Wicked - Die Hexen von Oz
für Ihre FüÃe. Oben singen und loben wir derweil den Namenlosen Gott. Ich werde für Sie beten.«
»Nicht nötig â¦Â«, sagte die gespenstisch grüne Asylsucherin und lieà den Kopf auf das Kissen zurücksinken.
»Das tue ich doch gern«, sagte die Novizin ein wenig bissig und floh davon, gerade noch rechtzeitig für den Prozessionschoral.
Eine Weile war es still im Wintergarten. Der Schnee fiel gleichmäÃig, wie von einer Maschine produziert, sanft und hypnotisierend. Die Blüten der Marginiumpflanzen gingen in der zunehmenden Kälte ein Stück weit zu. Ãllampen ruÃten ihren dunklen Trauerflor in die Luft. Auf der anderen Seite des Gartens, kaum zu erkennen durch den Schnee und die beiden Scheiben, begann eine uralte Nonne, deren Gedächtnis weiter zurückreichte als das ihrer Schwestern, eine anstöÃige heidnische Hymne an Lurlina zu brummeln.
Da schob sich eine der Alten in einem Rollstuhl ganz langsam an die schlotternde Gestalt der Neuen heran. Sie beugte sich vor und schnupperte. Aus der umgehängten blauweià karierten Decke kamen ihre alten Hände hervor und griffen nach Elphaba.
»Ach, das arme Püppchen ist krank, das arme Püppchen ist müde«, sagte sie. Wie vorher die Novizin betastete sie die Handgelenke nach offenen Wunden. Nichts. »Unverletzt, und doch hat das arme Püppchen Schmerzen.« Es klang beinahe befriedigt. Die Decke rutschte ein wenig zurück und entblöÃte eine nur noch spärlich behaarte Schädelplatte. »Das arme Püppchen ist schwach, das arme Püppchen leidet«, fuhr sie fort. Sie schaukelte ein wenig und drückte Elphabas Hände, wie um sie zu wärmen, doch es war fraglich, ob ihr träger alter Kreislauf eine Fremde wärmen konnte, wo er sie doch selbst kaum warm bekam. Dennoch rieb und drückte sie weiter. »Das arme Püppchen ist völlig am Ende«, murmelte sie. »Frohes Fest dir und allen anderen. Komm, meine Kleine, leg deinen Kopf an meine alte Brust. Das alte Mütterchen macht alles wieder gut.« Sie konnte Elphaba nicht aus ihrer qualvollen Starre ziehen. Sie konnte nur Elphabas Hände fest umschlossen halten wie Kelchblätter eine noch ungeöffnete junge Blüte. »Komm, mein Liebling, alles wird wieder gut. Ruh dich aus an der Brust der verrückten Mutter Schackel. Mutter Schackel macht dich wieder gesund.«
IV
IM WINKUS
Die Reise
1
Am Tage, an dem die Siebenjahresnonne Abschied nehmen sollte, zog die Schwester Ãkonomin den groÃen eisernen Schlüssel aus ihrem Busen und sperrte das Magazin auf. »Tritt ein«, sagte sie. Sie nahm drei schwarze Kleider, sechs Mieder, Handschuhe und ein Schultertuch aus dem Schrank. Sie händigte ihr auch den Besen aus. Zuletzt noch für Notfälle einen Korb mit Heilmitteln: Kräuter und Wurzeln, Tinkturen, Salben und Balsame.
Es gab auch Papier, wenn auch nicht mehr als ein Dutzend Blätter in verschiedenen Formaten und Stärken. Papier wurde in Oz immer knapper. »Geh sparsam damit um«, riet die Schwester Ãkonomin. »Du bist ein kluger Kopf, trotz deiner Verschlossenheit.« Sie fand eine Schreibfeder, eine Phönixfeder, bekannt für die Haltbarkeit und Stärke des Kiels. Drei Töpfchen schwarze Tinte, rundherum dick mit Wachs versiegelt.
Uda Lahmhand wartete mit der alten Mutter Oberin im Wandelgang. Das Kloster zahlte einen anständigen Preis für diesen Dienst, und Uda brauchte das Geld. Doch die unfreundliche Nonne, die von der Schwester Ãkonomin hereingeführt wurde, gefiel ihr nicht. »Das ist Ihr Fahrgast«, sagte die Mutter Oberin. »Sie heiÃt Schwester Aelphaba. Viele Jahre lang hat sie einsam gelebt und Kranke gepflegt. Darüber ist ihr die Geschwätzigkeit vergangen. Aber es ist an der Zeit, dass sie weiterzieht, und das wird sie jetzt tun. Sie wird Ihnen nicht zur Last fallen.«
Uda besah sich die Frau und sagte: »Beim Wildbahnzug ist das Ãberleben der Mitreisenden nicht gesichert, Mutter. Ich habe in denletzten zehn Jahren ungefähr zwei Dutzend Fahrten geleitet, und es hat mehr Tote gegeben, als ich zugeben mag.«
»Sie fährt aus freien Stücken mit«, sagte die Mutter Oberin. »Sollte sie irgendwann umkehren wollen, würden wir sie wieder aufnehmen. Sie gehört zu uns.«
Sie machte auf Uda den Eindruck, nirgends hinzugehören, nicht Fisch und nicht Fleisch zu sein, nicht dumm und
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