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Whisper

Whisper

Titel: Whisper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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hinaus, spielte daran, drehte es ein Stück nach rechts, dann wieder nach links, bis David ihr in die Seite zwickte. »Schieß jetzt oder ich sterbe!«
    Noa musste lachen, es war ein mächtiges, mitreißendes Gefühl, das tief aus ihrem Inneren kam und das sie beinahe vergessen hatte. Erstaunt stellte sie fest, wie kraftvoll Freude sein konnte. Die Kamera wackelte in ihren Händen, weil sie so lachen musste, die Bilder wurden unscharf, aber das machte nichts. Nichts machte etwas, alles war herrlich, die Welt duftete, strahlte, blühte und sie war weit, unendlich weit und wunderbar.
    Noa ließ die Kamera sinken, hockte sich neben David ins Gras und kitzelte ihn, bis die Herzblätter von seinem Bauch auf die Erde hüpften.
    »Du willst Ärger, stimmt’s?« David packte ihre Hand und ignorierte ihr Kreischen, das weit über den menschenleeren See hallte. Er zog sie mit sich hoch, nahm sie auf den Arm und trug sie wie eine strampelnde Puppe zum Ufer und weiter, in den See hinein, der köstlich kalt war.
    Auf dem glitschigen Boden rutschte er aus und im nächsten Moment lagen sie beide im Wasser. Noa tauchte unter, kam prustend wieder an die Oberfläche, spritzte David nass, schimpfte und lachte in einem Atemzug. Tropfen flogen schillernd in die Luft und in Davids gespielte Hilferufe mischte sich das Gröck-Gröck-Orrr eines Haubentauchers, der am anderen Ende des Sees aus dem Wasser emporkam.
    »Ich hab was im Auge«, stöhnte David. »Hilf mir, ich hab was im Auge, es tut weh!«
    Erschrocken schwamm Noa zu ihm, untersuchte sein Auge, da schossen seine Hände hervor. Grinsend umfasste er ihre Schultern, zog sie mit sich unter Wasser, wo er sie küsste, eine kleine Ewigkeit lang, bis sie keine Luft mehr bekam und sich freistrampeln musste.
    »Du mieser Schuft«, japste sie, zurück an der Oberfläche. »Was fällt dir ein?«
    »Was mir einfällt?« David tauchte unter und glitt an ihrem Körper wieder zu ihr auf, wobei seine Haut die ihre berührte. Glatt und kühl war sie jetzt und Noa fühlte wieder dieses leichte, elektrisierte Beben in ihrem Körper.
    »Wenn ich dich sehe, fällt mir etwas sehr Wichtiges ein.«
    »Und was?«
    »Das willst du wirklich wissen?«
    Noa nickte, aber ihr Herz schlug plötzlich schnell und hart, als hätte sie sich auf ein zu hohes Sprungbrett gewagt.
    »Wenn ich dich sehe, fällt mir ein, dass das Leben ein Geschenk ist«, sagte David. Er sagte es leise und sein Gesicht wurde ernst. Neben seiner Schulter tauchte eine Libelle auf, ein schlankes, blau schillerndes Wesen, das seinen Kopf umschwirrte und gleich darauf wieder entschwand.
    Noa wollte etwas antworten, aber David verschloss ihren Mund mit seinem Finger. Dann löste er sich von ihr und kraulte mit kräftigen Zügen dem anderen Ufer entgegen.
    Als er wiederkam, lag Noa auf ihrem Handtuch. Die Sonne hatte ihre Haut innerhalb von Minuten getrocknet und Davids kühle, nasse Hand ließ sie zusammenzucken. Tropfen perlten aus seinem Haar auf ihre Schultern und hingen in seinen Wimpern, aber als seine Fingerspitzen den Strang ihres Bikinis berührten, machte sich etwas in Noa starr.
    Sofort hielt David inne. »Ich lass dir Zeit«, flüsterte er in ihr Ohr. »Hab keine Angst, ich lass dir so viel Zeit, wie du brauchst.«
    Noa nickte und hielt sich fest an Davids Hand. Die Tropfen, die jetzt an ihren Wangen herabliefen, waren salzig und warm. »Wie ist Berlin?«, fragte David, nachdem sie eine ganze Weile geschwiegen hatten. Er lag jetzt neben Noa auf dem Rücken und hatte sich eine Zigarette angezündet.
    »Groß«, erwiderte sie. »Berlin ist ein großes, stinkendes Monster. Aber es kann auch sehr schön sein.« Die Papiere fielen ihr ein, die Information über Universitäten, die sich David aus dem Internet ausgedruckt hatte. »Du willst studieren, stimmt’s? Die Berliner Uni ist gut, ich könnte mir vorstellen –«
    »Du kannst dir gar nichts vorstellen.«
    Davids Stimme klang jetzt hart, so hart, als wäre das, was er vorhin im See gesagt hatte, aus einem anderen Mund, von einem anderen Menschen gekommen.
    »Doch«, sagte sie sanft. »Doch, ich kann mir etwas vorstellen. Ich kann mir vorstellen, dass du glaubst, du kannst hier nicht weg. Weil du deine Mutter und deinen Bruder nicht alleine lassen kannst. Ich lebe dein Leben nicht, ich fühle nicht, was du fühlst, ich trage deine Verantwortung nicht. Aber das heißt nicht, dass ich mir nicht vorstellen kann, was dich daran hindert, deine Träume zu verwirklichen. Ich finde dich sehr

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