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Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
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»Meine Liebe, ich versuche, meine Schäfchen durch Sparsamkeit und eigenen Verzicht vor den schlimmsten Lebensmittelengpässen zu bewahren, aber für Ihre Unwissenheit bin ich nicht verantwortlich. Wenn die Leute dem Zauberer nur absolut gehorchen würden, gäbe es zu essen im Überfluss. Ist Ihnen nicht klar, dass wir am Rand einer Hungersnot stehen und dass zweihundert Meilen von hier die Kühe verhungern? Das verteuert die Safransahne auf dem Markt außerordentlich.« Glinda machte Anstalten, sich zu entfernen, doch Madame Akaber hielt sie mit ihren fleischigen, juwelenberingten Fingern auf. Die Berührung ließ Glinda das Blut in den Adern gefrieren. »Ich würde Sie und Damsell Nessarose und Damsell Elphaba gern sprechen«, sagte die Rektorin. »Bitte bleiben Sie noch, wenn die Gäste gegangen sind.«
    Â»Wir sind zu einer Strafpredigt bestellt«, flüsterte Glinda den Schwestern Thropp zu. »Wir werden einen Tadel bekommen.«
    Â»Kein Wort darüber, was Muhme Schnapp gesagt hat – oder dass sie noch einmal zu sich gekommen ist«, sagte Elphaba beschwörend. »Ist das klar, Nessa? Ämmchen?«
    Alle nickten. Boq und Avaric verkündeten beim Abschied, dass die Gruppe sich im Wirtshaus an der Regentenpromenade treffen wollte. Die Mädchen versprachen, nach ihrem Gespräch mit der Rektorin dazuzustoßen. Sie beschlossen, im Rosigen Pfirsich eine angemessenere Gedenkfeier für Muhme Schnapp abzuhalten.
    Als die kleine Schar sich verlaufen hatte und nur noch Grommetik Tassen und Kekskrümel beseitigte, schürte Madame Akaber persönlich das Feuer – eine vertrauliche Geste, die niemandem entging – und schickte ihren mechanischen Diener fort. »Später, Kerlchen«, sagte sie, »später. Geh dich irgendwo in einem Kämmerlein schmieren.« Grommetik rollte davon und machte dabei, sofern das möglich war, einen geradezu beleidigten Eindruck. Elphaba musste den Drang unterdrücken, ihn mit der Spitze ihres festen schwarzen Wanderstiefels zu treten.
    Â»Sie auch, Ämmchen«, sagte Madame Akaber. »Eine kleine Pause von Ihren Pflichten.«
    Â»O nein«, sagte Ämmchen. »Das Ämmchen lässt ihre Nessa nicht allein.«
    Â»Doch, das tut das Ämmchen. Ihre Schwester ist durchaus imstande, für sie zu sorgen. Nicht wahr, Damsell Elphaba? So eine mildtätige Seele, wie Sie sind.«
    Elphaba machte den Mund auf – das Wort »Seele«, wusste Glinda, provozierte sie immer –, aber schloss ihn gleich wieder. Mit einem unwilligen Nicken deutete sie zur Tür. Ohne ein Wort stand Ämmchen auf und ging, doch bevor die Tür sich hinter ihr schloss, sagte sie noch: »Auch wenn es mir nicht zukommt, Beschwerde zu führen, aber wirklich: keine Sahne? Auf einer Beerdigung?«
    Â»Hilfe«, stöhnte Madame Akaber, als die Tür zuging, aber Glinda war sich nicht sicher, ob es eine Kritik am Personal oder ein Aufrufzum Mitgefühl war. Die Rektorin sammelte sich, indem sie ihren Rock und die Schlitze und Litzen ihrer schicken Jacke richtete. Mit den rötlichen Kupferpailletten sah sie aus wie eine ausgepolsterte und hochkant gestellte große Goldfischgöttin. Wie ist sie überhaupt Rektorin geworden?, fragte sich Glinda.
    Â»Jetzt, wo Muhme Schnapp wieder zu Asche geworden ist, werden wir, nein, müssen wir tapfer weitermachen«, begann Madame Akaber. »Liebe Mädchen, als Erstes möchte ich Sie bitten, mir die traurige Geschichte ihrer letzten Worte zu erzählen. Das ist ein wesentlicher therapeutischer Schritt zur Überwindung des Schmerzes.«
    Die Mädchen vermieden es, sich anzusehen. Glinda, in dieser Situation die Sprecherin, holte tief Luft und sagte: »Ach, sie hat bis zum Schluss Unsinn gebrabbelt.«
    Â»Kein Wunder, geistig verwirrt, wie sie war«, sagte Madame Akaber. »Aber was für Unsinn?«
    Â»Das konnten wir nicht verstehen«, antwortete Glinda.
    Â»Ich habe mich gefragt, ob sie wohl vom Tode des Geissbocks gesprochen hat.«
    Glinda stutzte einen Moment. »Des Geissbocks ? Das kann ich wirklich nicht sagen –«
    Â»Ich hatte die Vermutung, dass sie in ihrem gestörten Zustand vielleicht auf diesen kritischen Augenblick zurückkommt. Sterbende versuchen häufig, sich im allerletzten Moment die Rätsel ihres Lebens zu deuten. Ein sinnloses Unterfangen. Zweifellos war Muhme Schnapp

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