Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
Vom Netzwerk:
feste Mitarbeiter. Die Freien schwirrten irgendwo herum, ebenso die Praktikanten. Mona hatte vierzig Mettbrötchen mitgebracht und fünf Flaschen Sekt, war aber auch nicht davon ausgegangen, dass es ein rauschendes Fest zu meinem Ausstand geben würde. Bis auf ein bisschen Gemurmel, die Übergabe des Fotoalbums mit Bildern und Unterschriften aller Kollegen und einem trockenen Husten unserer Sekretärin war es auch eher eine stumme Veranstaltung gewesen.
    » Mach dir nichts draus«, tröstete Mona mich, als wir in der Senderküche die restlichen Brötchen in Alufolie packten.
    » Die meinen das nicht so. Es sind bestimmt alle traurig, dass du gehst, auch wenn sie es nicht sagen.« Das war lieb, überzeugte mich aber nicht. In der Redaktion tobte schon wieder das pralle Leben, ob ich nun dabei war oder nicht. Wir hatten neue blonde, großbusige Praktikantinnen, die natürlich jetzt eine Weile von den Redakteuren hofiert werden mussten, bevor der nächste Praktikantinnenschub in ein paar Wochen anrückte. Es war doch immer das Gleiche. Mir war aber schon nicht mehr so mulmig zumute, immerhin saß ich nicht auf der Straße, sondern hatte in sechs Tagen, am Donnerstag, mein Vorstellungsgespräch bei Hamburg aktuell.
    Eine der fünf Sektflaschen war noch zu, die nahm ich mit nach Hause. Ich verabschiedete mich von Mona mit Tränen in den Augen, und wir drückten uns lange. Bis hierhin hatten wir es zusammen geschafft, in zehn Jahren Freundschaft. Nichts würde uns auseinanderbringen.
    Zu Hause auf der Couch erholte ich mich von meinem Abschied bei Hanseradio. Die Flasche Sekt hatte ich schon fast ausgetrunken, nebenbei guckte ich Arielle, die kleine Meerjungfrau auf VHS in meinem alten Videorekorder und ließ ansonsten meine Gedanken schweifen. Zur Feier des Tages, und um dem Sekt eine Grundlage zu bieten, hatte ich mich bei Penny mit Leckereien eingedeckt. Die leeren Packungen von Chocolate Chips, Gummibärchen, Sahnejoghurts, Erdnussflips und Ritter Sport Marzipan hatte ich dezent zur Seite geschoben, so dass ich gerade noch auf den Fernseher schauen konnte.
    Ich liebte diesen Film, seit ich vierzehn war. Zum Schluss ist es so rührend, wie Arielle mit ihrem Prinzen Eric auf dem Hochzeitsschiff davonfährt und endlich den Segen ihres Vaters hat. Mir stiegen vor lauter Rührseligkeit, Sekt und Trauer um den verlorenen Job die Tränen in die Augen. Ich hatte mich wirklich in eine unmögliche Situation manövriert, jetzt musste ich mich furchtbar zusammenreißen, damit der nächste Job nicht auch in die Hose ging. Also, nicht weitergrübeln, sondern lieber alle Kräfte sparen und positive Energien sammeln, redete ich mir selbst gut zu. Weil Erdnüsse als Nervennahrung jetzt gar nicht schlecht wären, schlurfte ich in die Küche und holte mir eine Dose aus dem Schrank. Mir war schon ganz schlecht, aber nach dem ganzen Süßkram brauchte ich jetzt was Deftiges.
    Als ich gerade den Deckel aufriss und mir eine salzige Handvoll Köstlichkeiten in den Mund stopfte, klingelte es. O nein, Jonas! Ich hatte ganz vergessen, dass er gegen achtzehn Uhr Feierabend machen und gleich zu mir kommen wollte. Schnell sprang ich zurück zur Couch, warf den Restmüll, bis auf die Erdnüsse, unters Sofa, strich mir die strubbeligen Haare etwas glatt und wartete an der Tür auf ihn.
    » Hallo, du Hübsche«, sagte er, als er die Treppe heraufkam, und küsste mich. Hübsch, na ja, vielleicht hatte er keine Kontaktlinsen drin.
    Der Film war zu Ende, das Bild rauschte grau, und ich machte den Fernseher aus. Dann erschrak ich, weil eine verräterische Ecke einer Gummibärchentüte nicht ganz unterm Sofa geblieben war. Jonas guckte, wonach ich guckte, kniete sich hin und sah unters Sofa. O nein, mein ganzer Müll! Was würde er jetzt von mir denken?
    Ich zog mir meine Kuscheldecke über den Kopf und versuchte, mich zu verstecken. Wenn ich dich nicht sehe, siehst du mich auch nicht– irgendwie war ich in dem Augenblick in meiner kindlichen Entwicklung auf der Stufe einer Vierjährigen stehen geblieben. Und es nützte auch nichts. Ich wusste, dass ich mich kindisch verhielt, aber ich konnte einfach nicht anders.
    » Sophie!«, rief Jonas amüsiert. » Hey, Süße, ich weiß doch, dass du da drunter bist! Hör auf mit dem Quatsch.«
    Er wollte mir die Decke wegziehen, aber ich ließ es nicht zu. Er fing an mich zu kitzeln, ich quietschte und lachte, und rief kichernd:
    » Lass mich, ich bin depressiv!« Schade, wieso nahm er mir das jetzt nicht ab?
    »

Weitere Kostenlose Bücher