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Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
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muss Ihnen sagen, dass Sie wenig bis nichts vom heutigen Zustand des Landes wissen. Sie haben keine Ahnung von dem Ausmaß, das die Unruhen erreicht haben. Gemeinden im Aufruhr, Volksgruppen im Kampf gegeneinander, Bankiers gegen Bauern und Fabriken gegen Ladenbesitzer. Oz ist ein brodelnder Vulkan, der jeden Moment auszubrechen und uns in seinem giftigen Eiterstrom zu verbrennen droht.
    Unser Zauberer scheint stark genug zu sein. Aber stimmt das? Ist er das wirklich? Er ist innenpolitisch versiert. Er ist auf Zack, wenn ermit den Ausbeutern von Ev, Jemmiko oder Fliaan Wechselkurse aushandelt. Er regiert die Smaragdstadt mit einem Fleiß und einer Effektivität, wie sie die entartete und verlebte Ozma-Linie nicht im Traum erreicht hätte. Ohne ihn wären wir schon vor Jahren in einem Feuersturm weggefegt worden. Wir können ihm gar nicht genug danken. Eine starke Faust wirkt in einer verfahrenen Situation Wunder. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Aber ich will Sie nicht brüskieren. Jedenfalls taugt ein Mann immer gut als öffentliches Aushängeschild der Macht, oder nicht?
    Doch. Aber die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen. Und es ist schon seit längerem deutlich, dass die Tricks und Finten des Zauberers auf Dauer nicht ausreichen werden. Es wird zwangsläufig zu Volksaufständen kommen – dumme, sinnlose Empörungen, bei denen starke, einfältige Naturen sich begeistert für politische Veränderungen umbringen lassen, die binnen zehn Jahren wieder rückgängig gemacht werden. Das gibt dem sinnlosen Leben so richtig Sinn, meinen Sie nicht? Ein anderer Grund dafür ist eigentlich nicht denkbar. Wie dem auch sei, der Zauberer braucht Mitstreiter. Er braucht Generäle. Auf lange Sicht. Leute mit organisatorischen Fähigkeiten. Leute mit Grips im Kopf.
    Mit einem Wort: Frauen.
    Ich habe Sie drei Mädchen hergebeten. Sie sind zwar noch keine Frauen, aber der Tag ist nicht mehr fern, er ist näher, als Sie vielleicht denken. Trotz meines Urteils über Ihr Verhalten musste ich Sie auswählen. Jede von Ihnen hat Qualitäten, die nicht gleich ins Auge fallen. Sie, Damsell Nessarose, als die Neueste kann ich noch am schlechtesten einschätzen, aber wenn Sie erst einmal Ihren rührenden Religionsfimmel abgelegt haben, wird eine außerordentliche Führungspersönlichkeit zum Vorschein kommen. Ihre körperliche Behinderung ist dabei nicht von Bedeutung. Damsell Elphaba, Sie sind eine Einzelgängerin, und trotz meines Bindezaubers kochen Sie vor Zorn über jedes Wort, das ich sage. Das beweist große innere Kraft und Willensstärke, eine Eigenschaft, die ich unbedingt respektiere, auch wenn sie sich gegen mich richtet. Sie haben keinerlei Interessean der Zauberei gezeigt, und ich will nicht behaupten, Sie hätten eine natürliche Begabung. Aber Ihr wunderbarer eigenbrötlerischer Geist und Mut kann nutzbar gemacht werden, oh, das kann er, und Sie müssen Ihr Leben nicht in fruchtlosem Zorn verbringen. Und Damsell Glinda: Sie haben sich mit Ihrem Talent für die Zauberei selbst überrascht. Das ahnte ich schon. Ich hatte gehofft, Ihre Neigungen würden auf Damsell Elphaba abfärben, aber dass sie das nicht getan haben, ist nur ein weiterer Beweis für Damsell Elphabas eisernen Charakter.
    Ich sehe in Ihren Augen, dass Sie alle meine Methoden missbilligen. Wilde Gedanken gehen Ihnen durch den Kopf: Hat die makabre Akaber es veranlasst, dass dieser Nagel sich in den Fuß meiner Muhme Schnapp bohrte und ich mir deshalb mit Elphaba ein Zimmer teilen musste? Hat sie es veranlasst, dass Muhme Schnapp nach unten ging und den toten Geissbock fand, wodurch sie aus dem Weg geräumt werden konnte und sich die Notwendigkeit für Ämmchens und somit Nessaroses Erscheinen hier ergab? Wie schmeichelhaft, dass Sie mir solche Kräfte zutrauen.«
    Die Rektorin hielt inne und wurde beinahe ein bisschen rot, was bei ihr so war, wie wenn sich auf einer zu hoch gestellten Flamme beim Milchkochen die Sahne absondert. »Ich bin eine Helferin im Dienste von Höheren«, fuhr sie fort, »und mein besonderes Talent ist es, Talente zu fördern. Auf meine bescheidene Weise bin ich zur Erzieherin berufen, und darin leiste ich meinen kleinen Beitrag zur Geschichte.
    Um jetzt konkret zu werden. Ich möchte, dass Sie Ihre Zukunft bedenken. Ich möchte Sie drei zu Adeptinnen machen, weihen gewissermaßen. Auf lange Sicht

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