Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)
auf halbem Weg zwischen dem Teller voller klebriger Früchte und dem Mund stehen. Lotta hatte die PEPITA gelesen, ich war so gut wie tot! Also erzählte ich in kurzen, abgehackten Sätzen von dem Frustbrief und seinen unerwarteten Folgen.
„Du willst also als Dr. Thea von Grünberg nach Frankfurt fahren und die Stelle als Redakteurin annehmen? Das hätte ich mich nicht getraut.“
Ich setzte mich gerade und versuchte eine zuversichtliche Mine. „Wovor soll ich Angst haben, Lotta? Finanziell kann ich gar nicht verlieren, und meinem angeschlagenen Ego tut ein bisschen Erfolg gut. Oder kennst du sonst noch jemanden, der für eine richtige Zeitung schreibt?“
„Nein. Aber was ist, wenn der Schwindel auffliegt?“
„Dann ist es eben vorbei, was wollen sie mir denn tun? Schlimmstenfalls sage ich, dass ich aus Versehen mit meinem Pseudonym unterschrieben habe.“
Lotta blieb erstaunlich gelassen. „Auch wenn du es manchmal nicht glaubst, aber du stammst von einer Reihe starker Frauen ab. Weißt du eigentlich, wem du deinen zweiten Vornamen verdankst?“
„War das nicht eine deiner Omas?“
„Theresa war die Mutter meiner Mutter, eine stolze und starke Frau. Und das in einer Zeit, in der es die Welt mit allein erziehenden Müttern nicht gerade gut meinte.“
„Wie jetzt, die hatte auch keinen Mann?“
Lotta lachte leise. „Theresa hatte grüne Augen und feuerrote Haare – wie eine Hexe, sagten die Leute. Aber man ließ sie in Ruhe und akzeptierte irgendwann, dass sie sich mit dem üblichen Schicksal einer Frau nicht zufrieden geben wollte.“
„Daher habe ich also diesen verflixten Rotstich!“, zeterte ich später und blitzte mein Spiegelbild an. „Es kommt immer durch, egal welche Farbe ich nehme.“
„Hast du deine Urgroßmutter eigentlich mal kennen gelernt?“, fragte Anni.
„Leider nicht. Aber ich würde ihr gern ein paar Fragen stellen, zum Beispiel in welchem Alter sie ihr erstes Kind bekommen hat und ob sie da ledig war oder geschieden.“
„Was ist daran so wichtig?“
„Ist doch seltsam, dass es in meiner Familie so viele alleinstehende Mütter gibt, findest du nicht? Wieso haben die alle keinen Mann? Gibt es da vielleicht etwas, das ich wissen sollte, einen geheimen Fluch oder so?“
Anni grinste. „Anti-Männer-Fluch? In den Film würde ich gehen.“
„Und anschließend deine Begleitung im Auto vernaschen?“
„Warum nicht? Aber wer weiß, vielleicht ging es deiner Urgroßmutter ja wie dir, und ihr Angebeteter entpuppte sich als Flop. In dem Fall hätte ich mich auch gegen die Ehe entschieden.“
„Aber nicht gegen die Männer, oder?“
„Nein, nicht gegen die Männer. Apropos Männer: Was machen eigentlich deine Pläne von wegen Leben genießen und so? Was in Sicht?“
„Mmmmpf …“
„Brauchst du Nachhilfe?“
„Wohl kaum! Immerhin habe ich eine Tochter und somit meine Fähigkeiten in Punkto Sex hinreichend unter Beweis gestellt.“
„Aber mit dem Flirtfaktor hapert es noch, richtig?“
„Ach, Anni! Dich sollte ich einpacken und mitnehmen können, so als Gegengewicht zu dem bösartigen kleinen Burschen in meinem Kopf, der Flirten und Genießen unmöglich macht.“
„So schlimm?“
„Noch schlimmer! Dieses Teufelchen schießt immer dann spitze Bemerkungen ab, wenn ich gerade anfange, mich gut zu fühlen. Wie soll man da erfolgreich flirten?“
„Der sadistische Kerl braucht die geballte Kraft der Powerfrauen! Ich gebe dir daher die Erlaubnis, mich künftig als rettendes weißes Engelein mitzunehmen.“
„Einen 100-Kilo-Engel? Ist das nicht etwas viel für ein Ohr?“
Wir lachten, bis uns die Tränen kamen. „Also gut, Yvi, dann eben nicht. Aber hast du schon mal versucht, deinen kleinen Sadisten aus seinem Paradies zu vertreiben? Stell dir einfach vor, ich würde dagegen halten.“
„Und das soll funktionieren?“
„Wie lange kennen wir uns jetzt?“
„Sechs Jahre?“
„Sieben, um genau zu sein, und damit lange genug. Probier es aus! Wann genau fährst du nach Frankfurt?“
„Übermorgen. Um halb sieben geht der Zug.“
„Also gut, abgemacht: Du suchst dir unterwegs einen Flirtpartner, hörst du? Und wenn dich dein schlechtes Gewissen plagt, weil eine anständige Frau so etwas nicht macht, dann überlegst du dir, was ich ihm antworten würde. Kriegst du das hin?“
„Einen Flirt in der Bahn meinst du? Als Dr. Thea von Grünberg? Ich weiß ja nicht mal, wie so jemand sich anzieht, geschweige denn flirtet!“
„Dann wird es aber
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