Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)
stressigen Alltag eines Stars abschalten zu können.“ Er zwinkerte mir zu. „Aber wie das so ist, hat auch der Ruhm seine Schattenseiten. Ich kenne den Koch und habe mein Stillschweigen mit einem Exklusivinterview erkauft. Erscheint in der nächsten Ausgabe von PEPITA, gleich neben Ihrer Fotostory.“
Ich schloss die Augen. Die Hoffnung, mein Doppelleben eine Weile geheim halten zu können, sackte wie ein geplatzter Ballon in sich zusammen. In einer Ausgabe neben Syra Teufelein, das musste einfach bemerkt werden. Hier in Mülheim kannten mich zu viele, und nur wenigen davon traute ich zu, diese Entdeckung für sich zu behalten.
Du bist tot, Yvi!
Weiß ich selbst. Und wenn ihr Drei nicht mit mir untergehen wollt, solltet ihr euch schleunigst etwas überlegen.
Andrea hatte nicht übertrieben als er sagte, dass sie eine Menge Unordnung hinterlassen würden. Statt mit den anderen aufzuräumen, gönnte ich mir eine Auszeit auf Lottas Sofa.
Was hatte ich da nur angerichtet! Schlimm genug, dass die ganze Nation mich für die perfekte Frau hielt und bereit war, mir einen neuen Stern an den Feministinnen-Himmel zu kleben, hatte ich jetzt auch noch ganze sechs Monate Zeit, um mich auf einen Marathon vorzubereiten, was natürlich unmöglich war. Was heißt einen, auf den deutschen Marathon. Ausgerechnet in Berlin, das schon wegen Lotta und Robert gespaltene Gefühle weckte. Und der Übungslauf in Mülheim kam noch früher!
Ohren Steif halten und zwei Wochen vorher den Fuß vertreten, riet der Anni-Engel.
Warum kneifen?, stichelte Beelzebub. Ist ja nur ein Halbmarathon .
Was soll schon sein?, näselte Thea . Zwanzig Kilometer bist du doch früher schon gelaufen, oder?
Aber da war sie auch noch in Form.
Ich und nicht in Form? Trotzig schüttelte ich den Kopf. Nein, unsportlich war ich nicht und dank des jahrelangen Studio-Trainings sogar ganz gut in Schuss, aber gelaufen war ich mangels Zeit nur noch gelegentlich. Wie um alles in der Welt sollte ich den paar Wochen genügend Kondition aufbauen, um 21 Kilometer quer durch Mülheim durchzustehen, geschweige denn aufs Treppchen zu kommen?
„Das schaffe ich nie!“, jammerte ich und rieb mir die Augen. „Nicht bis Mai, mit keinem Training der Welt.“
„Ach was!“ Ungerührt drapierte Lotta ihre Blumen zurück auf die Fensterbank. „Es war deine Entscheidung, den vermaledeiten Brief zu schreiben, jetzt reiß dich zusammen und trag die Konsequenzen.“
Ich schmollte. „Erzieherinnen!“, schnaubte ich. „Es sollte gesetzlich verboten werden, so jemandem die Mutterschaft zu erlauben.“
„Ach“, kam es aus der Essecke, in der Svenja sich mittels gutturaler Laute in der Kommunikation mit ihrer Tochter übte. „Und du glaubst, Soziologinnen sind besser?“
Ich ließ die anderen arbeiten und flüchtete in die Dachkammer. Sascha hatte sie inzwischen geräumt und schob mit Robert Möbel durch die Gegend. Falk war in seine Kanzlei zurückgekehrt, um seine Termine nachzuholen, und so konnte ich für ein paar Minuten allein sein.
Doch die Atempause währte nicht lange. Leise, leise öffnete sich die Speichertür und Anni linste hinein. Als sie mich erkannte, zwängte sie sich hindurch und landete auf der alten Matratze, die vorübergehend als Kinderbett gedient hatte.
„Was ist los, Yvi?“
„Ich schaff das nicht!“, klagte ich und lehnte meinen Kopf an ihre gut gepolsterten Schultern.
„Was schaffst du nicht?“
„Alles.“
„Meinst du den Marathon oder die Sache mit deinen drei Männern?“
„Wieso meine Männer?“
Anni rückte näher. „Wen von den Dreien willst du denn nun?“
„Vielleicht solltest du besser fragen, wen ich nichtwill. Alle drei!“
„Was hast du auszusetzen?“ Verständnislos stellte sie drei Gläser auf den provisorischen Tisch. „Robert ist Schauspieler und steht kurz vor dem Durchbruch, sagt er wenigstens. Er ist spontan, fantasievoll und romantisch - und hat die blauesten Augen der Welt.“
Ich schnaubte. „Und steht mindestens genauso sehr auf Jungs wie du.“
„Ja, aber nicht ausschließlich, wie es scheint. Warum nicht den Test machen und ihm nach Herzenslust den Kopf verdrehen? So, wie er aussieht, könnte sich das lohnen.“
„Untersteh dich!“
„Ist ja gut, war nur so eine Idee. Also gut, dann eben zu dem hier.“ Sie zeigte auf das zweite Glas. „Falk: lebenstüchtig, vermögend und karrieresicher.“
„Und todlangweilig, wenn er nicht gerade jemanden aus meiner Familie retten muss“, ergänzte
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