Whisper Island (01) - Sturmwarnung
Seth, Hayley Cartwright und Jenn McDaniels.«
»Jenn glaubt, ich hätte es auf Derric abgesehen. Sie will mir immer nur Ärger machen. Sie hat auch meine AUD-Box kaputtgemacht. Sie hat sie gegen die Wand geworfen. Seit meinem ersten Schultag war sie so eine …«
»Ja«, murmelte Diana. »Aber lass mich kurz überlegen.«
Einen Moment saßen sie schweigend da. Diana hatte ihre Augen geschlossen. Und als sie sie wieder öffnete, sagte sie: »Wir machen eine kleine Fahrt. Es dauert nicht lange. Aber es wird dir helfen, zumindest einen Teil deiner vielen Probleme und Fragen zu klären.«
Diana fuhr in Richtung Stadt, aber am Ende der Sandy Point Road bog sie nicht nach rechts Richtung Langley ab. Sie fuhr nach links, und kurz danach waren sie auf der Hauptbundesstraße. Dann fuhren sie auf die Cultus Bay Road, die auf die andere Seite der Insel führte.
Die Straße lag zunächst tief im Wald. Er war dunkel, wegen der vielen Nadelbäume, und dazwischen standen Erlen, die herbstlich gelbes Laub trugen. Dann hörte der Wald auf und etwa einen Kilometer lang breitete sich Ackerland vor ihnen aus. Dann waren sie wieder von Bäumen umgeben und die Straße bahnte sich Richtung Süden einen Weg, bis sie eine kurvenreiche Abfahrt hinunterführte und die Nähe zum Meer die Luft mit dem Geruch von Salzwasser erfüllte.
Sie fuhren eine Haarnadelkurve nach der anderen, bis sie zu einer zerfurchten Auffahrt kamen. Dort stand ein rostiges, handbemaltes Schild mit der Aufschrift LEBENDE KÖDER , und ein verblasster roter Pfeil zeigte zum Wasser.
Diana fuhr rechts heran, nickte in Richtung Auffahrt und sagte: »Von hier aus müssen wir laufen.«
Die Kiesel knirschten laut unter ihren Füßen, als Diana und Becca den ungepflasterten Weg entlangliefen. Sie bliesen weiße Atemwölkchen in die Luft, die feucht war und nach Seetang und Rauch roch. Nach etwa zweihundert Metern verbreiterte sich der Weg und leitete in einen unebenen Parkplatz über, auf dem ein paar baufällige Gebäude standen.
Eines davon war ein heruntergekommener, verrosteter Wohnwagen mit verschlissenen Vorhängen und eingetretenen Stufen, die direkt zur Eingangstür hinaufführten. Daneben stand eine ungestrichene Bretterbude mit der Aufschrift LEBENDE KÖDER . Das letzte war ein altes graues Haus mit abgesacktem Dach und einer mit Laub verstopften Regenrinne, in der Unkraut wuchs.
Wie der Wohnwagen hatte auch dieses Haus eingetretene Stufen, die zu einer schmalen Veranda und der Eingangstür führten, deren Fliegengittertür in schlechtem Zustand war. Genau wie der Wohnwagen hatte das Haus verschlissene Vorhänge an den Fenstern, und es war zu erkennen, dass sie vor langer Zeit aus Bettlaken genäht worden waren.
Das Haus stand in der Nähe des Wassers und ein Landungssteg führte von ihm hinaus. Zwischen dem Haus und der Bretterbude hing eine Wäscheleine mit Kleidungsstücken, obwohl man sich kaum vorstellen konnte, dass die bei der feuchten Luft jemals trocknen würden. Hier und da lagen – ohne ersichtliche Ordnung – Fischernetze, Schwimmkörper, Krebskörbe, Eimer, Schubkarren und Rettungsringe herum. Etwas weiter weg lag eine Toilette auf der Seite und darüber war eine vergammelnde Hängematte gespannt. In der Nähe der Toilette stand ein Anhänger mit einem Boot aus Aluminium, das eine dicke Delle am Bug hatte und dessen Motor mit einer Plane bedeckt war.
Der Rauch, den sie auf dem Weg hierher gerochen hatten, kam von dem Haus. Während sie es beobachteten, ging ein Licht an. Die Tür ging auf und Diana zog Becca in den Schatten, aber nur so weit, dass sie den Mann, der aus dem Haus kam, noch sehen konnte. Er hustete rasselnd und ging zum Steg, wo er wieder hustete, ausspuckte und ins Wasser pinkelte. Am Ende des Stegs saß eine Möwe träge auf einem Pfahl. Er hob eine Muschel auf und warf sie nach der Möwe. Er spuckte erneut, aber diesmal auf die Bretter des Stegs. Er verwischte den Auswurf mit dem Fuß und ging zurück zum Haus.
Diana berührte Beccas Arm. Becca sah sie an. Komm, wir gehen, Schatz .
Sie sprachen erst wieder, als sie in Dianas Wagen saßen und sie ein Stück weiter zur Bootsanlegestelle am Ende der Straße gefahren war. Dort hielt Diana kurz an, sah zu Becca hinüber und fragte: »Du weißt, warum ich dich hergebracht habe, oder?«
»Hier wohnt Jenn«, sagte Becca.
Diana legte Becca eine Hand auf die Schulter und Becca fühlte das gleiche Kribbeln wie schon zuvor, als Diana sie berührt hatte. »Um sich nicht von der
Weitere Kostenlose Bücher