Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Whisper Island (01) - Sturmwarnung

Whisper Island (01) - Sturmwarnung

Titel: Whisper Island (01) - Sturmwarnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
wurde, dass Diana gewusst hatte, dass sie kommen würde. Außerdem hörte sie ganz deutlich: Außer uns beiden weiß es keiner, Becca , aber das machte ihr Angst. Denn sie wusste, dass sie nur dann ein Flüstern von Diana hörte, wenn diese sich bewusst dazu entschloss, gehört zu werden. Und sie wusste nicht, was das bedeutete.
    Sie erinnerte sich, dass ihre Großmutter zu ihr gesagt hatte: »Manchmal musst du den Sprung wagen, und das wird nicht leicht für dich sein. Wenn die anderen Menschen solch einen Sprung tun, springen sie in vollkommene Dunkelheit, das heißt, sie wissen nicht, was sie erwartet. Und bis du das Flüstern vollkommen beherrschst, wirst auch du nur ins Halbdunkel springen.«
    Endlich begriff Becca, was das bedeutete: Das Flüstern, das sie momentan hörte, verriet ihr einiges, aber längst nicht alles. Und bei Diana musste sie ins Halbdunkel springen.
    Das Halbdunkel spiegelte sich auch draußen, hinter den Fenstern des Wintergartens wider, wo sich das Morgengrauen langsam über den Hügeln ausbreitete wie eine Flagge, die sich entfaltet. Am Horizont verwandelte sich das Rosa des Himmels zunächst in Aprikosenfarbig, dann in Perlgrau, während sich darüber noch der dunkle Bogen der Nacht spannte.
    Dann sagte Becca zu Diana: »Ich muss Ihnen vertrauen können, Mrs Kinsale.«
    Diana setzte sich hin und gab Becca ein Zeichen, es ihr gleichzutun. Sie goss Tee ein und entgegnete: »Ich glaube, du hast das Vertrauen schon gefunden. Sonst wärst du nicht hier.« Sie sah hinaus auf das dunkle Wasser, in dem sich zaghaft der Himmel zu spiegeln begann. Dann fügte sie hinzu: »Heute wird ein schöner Tag.« Und nach einer Pause: »Wie kann ich dir helfen, Becca?«
    Becca sah den heiter-gelassenen Ausdruck auf Dianas Gesicht und spürte, dass sie frei war von jeglichem Vorbehalt ihr gegenüber. Dieses Gefühl ging von ihr aus wie ein Fluss, in den Becca hätte springen können, wenn sie gewollt hätte. Also sagte sie, wonach sie sich schon seit Wochen gesehnt hatte, obwohl sie deswegen gar nicht hergekommen war: »Wissen Sie, wo meine Mutter ist, Mrs Kinsale?«
    »In Sicherheit. So viel weiß ich«, antwortete Diana. »Und so viel sehe ich.«
    Beccas Augen wurden feucht. »Sie fehlt mir.«
    »Es fühlt sich an wie ein Loch in der Brust. Ich kenne das Gefühl«, und während Diana sprach, ging eine friedliche Aura wie ein See der Ruhe von ihr aus.
    Da sagte Becca spontan: »Darf ich bei Ihnen wohnen? Zusammen mit den Hunden?«
    Und bevor Diana antworten konnte, kam alles aus ihr herausgeströmt, wie eine Flutwelle, die danach strebte, sich in einen See zu ergießen. »Der Sheriff sucht mich. Ich musste das Cliff Motel verlassen. Ich habe im Dog House gewohnt, ich konnte nicht zur Schule und ich will baden oder duschen und wieder zur Schule gehen und ein Dach über dem Kopf haben und …«
    Diana erhob sich und kam zu ihr. Sie kniete sich vor Beccas Stuhl auf den Boden und legte die Hände auf ihre Knie. Becca sah auf sie hinab. Dianas Hände waren rau von der Gartenarbeit und von ihrem langen, arbeitsreichen Leben.
    »Wirst du mir endlich vertrauen, Becca?«, fragte sie.
    Da spürte Becca, wie sich etwas Schweres und Quälendes aus ihrer Brust löste. Es war, als würde sich ihr Körper Stück für Stück in die Luft erheben, sich auflösen und davongeschwemmt werden.
    »Ja«, antwortete sie.
    »Gut. Ich will, dass du mir glaubst, wenn ich dir Folgendes sage: Dieses Haus, die Hunde und ich … sind nicht das, was du im Augenblick brauchst. Das wird sich ändern, und wenn es so weit ist, werde ich es wissen und dir Bescheid sagen. Aber noch ist es nicht so weit.«
    Becca war enttäuscht. »Warum nicht?«
    »Weil du erst noch andere Dinge klären musst.«
    »Aber ich weiß nicht, wie.«
    »Doch, das weißt du. Auch wenn es dir nicht so vorkommt. Aber du besitzt die Weisheit, weiterzumachen und das zu tun, was notwendig ist.«
    Weisheit?, dachte Becca. Das, was ihr Innerstes aufwühlte, war sicher keine Weisheit. Sie kam sich vielmehr vor wie in einem Labyrinth, wo an jeder Sackgasse etwas Neues lauerte, das sie entweder nicht verstand oder von dem sie keine Ahnung hatte, wie sie damit umgehen sollte: Derric, Seth, der Sheriff, Jeff Corrie, ihre Mom, sich im Dog House verstecken, den Unterricht verpassen … Becca sehnte sich nach jemandem, der sie aus diesem Schlamassel befreite.
    Aber sie selbst war die Einzige, die das konnte. Darauf wollte Diana hinaus.
    »Ich wünschte, ich hätte Derric besser gekannt,

Weitere Kostenlose Bücher