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Whisper (German Edition)

Whisper (German Edition)

Titel: Whisper (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy Kien
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diese Stimme, zusammen mit ihren Worten, lösten nicht nur wieder diesen irren Höhenflug, gekoppelt mit Herzrasen, Pulsüberschlag, Atemstörungen und einem allgemeinen Zusammenziehen sämtlicher Gedärme aus, sondern erzeugten auch dieses tiefe Gefühl … von Erwachsenen oft besprochen und vielfach mit Füßen getreten und respektlos behandelt. Das Gefühl jemanden zu lieben.
     

8
     
    K inos Großvater sah spät in der Nacht nochmals in den Wohnraum, wo er Kino und die junge Jasmin zurückgelassen hatte. Beide schliefen sie auf dem selbst gebauten Sofa. Kino hatte Jasmin fest umschlungen, während sie sich eng an ihn kuschelte. Dieses zufriedene Bildnis entlockte dem alten Mann ein Lächeln. Er hatte es gewusst. Die beiden waren füreinander bestimmt. Kino war nicht nur äußerlich, sondern auch im Herzen ein Indianer. Er liebte die Natur, die Ruhe, die Stille, die Jahreszeiten, die Tiere, die warmen Winde im Sommer, die Blizzards im Winter. Er achtete das, was ihm geboten wurde, betrachtete die Wildnis mit Respekt und Ehrfurcht. Er liebte seinen Job auf der Ranch, behandelte jedes Rind, als ob es das letzte auf dem Planeten wäre, auch wenn es irgendwann sein Leben im Schlachthaus lassen würde. Jedes Pferd wurde von ihm schonend und basierend auf tiefes Vertrauen eingeritten und ausgebildet. Viele dieser Pferde wurden verkauft, alle konnte er nicht behalten, aber er dankte jedem Pferd, für seine Existenz, Kooperation und Einsatzbereitschaft, denn ohne dieses einzelne Pferd würde die Ranch nicht überleben.
    Jasmin kam aus einer anderen Welt. Das Schicksal hatte bei ihr mit aller Gewalt zugeschlagen. Natürlich hatte es Menschen gegeben, die ihr zu helfen versucht hatten. Aber keiner dieser Menschen konnte ihr das geben, was sie so sehr benötigte. Das Gefühl, beschützt und geliebt zu werden. Irgendwann hatte sie sich verschlossen, aufgehört zu sprechen und ihre Wahrnehmung ungewollt anderen Wesen gegenüber geöffnet, die ebenso wenig sprachen wie sie. Ihre Bilder! Der alte Mann wusste um die Existenz dieses Pferdes. Tiere waren jene Wesen, mit denen sie sich identifizierte, die ihre eigene Sprache hatten, und die geduldig jede Handlung menschlichen Unwissens ertrugen. Auch Jasmin erduldete und ertrug, sie fühlte keinen Hass, trug keinen Zorn in sich, hatte nur ihre tiefe Verschlossenheit und das Pferd, welches in ihren Träumen wohnte. Die Seele eines Pferdes, an die sie sich klammerte, die sie begleitete, und der sie auf einem Blatt Papier zum Leben verhalf.
    Und jetzt gab es für sie Kino. Der, der sie lesen konnte, der ihre tiefen Empfindungen wahrnahm, der dort zuhörte, wo andere ihre Ohren verschlossen hielten, und das glaubte, worüber andere nicht mal nachdenken wollten. Jasmin fühlte sich nicht nur ernst genommen, sie fand in ihm einen Vertrauten und sie fühlte das, was sie nur von Whisper jemals bekommen hatte. Sie spürte seine Liebe.
     
    Es war früh am Morgen als Kino aufstand, sein Pferd sattelte und in die Wildnis verschwand. Sein Großvater hatte ihm versprochen, gut auf Jasmin aufzupassen und hatte gemeint, sich darauf zu freuen, sich ein wenig mit ihr unterhalten zu können. Kino hatte darüber die Stirn etwas in Falten gezogen. Jasmin und unterhalten? Nun, er selbst war auch in der Lage, sich mit ihr zu unterhalten, auch wenn sie keinen Ton sagte. Sein Großvater … es war eben sein Großvater. Niemand war wie er. Niemand wusste, was er tat, wenn er etwas tat, aber sein Großvater kam immer zum Ziel, manchmal auf Umwege, manchmal direkt, aber er kam immer zum Ziel.
    Als er schließlich in den kühlen, feuchten Morgen hinausritt, war sein Herz bei Jasmin. In drei Tagen würde er wieder bei ihr sein. Was weiter passieren würde, er wusste es nicht. Sich Gedanken zu machen, erschien ihm absurd. Natürlich war ihm klar, dass sie wieder nach Hause fliegen würde und ganz kurz stellte er sich die Frage, ob sie dort auch wieder anfangen würde zu sprechen. Blieb sie bei ihrer Schweigsamkeit oder würde es für ihre Eltern die Chance geben, sich mit ihr zu unterhalten? Bis dahin dauerte es eine Weile und er nahm sich vor, jeden einzelnen Tag mit ihr zu genießen, mehr über sie herausfinden und von Jasmin zu lernen, auf diese feinen Zeichen zu achten, auf die sie so sensibel reagierte. Es würden harte drei Tage in der Wildnis werden, aber er würde sie schon überleben.
     
    Jasmin war, als sie wach wurde, ganz allein mit sich und der Welt. Kino hatte sich hinaus geschummelt. Ihr war

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