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Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
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nahm das Ding in die Hand. Sie berührte es sacht und steckte sein Köpfchen in den Mund. Frex machte sich auf das unvermeidliche Knacken gefasst und nahm sich vor, den Seufzer der Enttäuschung zu unterdrücken. Doch Elphaba biss nicht zu. Sie lutschte den Kopf und sah ihn sich wieder an. Nass wirkte er lebendiger.
    Â»Er gefällt dir«, sagte Frex.
    Sie nickte und begann, die Flügel zu betasten. Jetzt wo sie abgelenkt war, konnte Frex sie zwischen seine Knie ziehen. Er schmiegte sein krausbärtiges Kinn in ihre Haare – sie roch nach Seife und Holzrauch und leicht angebranntem Toast, ein gesunder Geruch –, und er schloss die Augen. Es war gut, zu Hause zu sein.
    Er hatte den Winter in einer verlassenen Schäferhütte auf der Windseite des Greifenkopfs zugebracht, hatte gebetet und gefastet, war tiefer in sich hinein und dann weiter aus sich heraus gegangen. Warum auch nicht? Zu Hause hatte er den Hohn und Spott der Leute im ganzen dichtbesiedelten Tal des Übelsees gefühlt; sie hatten die Lügengeschichte des Zeitdrachens von einem verdorbenen Geistlichen mit der Ankunft eines missgebildeten Kindes zusammengebracht. Sie hatten ihre eigenen Schlüsse gezogen. Sie mieden seine Gottesdienste. Daher war ihm eine Art Einsiedlerleben, wenigstens zeitweise, sowohl als Buße erschienen wie auch als Vorbereitung auf etwas anderes, etwas Zukünftiges  – aber was?
    Er wusste, dass dies nicht das Leben war, das Melena sich erhofft hatte, als sie ihn heiratete. Bei seiner Herkunft hatte man angenommen, dass ihm die Ernennung zum Prokurator oder irgendwann sogar zum Bischof sicher war. Er hatte sich vorgestellt, wie glücklich sich Melena als Dame der großen Gesellschaft fühlen würde, wenn sie bei Feiertagsessen und Wohltätigkeitsbällen und bischöflichen Teerunden den Vorsitz führte. Stattdessen – im Feuerschein sah er, wie sie eine letzte, schlaffe Wintermohrrübe über ein Fischgericht raspelte – verkümmerte sie hier in einer schwierigen Ehe an einem kalten, düsteren Seeufer. Frex hatte den Eindruck, dass sie ihn hin und wiedernicht ungern ziehen ließ, damit sie sich freuen konnte, wenn er wieder heimkehrte.
    Während er so grübelte, kitzelte sein Bart Elphaba im Nacken, und sie biss die Flügel von ihrem Holzspatz ab und saugte an dem übriggebliebenen Rumpf. Dann entwand sie sich ihm, lief zu einer Glaslinse, die an der vorspringenden Dachkante hing, und schlug danach.
    Â»Nicht! Du machst es kaputt!«, sagte ihr Vater.
    Â»Das mag sie nicht kaputt machen können.« Der Wanderer aus Quadlingen kam vom Spülstein, wo er abgewaschen hatte.
    Â»Sie hat gerade ihr Spielzeug verstümmelt«, sagte Frex und deutete auf das zerbrochene Vögelchen.
    Â»Sie hat gern die halben Sachen«, sagte Schildkrötenherz. »Glaube ich. Das kleine Mädchen mag besser spielen mit den kaputten Teilen.«
    Frex verstand nicht ganz, nickte aber. Er wusste, dass die Monate ohne menschliche Gespräche ihn anfangs unbeholfen machten. Der Junge aus dem Wirtshaus, der den Greifenkopf hinaufgestiegen war, um auszurichten, dass Ämmchen in Hintersteinfurt abgeholt werden wollte, hatte den knurrigen und struppigen Frex offensichtlich für einen wilden Mann gehalten. Frex hatte etwas aus der Ozias zitieren müssen, um sich halbwegs als Mensch auszuweisen: »Land der grünen Fülle, reich belaubtes Land.« Mehr war ihm nicht eingefallen.
    Â»Warum kann sie es nicht kaputt machen?«, fragte Frex.
    Â»Weil ich es nicht gemacht haben mag, kaputt zu gehen«, antwortete Schildkrötenherz. Dabei lächelte er Frex an, ohne Aggression, während Elphaba mit dem schimmernden Glas herumtaperte, als ob es ein Spielzeug wäre, und damit Schatten, Spiegelungen, Lichter einfing.
    Â»Wohin gehen Sie?«, fragte Frex genau in dem Moment, als Schildkrötenherz fragte: »Woher kommen Sie?«
    Â»Ich bin ein Munchkin«, sagte Frex.
    Â»Ich dachte, alle Munchkins mögen kleiner sein als ich oder Sie.«
    Â»Die Bauern ja, die Landbevölkerung«, sagte Frex. »Aber in Familien von etwas edlerer Abstammung wurde von einem bestimmten Punkt an in die Höhe geheiratet. Und Sie? Sie sind aus Quadlingen.«
    Â»Ja«, antwortete der Quadlinger. Seine rötlichen Haare waren gewaschen und bildeten jetzt, wo sie trockneten, einen luftig abstehenden Bausch. Frex sah es gern, dass Melena so

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