Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
Vom Netzwerk:
dann zum Herbst. Also ließ Galinda Elphaba allein und flog ein paar Zimmer weiter, um mit ihren neuen Freundinnen zu schwatzen. Milla, Fanny, Schenschen. Wie in Kinderbüchern über das Internatsleben war jede neue Freundin reicher als die davor.
    Zuerst erwähnte Galinda nicht, wer ihre Stubenkameradin war. Und von Elphabas Seite gab es keinerlei Anzeichen, dass sie auf den Umgang mit Galinda Wert legte, was eine gewisse Erleichterung war. Aber früher oder später musste der Klatsch beginnen. Die erste Welle des Elphabagetuschels betraf ihre Garderobe und ihre offensichtliche Armut, als ob ihre Kommilitoninnen zu fein dazu wären, ihre abstoßende Hautfarbe zu bemerken. »Jemand hat mir erzählt, die Rektorin hätte gesagt, Damsell Elphaba sei die Thropp dritten Gliedes aus Nestenhartung«, sagte Milla, die ebenfalls aus Munchkinland war, aber eine von der kleinwüchsigen Sorte, nicht normal groß wie die Thropps. »Die Familie Thropp ist in Nestenhartung und auch anderswo hochangesehen. Eminenz Thropp ließ die Landeswehr aufstellen und die Gelbe Ziegelstraße aufreißen, die der Ozma-Regent ins Land gelegt hatte, als wir alle noch klein waren – vor der Glorreichen Revolution. Weder Eminenz Thropp noch seine Frau oder seine Familie einschließlich seiner Enkeltochter Melena hatte irgendetwas Unschickliches, das kann ich euch versichern.« Mit unschicklich meinte Milla natürlich grün.
    Â»Ja, ja, so kommen die Hohen zu Fall. Sie läuft herum wie eine Zigeunerin«, bemerkte Fanny. »Habt ihr jemals eine derart geschmacklose Aufmachung gesehen? Ihre Muhme sollte gefeuert werden.«
    Â»Ich glaube, sie hat gar keine Muhme«, sagte Schenschen. Galinda, die das sicher wusste, sagte nichts.
    Â»Es hieß, sie hätte eine Zeitlang in Quadlingen gelebt«, fuhr Fanny fort. »Vielleicht waren ihre Eltern als Verbrecher dort in der Verbannung?«
    Â»Oder sie haben mit Rubinen spekuliert«, sagte Schenschen.
    Â»Wo ist dann das Geld geblieben?«, versetzte Fanny. »Leute, die mit Rubinen spekuliert haben, sind reich geworden, Damsell Schenschen. Unsere Damsell Elphaba hat keinen roten Heller, über den sie frei verfügen könnte.«
    Â»Vielleicht ist es eine Art religiöses Gelübde? Eine freiwillige Armut?«, meinte Milla, und bei dieser absurden Vorstellung warfen sie alle den Kopf in den Nacken und lachten.
    Als Elphaba in die Mensa kam, um eine Tasse Kaffee zu trinken, wurde das Lachen noch lauter. Elphaba sah nicht zu ihnen hinüber, doch alle anderen Studentinnen warfen ihnen heimliche Blicke zu, und jedes Mädchen hätte furchtbar gern mitgelacht, was den vier neuen Freundinnen einen zusätzlichen Genuss bescherte.
    Was das Lernen betraf, tat sich Galinda anfangs schwer. Sie hatte ihre Zulassung zur Shizer Akademie gewissermaßen als einen Tribut an ihre Blitzgescheitheit aufgefasst und war der Meinung gewesen, dass sie mit ihrer Schönheit und einer geistreichen Bemerkung hin und wieder eine Zierde für die Hallen der Gelehrsamkeit sein würde. Bedrückt gestand sie sich ein, dass sie von sich das Bild einer lebenden Marmorbüste gehabt hatte: Hier kommt die verkörperte jugendliche Intelligenz, bewundert sie!
    Galinda hatte sich gar nicht klargemacht, dass es tatsächlich etwas zu lernen gab und, was noch wichtiger war, dass man von ihr erwartete, sich anzustrengen. Das Bildungserlebnis, das sämtliche neuen Studentinnen hauptsächlich ersehnten, hatte natürlich nicht das Geringste mit Madame Akaber oder den dozierenden Tieren an Pulten und Tafeln zu tun. Was die Mädchen wollten, waren keine Vorlesungen, keine Gleichungen oder Zitate – sie wollten Shiz pur. Das Stadtleben. Das breite, aufreizende Spektrum des Lebens und des Lebens in fließendem Übergang.
    Es erleichterte Galinda, dass Elphaba nie an den Ausflügen teilnahm, die von den Muhmen organisiert wurden. Da sie häufig zu einem kleinen Imbiss einkehrten, erhielt der einmal wöchentlich ausfliegende Wanderverein den Spitznamen »Die Zug- und Brutvögel«. Der Akademiebezirk leuchtete von den Farben nicht nur des Herbstlaubs, sondern auch der Verbindungswimpel, die auf Dachfirsten und Türmchen flatterten.
    Galinda vertiefte sich in die Architektur von Shiz. Hier und da, hauptsächlich in geschützten Kolleghöfen und Nebenstraßen, standen noch uralte, windschiefe Fachwerkhäuser mit

Weitere Kostenlose Bücher