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Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
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Belustigung, ist doch die Kehrseite der Sache besorgniserregender. Madame Akaber, ich muss Ihnen sagen, dass Muhme Schnapp mitunter vergisst, dass Menschen lebendig sind. Oder Tiere.« Galinda stockte und fügte dann hinzu. »Oder auch Tiere .«
    Â»Nur weiter, meine Liebe.«
    Â»Mir macht es nichts aus, weil die Muhme mein Leben lang auf mich aufgepasst hat und ich sie kenne. Ich weiß, wie sie ist. Aber manchmal kann sie vergessen, dass jemand da ist oder dass er sie braucht oder dass er ein Mensch ist. Einmal hat sie einen Kleiderschrank gereinigt und ihn dabei umgestoßen, so dass er auf den Hausdiener fiel und ihm das Rückgrat brach. Sie nahm sein Schreien überhaupt nicht wahr, obwohl er unmittelbar vor ihren Füßen lag. Sie legte die Nachthemden zusammen und führte ein Gespräch mit dem Abendkleid meiner Mutter, in dem sie ihm alle möglichen impertinenten Fragen stellte.«
    Â»Was für ein faszinierendes Gebrechen«, sagte Madame Akaber. »Und wie außerordentlich belastend für Sie.«
    Â»Ich durfte nicht zulassen, dass ihr die Verantwortung für vierzehn andere Mädchen übertragen wurde«, erklärte Galinda. »Für mich allein geht es durchaus. Ich liebe sie in ihrer ganzen Wirrköpfigkeit, quasi.«
    Â»Und was ist mit Ihrer Stubenkameradin? Können Sie deren Wohlergehen aufs Spiel setzen?«
    Â»Ich habe nicht darum gebeten, mit ihr zusammenzuziehen.« Galinda sah der Rektorin in die starren, kalten Augen. »Das arme Munchkinmädchen scheint ein entbehrungsreiches Leben gewohnt zu sein. Entweder sie arrangiert sich damit, oder, was ich vermute, sie wird darum ersuchen, aus meinem Zimmer verlegt zu werden. Das heißt, sofern Sie sich nicht jetzt schon verpflichtet fühlen, die Damsell um ihrer eigenen Sicherheit willen zu verlegen.«
    Madame Akaber sagte: »Falls Damsell Elphaba nicht mit dem leben kann, was wir ihr geben, dann wird sie das Grattler-Kolleg wohl von sich aus verlassen müssen. Meinen Sie nicht auch?«
    Es war das »wir« in »was wir ihr geben«: Madame Akaber band Galinda in ein gemeinsames Handeln ein. Das war beiden klar. Galinda rang darum, ihre Eigenständigkeit zu bewahren. Doch sie war erst siebzehn, und ihr war erst Stunden zuvor im Großen Saal ebenfalls die Schmach widerfahren, ausgeschlossen zu werden. Sie wusste nicht, was Madame Akaber außer dem Aussehen an Elphaba auszusetzen haben konnte. Aber irgendetwas gab es, ganz eindeutig. Nur was? Sie fühlte, dass es irgendwie nicht richtig war. »Meinen Sie nicht, meine Liebe?«, wiederholte Madame Akaber, wobei sie sich leicht vorbeugte wie ein Fisch, der sich im Sprung krümmt.
    Â»Gewiss doch, wir müssen tun, was wir können«, sagte Galinda so vage wie möglich. Auf einmal fühlte sie sich ihrerseits wie ein Fisch, ein Fisch, der an einem höchst raffinierten Haken hing.
    Aus einer dunklen Ecke des Empfangszimmers kam ein kleines Tiktakding, keinen Meter groß, aus blitzblanker Bronze. Auf einem vorn angeschraubten Schild stand in kunstvoller Schnörkelschrift Schmitt und Spengler – Maschinenmann. Der mechanische Diener räumte die leeren Teetassen ab und surrte davon. Galinda wusste nicht, wie lange er schon dort gestanden oder was er gehört hatte, aber Tiktaks hatte sie noch nie leiden können.
    Elphaba litt stark an Lesewut, wie Galinda es nannte. Weniger zusammengerollt – dazu war sie zu knochig – als zusammengeklappt lag sie auf dem Bett und steckte ihre spitze grüne Nase in die vergilbten Seiten eines Buchs. Sie wickelte beim Lesen Haarsträhnen um ihre Finger, Finger, die so dünn und zweigartig waren, dass sie fast wie Sporne eines Außenskeletts wirkten. Ihre Haare wurden niemals lockig, einerlei wie oft Elphaba sie eindrehte. Bei aller Eigentümlichkeit waren es schöne Haare, deren Glanz an den Pelz einer Güldantilope erinnerte. Schwarze Seide. Zu Fäden versponnener Kaffee. Mitternachtsregen. Obwohl sie im Allgemeinen nicht zu dichterischen Vergleichen neigte, fand Galinda Elphabas Haare berückend, umso mehr, als das Mädchen ansonsten hässlich war.
    Sie redeten nicht viel miteinander. Galinda war zu beschäftigt damit, Verbindungen zu den besseren Mädchen zu knüpfen, die ihr von Rechts wegen als Stubenkameradinnen zugestanden hätten. Zweifellos würde sie in den Ferien das Zimmer wechseln können, und wenn das nicht,

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