Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)
die drei mir ständig die Ohren voll quatschten? Also griff ich zur Notbremse.
„Leider bin ich zurzeit völlig ausgebucht, Andrea, es tut mir leid.“ Ein Blick zu Svenja, die verloren zwischen Sascha und Annis Jungs auf dem Sofa saß, trieb mir die Tränen in die Augen. „Anni und ihre Familie brauchen mich jetzt.“
Andrea nickte verständnisvoll. „ Naturalamente , cara Thea , ich verstehe vollkommen“, hauchte er. „Aber wer weiß, vielleicht findet sich doch noch eine Gelegenheit, vertrauen Sie mir.“ Mit diesem beunruhigenden Versprechen wandte er sich seiner Assistentin zu und blätterte im Terminkalender.
Ich spürte den alten Druck in der Magengegend und wünschte mich in meine Wohnung zurück. Wo um alles in der Welt hatte ich mich da reingeritten? Sicher, Andrea war charmant und verführerisch und ließ mich spüren, dass ich eine Frau war, die lebte. Aber wollte ich das?
Ich versuchte, mich abzulenken: Wenn PEPITA wirklich eine Reportage über meine sportlichen Ambitionen bringen wollte, musste ich mich wohl oder übel in Schale werfen, und Stangenware bei KESKO würde nicht reichen. Als Mitarbeiterin im Fitness-Studio wusste ich leider genau, was Marken-Outfits kosteten, so viel konnte der blöde Artikel gar nicht abwerfen.
Robert hatte Lottas Laufdress inzwischen gefunden und gab zerknirscht zu, dass die Schuhe fehlten. Bevor auffallen konnte, dass mein Gatte sich in unserem Haushalt nicht auskannte, schaltete ich mich ein: „Ach, das hatte ich ganz vergessen: Die Schuhe sind kaputt und die neuen kommen erst Mitte nächster Woche. So lange muss ich natürlich auf dem Laufband trainieren, denn ohne passendes Schuhwerk würde ich mir Bänder und Gelenke ruinieren.“ Wie viele Lügen man reden konnte, wenn es sein musste!
„Das macht doch nichts, Frau von Grünberg, dann eben nur in der Halbtotalen“, drängte der Fotograf, dessen Blick kaum noch von der Uhr wich. Ich nahm den Ball auf und drängte freundlich, aber bestimmt zum Aufbruch, die Passform von Lottas Klamotten würde ich um keinen Preis der Welt in der Öffentlichkeit probieren.
„Andrea, das lässt sich bestimmt auf ein anderes Mal verschieben, Sie müssen ja nicht Ihr ganzes Feuer auf einmal verschießen.“
Er grinste zweideutig, nickte uns zu und ließ die Mannschaft zusammenpacken. Am Ende verabschiedete er sich mit einem tiefen Blick und einem Handkuss, der sich gewaschen hatte.
Schau nach, ob du keinen Knutschfleck hast , hechelte Beelzebub.
Mir wurde schwindelig. Robert und Falk schnaubten. Die Zwillinge wollten wissen, warum Yvi mit dem fremden Mann knutscht. Svenja hatte sowieso nur Augen für Sascha und achtete nicht auf ihre Umgebung. Lotta nahm Kim, die schon wieder quängelte, aus ihrer Trage und drückte sie den Teenagern in die Arme, woraufhin die drei in den provisorisch eingerichteten Wickelraum auf dem Speicher verschwanden.
Die letzte Bombe ließ Andrea platzen, als er Robert zum Abschied die Hand reichte: „Wie Ihre Frau uns verraten hat, Signor Becker, trainiert Sie nebenbei für den Berlin-Marathon im Herbst. Wir würden sie auf diesem Weg gern begleiten und in jeder Ausgabe über den aktuellen Stand des Trainings berichten.“ Er strahlte zu mir herüber und senkte die Stimme. „Und am Tag X sind wir natürlich zur Stelle, um Ihren grandiosen Erfolg mit einer letzten Fotoreportage zu krönen.“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung, die keine Gegenwehr zuließ.
Ich schluckte. Selber Schuld hätte Beelzebub bestimmt gelästert, aber der war verschwunden. Thea würde bestimmt einen klugen Aufsatz über Marathon aus dem Ärmel zaubern, blieb aber genauso wie die anderen beiden stumm. Vielleicht feierten sie ja längst Versöhnung und hatten vergessen, mich zur Party einzuladen.
„Ach ja“, fuhr Andrea fort, „im Mai findet wie immer der Mülheim-Marathon statt. Zum Einstieg könnten Sie dort eine erste Probe Ihres Talents abliefern, was halten Sie davon? Natürlich nicht gleich die volle Distanz, die heben wir uns für Berlin auf, aber ein Halbmarathon zur Vorbereitung, wie wäre das?“ In seinen Augen leuchteten jetzt Schmachtsternchen und Euro-Zeichen um die Wette und ich hätte nicht sagen können, welche ich schlimmer fand.
„Nette Idee“, stammelte ich, „warum nicht? Aber jetzt wartet Ihr nächster Termin. Wo soll es denn hingehen?“
„Nach Koblenz“, antwortete der Fotograf. „Dort ist die Schauspielerin Syra Teufelein heimlich in einem Hotel abgestiegen, um vom
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