichen Herausforderung des Tages auf. Die bestand in einem einstündigen Spaziergang, nach dem er sich frisch genug fühlte, um dem ersten kräftigen Schluck des neuen Tages zuzusprechen. Nach vier oder fünf Tagen war sein Bedürfnis nach Abwechslung befriedigt, und er fuhr nach Hause. Am Tag seiner Heimkehr nahm er keinen Tropfen Alkohol zu sich. Auch achtete er strikt darauf, immer erst nach Einbruch der Dunkelheit das Geschäft zu erreichen. Nach einem kleinen Imbiss verfügte er sich ins Bett und stand erst wieder auf, wenn der Kater völlig verflogen war. Im Allgemeinen schlief er bis in die späten Nachmittagsstunden des folgenden Tages, dann fühlte er sich wieder frisch und war bereit, sich einem normalen Tagesablauf zu widmen. Nicht, dass er deshalb zwischen den Zechtouren völlig abstinent lebte. Meist kehrte er nach seinen abendlichen Runden zum Fluss im Anglers’ Rest ein, wo er sich ein oder zwei Whiskey genehmigte, die er mit ein paar Pint Bier vom Fass nachspülte. Er trank nie allein. Ein oder zwei Kumpel saßen immer in der Wirtschaft, zu denen er sich gesellte, und man ging erst, wenn Ausschankschluss war.
    Kurz nach seinem sechzigsten Geburtstag unternahm er die längste und heftigste Sauftour seines Lebens. An einem frühen Montagnachmittag verließ er die Stadt und ward zehn Tage lang nicht mehr gesehen. Aus dem, was in der Zwischenzeit durchsickerte, ließ sich nichts Rechtes zusammenreimen. Selbst Miss Miller konnte nichts ausrichten, denn falls Jimmy Bowen überhaupt in der Lage war, die Erlebnisse einzuordnen, nützte das wenig, es war nun einmal geschehen und damit vorbei. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, die Vorgänge waren unwiderruflich im Nebel des Suffs versunken. In späteren Jahren tauchten vor seinem inneren Auge immer mal wieder Erinnerungsfetzen auf, aber nie so, dass sich ein zusammenhängendes Bild ergeben hätte. Immerhin vertraute er kurz nach seiner Rückkehr seinen Freunden im Pub an, dass es die Krönung all seiner Zechgelage gewesen wäre, und das nahmen die ihm ohne Weiteres ab. Wenn er das so sagte, musste man ihm das glauben. Jimmy Bowen gehörte nicht zu denen, die übertrieben. Woran er sich allerdings lebhaft erinnerte, war, wie er am letzten Tag wieder zu sich kam. Sein Kopf dröhnte dermaßen, dass er schon befürchtete, sein letztes Stündlein hätte geschlagen. Stundenlang wälzte er sich verzweifelt im Bett. Am späteren Nachmittag raffte er sich mit äußerster Willenskraft auf und schleppte sich zum Bad. Er ließ kaltes Wasser in die Wanne laufen, stand splitterfasernackt daneben und wartete, bis sie vollgelaufen war. Entweder es bringt mich um oder kuriert mich, sagte er sich. Er glitt nicht sacht ins Wasser, er platschte förmlich hinein. Er schrie laut auf. Nach dem ersten Schreck bebte und prustete er wie ein Wahnsinniger, da die Kälte in jeden Körperteil drang. In letzter Not fing er mit zitternder Stimme an zu singen. So sehr er sich auch mühte, er konnte keinen Ton halten. Plötzlich überkam ihn die Angst, gänzlich zu erstarren. Von Panik ergriffen, hievte er sich aus der Wanne und landete auf dem schlüpfrigen Boden auf dem Hintern. Nur mit großer Mühe kam er auf die Beine und trocknete sich ab. Nach ein paar Minuten fühlte er sich deutlich besser. Im Kopf hämmerte es immer noch, aber es war zu ertragen. Die Hände zitterten nicht mehr. Er beschloss, sich zu rasieren. Erstaunlicherweise brachte er es zuwege, ohne sich zu schneiden. Er kämmte sich und setzte sich aufs Bett. Er hatte keine Ahnung, wo er war. Er wollte schon zum Telefonhörer greifen, doch er bemerkte noch rechtzeitig, dass er nackt war. Hastig streifte er die Hosen über. In der Uhrentasche fand sich noch Geld. Er wunderte sich über die Menge. Musste wohl ein oder zwei Schecks eingelöst haben. Würde sich zur rechten Zeit schon klären. Er führte den Telefonhörer zum Ohr:
    »Guten Tag, Mr. Bowen.«
    »Guten Tag. Wo bin ich?«
    Ein herzhaftes

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