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Whisper (German Edition)

Whisper (German Edition)

Titel: Whisper (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy Kien
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bis das Ziehen aus ihren Füßen verschwunden war, begann sie im Wohnraum, der teilweise mit Teppich ausgelegt war, herumzulaufen. Es war absolut still, einige Dielen des Holzbodens knarrten unter ihrem Gewicht. Draußen hörte sie die Vögel zwitschern, die den neuen Morgen begrüßten, und die natürlichen Geräusche des erwachenden Morgens drangen an ihr Ohr. Jasmin verglich kurz. Auch in München hatte sie morgens die Vögel gehört, wenn der Hund von nebenan die Klappe gehalten und der Verkehr sich woanders ausgebreitet hatte. War das Wetter schön gewesen, hatten sich schon in den ersten Morgenstunden die Biker eingefunden, um mit Honda und Yamaha über die Straßen zu flitzen. Mit ihren lauten Maschinen hatten sie jedes Geräusch, entstanden in der Natur, komplett überdeckt. Der Lärm war ihr nicht mehr aufgefallen, gehörte dazu, wie das Geschrei der Kinder, wenn sie in Horden draußen spielten. Erst hier merkte sie, wie leise es sein konnte, und wie schön es war, nur die erwachende Wildnis zu vernehmen, sonst nichts. Kein Auto, keinen Motor, kein Geschrei, kein Bellen, nichts. Die ersten Strahlen der Sonne kletterten langsam durch ein Fenster und malten farbenfrohe Streifen in den Raum, in dem man den Staub fliegen sehen konnte. Automatisch trat Jasmin auf das Fenster zu und warf einen Blick hinaus. Vor ihr lag eine Wiese, die mit vielen Bäumen gespickt war. Die Stämme wurden von den verschiedensten Gräsern und Blumen umrahmt, die sanft vom Wind gestreichelt wurden. Das Fenster war gekippt, weswegen ein würziger Geruch hereinwehte. Jasmin nahm ihn nur nebenbei wahr, während sie den Waldrand mit den Augen abtastete, in der Hoffnung, wilde Tiere zu entdecken. Weißwedelhirsche, Wapitis, vielleicht ein Elch, irgendwas. Aber der Waldrand war ruhig. Nur die vielen Vögel flatterten munter von einem Ast zum nächsten, geschäftig auf der Suche nach Futter. Jasmin hatte sogar das Glück, einen recht großen Vogel beobachten zu können. Sie kannte keine Arten, konnte vielleicht einen Spatz von einer Taube unterscheiden, doch als dieser Vogel sich hoch oben von den Baumwipfeln fallen ließ, seine Schwingen ausbreitete und dadurch seine stattliche Größe zeigte, tippte sie auf einen Greifvogel. Für einen Adler war er zu klein, für einen Singvogel zu groß, für ein Tannenhuhn oder einen anderen fasanenartigen Vogel zu elegant. Deshalb vermutete sie einen falkenartigen Vogel. Aber die Vorstellung des Adlers war einfach passender. Egal ob es stimmte oder nicht. Jasmin freute sich, diese Tiere in der Wildnis sehen zu dürfen, lächelte, obwohl der Vogel schon über alle Berge war, wollte sich schon abwenden, als ihr Blick ein anderes Wesen streifte. Jasmin hielt abrupt inne und suchte das, was sie im Vorbeisehen nur schemenhaft entdeckt hatte. Und als sie zwischen den Bäumen hindurch spähte, konnte sie es sehen. Eine helle Gestalt, die sich langsam Richtung Wiese bewegte. Jasmin kniff die Augen zusammen. Das Tier stand im Schatten, weswegen sie lediglich die helle Fellfarbe erkennen konnte. Was war das? Ein heller Hirsch, vielleicht nur ein helles Rind, das hier draußen weidete? Jasmin musste schon über sich selbst lachen. Sie erwartete die seltensten Tiere zu sehen und dann stand eine dumme Kuh vor ihren Augen. Doch als das Tier sich aus dem Schatten herausbewegte, fror das Lächeln auf ihrem Gesicht ein.
    Das Tier schüttelte unwillig den Kopf, als ob es eine lästige Fliege verjagen wollte, wobei die weiß schimmernde Mähne im Sonnenlicht strahlte. Kurz hob das Tier seine Nase in den Wind, schaute sich um, bevor es wieder seinen Kopf senkte und weiter an dem Gras zupfte. Dabei tat es wieder einige Schritte, sodass man seinen Körper besser sehen konnte. Jasmin konnte ihren Blick nicht mehr abwenden. Das helle, goldene Fell, die weiße Mähne, der strahlende Schweif … unwillkürlich musste sie an ihre Zeichnungen denken. Die Länge der Mähne, der dichte Schweif, der dem Tier bis zu den Fesseln hing, seine Fellfarbe. Es war ein Palomino.
    Jasmin konnte die Beine des Tieres nicht wirklich sehen und auch das Gesicht blieb im Verborgenen. Und trotzdem zog sie das Bild magisch an. Sie hatte wieder ihren Palomino vor Augen. Das Pferd, das sie schon hunderte Male gezeichnet hatte, und welches ihr immer und immer wieder in ihren Träumen erschien. Es war diesem hier sehr ähnlich. Gehörte es zur Singing Bird Ranch? Besaß Kino so ein Pferd? Hatte er deswegen ihre Zeichnungen so genau studiert?
    „Sie ist

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