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Whisper

Whisper

Titel: Whisper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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Anführer gerichtet wie dressierte Kampfhunde, die auf das Zeichen ihres Herrchens warteten.
    Aber der Feuermelder ließ sich Zeit. Er setzte die Dose Bier an die Lippen, leerte sie in einem Zug und zerquetschte sie in seiner Hand, bevor er sie auf Noas Handtuch warf. Dann rülpste er, laut und lange.
    Zwei der Jungs grinsten, einer lachte.
    Und der Feuermelder kam auf Noa zu. In seiner Hand schwenkte er die Kamera, hin und her. Noa stand wie festgenagelt am Boden, Füße und Hände kalt und klamm, ihr ganzer Körper ein einziges stummes Zittern.
    »Ach je. Das magere Hühnchen kriegt Gänsehaut, Jungs, seht ihr das?« Der Feuermelder drehte sich zu den anderen um, wandte sich dann aber gleich wieder Noa zu, den Kopf in den bulligen Nacken werfend. »Hey, du Huhn, steh nicht so blöd da rum, mach mal ’ne Pose und sag Cheese für den lieben Onkel. Holla, die Waldfee, bin ich mal gespannt, was dein kleiner Prinz zu den Fotos sagen wird. Tz, tz, tz …«, der Feuermelder nahm die Kamera vom Gesicht, schürzte die blassen Lippen und fixierte Noa mit seinen fast wimpernlosen Augen. Der blaulila Bluterguss zog sich von der Nase bis zum linken Auge hinauf. »Da soll er man sehen, was er davon hat, wenn er sein kleines Prinzesschen ganz allein in der freien Wildbahn zurücklässt.«
    Der Feuermelder kam noch ein paar Schritte näher und setzte die Kamera wieder ans Auge. »Na los, Püppchen, sag Cheese , wird’s bald.«
    Nichts wurde. Noa öffnete den Mund, um zu schreien, aber alles, was herauskam, war ein heiseres Krächzen, und während ihre Füße immer mehr mit dem Boden zu verwachsen schienen, zitterten ihre Beine, als wollten sie wegbrechen. Sie schwankte.
    Die Kamera klackte, einmal, zweimal, dreimal, dann hielt Dennis sie nach hinten, ohne den Blick dabei von Noa abzuwenden. »So wird das nichts. Ich glaube, wir machen das anders. Mücke, du darfst knipsen, ich bring das Hühnchen mal ein bisschen zum Flattern.«
    Der Junge, den der Feuermelder Mücke genannt hatte, löste sich aus der Reihe und griff nach der Kamera. Er sah nicht aus wie eine Mücke, er war groß und schlaksig und hatte mit seinen viel zu langen Armen eher etwas Affenartiges.
    Weglaufen, dachte Noa, als der Junge die Kamera ans Gesicht setzte und der Feuermelder immer näher auf sie zukam. Ich muss weglaufen. Aber sie konnte nicht. Sie stand nur da, bis der Feuermelder so dicht vor ihr war, dass sie seinen Bieratem riechen konnte. Da schob sich plötzlich ein anderes Gesicht vor das seine und in Noa stieg eine wilde, verzweifelte Wut auf. Ohne zu denken und mit aller Kraft, trat sie ihm zwischen die Beine.
    Der Feuermelder fiel zu Boden, stöhnend und schreiend lag er da, aber als Noa endlich loslaufen konnte, packte er sie bei den Fesseln und zerrte sie zu sich herab. Mit einem Satz war er über ihr. Seine klobigen Knie pressten sich auf ihre Oberarme, während seine Hände ihre Gelenke umschlossen. Wie Schraubstöcke zog sich sein Griff zusammen. Noa spürte, wie alles Blut aus ihren Händen wich, wie ihre Finger starr und taub wurden.
    Was die anderen Jungs taten, konnte sie nicht sehen, aber sie spürte, dass jetzt von hinten jemand an sie herantrat. Dennis’ Mund klappte auf.
    »Lass sie los!«
    Die leisen Worte, schneidend scharf wie eine Rasierklinge, drangen in Noas Ohr, während der Feuermelder noch immer mit aufgeklapptem Mund nach oben glotzte, ohne sich zu rühren und ohne den Griff zu lockern.
    »Lass sie los!«
    Es war Robert. Er kam um Noa herum, ließ den mit roten Blüten gefüllten Korb in seiner Hand fallen, packte den Feuermelder an den Haaren und zerrte ihn von ihr weg. »Mach, dass du verschwindest, bevor ich mich vergesse.«
    »Ach ja?« Dennis’ Stimme klang trotzig, aber dahinter schwang die Angst. »Und was passiert, wenn du dich vergisst? Zückst du dann dein Messer so wie bei meinem Vater damals oder bringst du mich um wie …«
    Weiter kam er nicht. Robert holte zu einem Schlag aus, aber der Feuermelder riss sich von ihm los, schreiend, weil ein Büschel seiner Haare in Roberts Hand geblieben war. Mit einem Satz war er auf den Beinen, stürzte zu den anderen, die ebenfalls im Begriff waren, wegzulaufen, und schrie ihm zu: »Ich sag’s meinem Vater, der bringt dich in den Knast, wo du hingehörst.«
    Dann lief er weg, gefolgt von den anderen.
    Noa hatte sich aufgesetzt. Als sich Robert über sie beugte, wurde das Zittern in ihr so stark, dass sie die Zähne aufeinander schlug. Die Schritte hörte sie gar nicht. Nur

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