Whisper Island (01) - Sturmwarnung
bevor das mit ihm passiert ist. Ich wünschte, ich hätte alle besser gekannt. Dann könnte ich jetzt tun, was richtig ist.«
»Und das wäre?«
Dies war der Ausgangspunkt. Hier gabelte sich der Weg und Becca wusste, dass sie sich aussuchen konnte, in welche Richtung sie gehen würde. In San Diego hatte sie die falsche Entscheidung getroffen, angetrieben von Jeff Corries strahlendem Lächeln … Das durfte ihr nicht noch einmal passieren. Es stand zu viel auf dem Spiel. Aber Diana wartete, genauso wie Jeff Corrie gewartet hatte, und Becca musste sich entscheiden, wenn sie erfahren wollte, was es mit dieser Frau wirklich auf sich hatte.
Sie schluckte schwer. »Dann könnte ich dem Sheriff sagen, was ich im Wald gesehen habe.«
Diana stand auf. Sie nahm eine Fußbank, schob sie zu Beccas Stuhl und setzte sich darauf. So war sie ihr näher. Sie nahm Beccas Teetasse, reichte sie ihr und legte Beccas Hände um das warme Porzellan. »Der Sheriff steckt da genauso drin wie du. Er macht sich genau die gleichen Gedanken wie du, weil sich alle auf die gleiche Situation und die gleichen Leute konzentrieren.«
»Nur, dass ich dazugehöre und er mich sucht. Wenn ich also mit ihm rede …«
»Er weiß nicht, woran er ist, Becca. Genau wie du. Der einzige Unterschied ist, dass er erwachsen ist. Er kämpft sich durch die gleichen Zweifel und Ängste. Und auch er will Derric helfen. Genau wie du.«
»Kann schon sein, aber ich kann trotzdem nicht zu ihm hingehen, Mrs Kinsale. Nicht nur wegen dem Dog House und so, sondern weil er dann jemandem auf die Spur kommt.«
»Wäre das nicht gut?«
»Nicht, wenn diese Person nichts Schlimmes getan hat.«
Becca warf Diana einen verzweifelten Blick zu, deren blassblaue Augen freundlich auf ihr ruhten. Sie kämpfte einen Moment mit sich und versuchte, eine Entscheidung zu treffen. Dann sagte sie seufzend: »Seth.«
»Ah.«
»Er mag Derric nicht, aber er hat ihn nicht gestoßen.«
»Nicht?«
»Wahrscheinlich war es Dylan Cooper.«
»Bist du sicher?«
»Was meinen Sie?«
»Fangen wir mit Seth an. Bist du sicher, dass er Derric nicht gestoßen hat?«
Becca überlegte, was sie über den Jungen wusste, und vor ihrem inneren Auge entstanden verschiedene Bilder: Seth und sein Hund, Seth, der ihr sein Fahrrad schenkte, Seth, der ihr an ihrem ersten Tag in Langley ihm Star Store ein Sandwich gab, Seth, der sie nach Coupeville fuhr, damit sie Derric besuchen konnte, Seth, der sie im Dog House untergebracht hatte.
Diana sagte rasch: »Ja. Ja, ich sehe schon.«
Becca starrte sie an und Diana legte den Kopf schief. Becca fragte: »Sie … Sie sehen? «
Diana lächelte. »Ja.«
Noch eine Weggabelung, erkannte Becca. Wieder eine Entscheidung zu treffen. Und sie fuhr fort: »Seth hat mir immer geholfen. Und jetzt will ich ihm helfen.«
»Das kann ich verstehen. Lass mich mal einen Moment überlegen.« Diana sah wieder aufs Wasser, wo die Morgendämmerung nun rasch fortschritt, und auf den Himmel, wo sich Lichtstreifen immer weiter ausbreiteten. »Ich weiß noch, wie ich dich im Wald gesehen habe. Du hast einen Hund gesucht, und ich gab dir Oscars Leine. Gehen wir zurück zu dem Augenblick, als du den Wald betreten hast. Schließ die Augen und sag mir, was du in deinen Erinnerungen siehst.«
Becca gehorchte und ließ zu, dass sich die Bilder jenes Tages vor ihrem geistigen Auge entfalteten: wie sie erst mit Seth und Gus über die Wiese lief und auf die Lichtung zu, wo der Wanderweg in den Wald begann, riesige Tannen über ihr, verschiedene Abzweigungen von dem Weg, den sie entlanggingen. Aber sie hatte sich die Namen der Wanderwege nicht gemerkt, denn sobald sie den Wald betreten hatte …
Becca machte die Augen auf. Sie sah Diana an und hatte Angst, noch mehr zu verraten. Wieder so ein Moment des Halbdunkels. Sprich weiter, Liebes .
Diana sagte nichts. Sie trank einen Schluck Tee und wartete.
Dann fuhr Becca fort: »Na gut. Ich hörte Flüstern in der Luft, also wusste ich, dass der Wald voller Menschen war. Normalerweise müssen Menschen in meiner Nähe sein, wenn ich ihr Flüstern hören will, aber diesmal war es anders. Ich weiß nicht, warum. Außerdem nahm ich einen Duft wahr, der mir verriet, dass Derric im Wald war. Dann hörte Gus andere Hunde bellen und lief weg. Seth lief hinter ihm her und ich versuchte, ihnen zu folgen, aber ich habe mich verlaufen.«
»Und seitdem hast du den rechten Weg nicht wiedergefunden«, murmelte Diana. »Und das gilt für alle anderen genauso. Für
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