Whisper Island (01) - Sturmwarnung
mit Seth gesprochen. Aber eine Information konnte sie Dave Mathieson geben, um ihn loszuwerden.
»Dylan Cooper«, sagte sie. »Ich glaube, er war dort.«
»Geht er hier zur Schule?«, fragte der Sheriff, während er den Namen aufschrieb.
»Ja. Ich nehm’s an. Ich meine, ja.«
Aber Hayley hatte ein ungutes Gefühl dabei, ihm auch nur einen einzigen Namen zu nennen. Schließlich wusste sie nichts über die Sache. Das Einzige, was Dylan Cooper mit dem Vorfall in Verbindung brachte, war ein Paar Sandalen, und das hatte Becca King ihr erzählt. Hayley wusste nicht einmal, was das für eine Bedeutung hatte oder ob es wichtig war oder ob Becca es nur erwähnt hatte, um sie auf eine falsche Spur zu bringen. Sie glaubte , dass auch Becca King an jenem Tag in den Saratoga Woods gewesen und vermutlich weggerannt war, bevor der Krankenwagen eintraf. Aber warum sie weggerannt war, das wusste Hayley nicht. Sie wusste nur, dass dadurch niemand Beccas Namen mit Derrics Sturz in Verbindung brachte.
Sheriff Mathieson klappte sein Notizbuch zu. Er hatte jetzt einen Namen, aber er wirkte darüber nicht besonders glücklich. Vielmehr wirkte er äußerst unglücklich. Er sah aus wie jemand, der in einem Albtraum gefangen war. Einem Albtraum des Nichtwissens.
Wenn sie bedachte, wie er sie gerade behandelt hatte, war sie mehr als überrascht, dass sie Mitgefühl für diesen Mann empfand. Aber für einen kurzen Augenblick fühlte sie tatsächlich mit ihm. Sie verstand, wie schwer es auf einem lasten konnte, im Ungewissen zu sein. Sie verstand das besser als alles andere.
Als der Sheriff gegangen war, fing Hayley wieder an, normal zu atmen, aber sie war zutiefst erschüttert. Nicht nur wegen ihres Gesprächs, sondern auch, weil sie ihm Dylan Coopers Namen genannt hatte. Auf der anderen Seite des Flurs war die Mädchentoilette und sie steuerte darauf zu. Als sie hineinging, traf die Tür jemanden. Jemanden, der hinter der Tür gestanden und ihr Gespräch mit Derrics Vater belauscht hatte.
Dieser Jemand war Jenn McDaniels. Wer sonst, dachte Hayley entnervt. Jenn war vermutlich in die Toilette geschlüpft, während der Sheriff vor der Tür zu Ms Stephanys Klassenzimmer gestanden und darauf gewartet hatte, dass Hayley herauskam.
Hayley eilte an ihr vorbei zu den Waschbecken. Sie nahm ihre Brille ab und drehte das Wasser auf. Ihre Hände zitterten.
Jenn sah es offensichtlich auch, denn sie sagte: »Was ist los? Hast du etwa Parkinson, Hayley?« Sie ging hinter Hayley vorbei, spazierte zu einem der Milchglasfenster und öffnete es.
Hayley spritzte sich Wasser ins Gesicht und hörte, wie hinter ihr ein Streichholz angezündet wurde. Sie roch den brennenden Tabak, weil die kalte Brise von draußen den Rauch direkt zurück in den Raum blies, anstatt ihn wegzuwehen. Hayley benetzte weiter ihr Gesicht und beachtete Jenn nicht.
»Äh … Ich glaube, du bist jetzt sauber, Hayley.«
Hayley drehte das Wasser ab. Sie zog ein paar Papierhandtücher aus dem Spender und trocknete sich das Gesicht. Dann setzte sie ihre Brille wieder auf, mit der sie Jenns spöttisches Grinsen viel besser sehen konnte.
»Also«, sagte Jenn. »Du hattest ja ein ganz interessantes Gespräch mit dem Sheriff. Vielleicht solltest du ein bisschen vorsichtiger sein, wenn du irgendwelche Leute beschuldigst.«
Hayley nahm keine Notiz von ihr und wandte sich zum Gehen, aber Jenn bewegte sich blitzschnell vom Fenster weg. Sie warf ihre Zigarette auf den gefliesten Boden und ließ sie einfach brennend dort liegen. Sie stellte sich Hayley in den Weg.
»Was soll das?«, fragte Hayley.
»Das wirst du schon sehen.«
Als Hayley versuchte, an Jenn vorbeizugehen, hatte sie das Gefühl, in eine Wand zu laufen. Jenns zierlicher Körper bestand nur aus Muskeln. Hayley stellte fest, dass das andere Mädchen zwar so aussah, als würde der leichteste Windstoß sie umwehen, aber sie war stark wie ein Fels.
»Ich hätte dich nie für eine Petze gehalten, Hayley «, zischte Jenn. »Ein Wort von mir und Dylan erfährt alles, was du dem Sheriff erzählt hast. Also … willst du etwas unternehmen, um mich davon abzuhalten?«
In diesem Augenblick wollte Hayley ihr vor allem eine Tracht Prügel verpassen und ihr mit der Faust direkt ins Gesicht schlagen. Aber obwohl sie größer war als Jenn McDaniels, wusste sie, dass sie es nicht mit ihr aufnehmen konnte. Jenn war knallhart und gehörte zu der Sorte Mädchen, die jederzeit zu einer Prügelei bereit waren.
»Ich sag dir mal was, Jenn.
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