Wicked - Die Hexen von Oz
hat ein Haus in der Stadt. Im Winter, als ich fünfzehn war, wurde ich dort in die Gesellschaft eingeführt. Damals war Ozma die Gallige an der Macht, so genannt wegen ihres kranken Magens. Sie hatte eine Statur wie ein Seewal, trug aber wunderschöne Kleider. Ich sah sie mit ihrem Mann Pastorius beim Ozer Gesangs- und Gefühlsfest.« Â
»Sie ist nicht mehr Königin?«, fragte Schildkrötenherz verwirrt.
»Sie starb unter unglücklichen Umständen, bei denen Rattengift im Spiel war«, sagte Frex.
»Aber ihr Geist«, sagte Ãmmchen, »ging auf ihr Kind über, Ozma Tippetarius.«
»Die derzeitige Ozma ist etwa so alt wie Elphaba«, sagte Melena, »deshalb ist ihr Vater Pastorius der Ozma-Regent. Der Gute wird regieren, bis Ozma Tippetarius alt genug ist, um den Thron zu besteigen.«
Schildkrötenherz schüttelte den Kopf. Frex war verstimmt, weil sie so viel über die weltliche Herrschaft statt über das ewige Reich geredet hatten.
Doch trotz seiner Ãrgers war Frex froh, zu Hause zu sein. Wegen Melenas Schönheit â beim Sonnenuntergang bekam sie beinahe etwas Leuchtendes â und wegen des Ãberraschungsgastes Schildkrötenherz, der unbefangen lächelnd neben ihm saÃ. Vielleicht lag es an dessen religiöser Unbedarftheit, die Frex reizte und anzog, ja geradezu verlockte.
»Dann gibt es noch den Drachen, der am Grunde von Oz in einer verborgenen Höhle lebt«, sagte Ãmmchen gerade zu Schildkrötenherz. »Der Drache, der die Welt erträumt hat und der sie mit seinem Feuer verbrennen wird, wenn er erwacht â«
»Jetzt hör aber mit diesem abergläubischen Mumpitz auf!«, schrie Frex.
Elphaba kam auf allen vieren über den unebenen Dielenboden gekrabbelt. Sie bleckte die Zähne â als ob sie wüsste, was ein Drache war, als ob sie selbst Drache spielte â und brüllte. Mit ihrer grünen Haut konnte man sie glatt für ein Drachenkind halten.
Kinderspiel
G egen Ende des Sommers sagte Ãmmchen eines Nachmittags: »DrauÃen treibt sich ein wildes Tier herum. Ich habe es in der Dämmerung mehrmals durch die Farne schleichen sehen. Was für Tiere leben eigentlich hier in den Bergen?«
»Nichts, was gröÃer ist als ein Hamster«, sagte Melena. Sie waren am Bach und machten die Wäsche. Die kurze Nässeperiode im Frühling war schon lange vorbei, und die Dürre lag wieder schwer auf dem Land. Der Bach war nur ein dünnes Rinnsal. Elphaba, die nicht in die Nähe des Wassers ging, schüttelte von einem wilden Birnbaum die krüppligen Früchte ab. Sie hing mit Händen und FüÃen am Stamm und warf den Kopf hin und her, dann fing sie das saure Fallobst mit den Zähnen auf und spuckte Kerne und Stiel auf den Boden.
»Es ist ganz gewiss gröÃer als ein Hamster«, sagte Ãmmchen. »Glaube mir. Habt ihr Bären? Es könnte ein Bärenjunges gewesen sein, obwohl es sich mächtig schnell bewegt hat.«
»Keine Bären. Es gibt Gerüchte über Felsentiger auf der Bergkuppe, aber soweit ich weiÃ, ist seit Urzeiten keiner mehr gesichtet worden. Und Felsentiger sind notorisch scheu und nervös. Sie kommen nicht in die Nähe der Menschen.«
»Dann eben ein Wolf. Gibt es Wölfe?« Ãmmchen lieà das Laken im Wasser liegen. »Es könnte ein Wolf gewesen sein.«
»Ãmmchen, du denkst, du bist in der Wüste. Wederhartung ist trostlos, zugegeben, aber es ist doch keine Wildnis. Du machst mir Angst mit deinem Gerede von Wölfen und Tigern.«
Elphaba, die noch nicht redete, machte tief im Hals ein leises Knurren.
»Mir gefällt das nicht«, sagte Ãmmchen. »Lass uns schnell fertigwaschen und die Sachen im Garten trocknen. Genug ist genug. AuÃerdem gibt es noch andere Dinge, die ich dir sagen möchte. Wir lassen das Kind bei Schildkrötenherz und gehen irgendwohin.« Sie schüttelte sich. »Wo es sicher ist.«
»Was du zu sagen hast, kannst du auch in Elphabas Beisein sagen«, meinte Melena. »Du weiÃt doch, dass sie kein Wort versteht.«
»Du verwechselst nicht sprechen mit nicht horchen«, sagte Ãmmchen. »Ich glaube, sie versteht eine ganze Menge.«
»Sieh nur, sie schmiert sich Obstmatsch an den Hals, wie ein Parfüm.«
»Wie eine Kriegsbemalung, meinst du wohl.«
»Ach Ãmmchen, sei keine Gans und schrubbe lieber
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