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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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wir immer selber ran. Ich vierundzwanzig Stunden am Tag– Jonas so oft wie es geht. Er löst mich Gott sei Dank ab, wenn ich am Wochenende ohne Quengelkind einkaufen oder einfach mal alleine spazieren gehen und an der Alster lesen möchte.
    Manchmal fällt mir dermaßen die Decke auf den Kopf, dass ich nicht weiß, wie es weitergehen soll. Hätte ich eine Freundin, die das auch alles so durchlebt wie ich, wäre es vielleicht ein bisschen einfacher. Maja ist ein absolut toller kleiner Schatz, keine Frage, aber so anstrengend hatte ich mir das alles nicht vorgestellt. Ständig ist man fremdbestimmt, und das ist für jemanden, der so freiheitsliebend ist wie ich, eigentlich nicht der richtige Job. Man wird ja auch nicht gewarnt, und selbst wenn, vergisst man es sofort oder sagt sich: » Das wird bei mir ganz anders!« Hielte man sich auch permanent nur vor Augen, wie anstrengend das Leben mit Kindern sein kann, würde ja niemand mehr welche bekommen. Das hat die Natur schon geschickt eingefädelt. Und obwohl ich natürlich auch gerührt und entzückt bin, wenn Maja mich anlacht oder meinen Finger greift, bin ich noch lange nicht bereit für ein zweites Kind. Wenn überhaupt.
    Mit Mona kann ich über all so was leider überhaupt nicht sprechen, sie macht schon Würgegeräusche und stöhnt Igitt, wenn ich nur sage, dass ich Maja schnell wickeln muss. Das nervt auf Dauer, und ich habe sie schon oft gefragt, ob sie uns nicht mal besuchen möchte. Leider findet sie aber immer einen guten Grund, nicht kommen zu können oder das Telefonat schnell abzubrechen.
    Vielleicht war ich ja früher auch so unsensibel Kindern und vor allem jungen Müttern gegenüber, habe ja auch nie behauptet, die perfekte Mutter zu werden, aber seit ich meine Tochter habe, ist mir erst bewusst geworden, wie toll Kinder sind. In der Schule müsste es ein Fach dafür geben, wie man mit Kindern umzugehen hat. Früher wurde so etwas von Generation zu Generation weitergegeben, bei uns leider oft nicht mehr, und ich muss mir alles selber beibringen. Meine Mutter zählt auch nicht zu den grauhaarigen, strickenden Omas, die ihren Enkeln im Schaukelstuhl Märchen erzählen, sondern zu denen, die mit ihren eigenen Freundinnen in Theatern und Bars das Leben genießen, solange es geht.
    Während ich früher zu stolzen Müttern ziemlich unverschämt gesagt habe: » Oh, dein Kleiner ist aber ein ganz schöner Mops«, ärgere ich mich jetzt über genau solche Sprüche. Das Schicksal vergisst nichts, und alles kommt zu einem zurück.
    Zum Beispiel trifft es mich, wenn eine Nachbarin, die ich auf der Straße sehe, fragt, ob ich noch schwanger bin, und sich dann nicht mal entschuldigt, wenn ich angesäuert auf mein drei Monate altes Kind deute– wenn eine andere behauptet, Maja sei aber nicht besonders hübsch (was natürlich nicht stimmt, ich finde, Maja ist das hübscheste Baby, das die Welt je gesehen hat! Ihr kleines Doppelkinn und die Segelöhrchen finde ich besonders ausdrucksstark und einfach zuckersüß!), oder wenn eine Kollegin von Jonas beim Anblick von Majas Foto scherzhaft fragt, ob es sich hier um einen kleinen Elefantenmenschen handelt. Haha. Sehr witzig. Selber Elefantenmensch! Besonders verletzt war ich im Krankenhaus, als Mona sie in den Arm nahm, an ihr roch, das Gesicht verzog und dann dreist behauptete: » Sie riecht aber nicht besonders gut, also jedenfalls nicht so, wie ich mir ein Baby vorgestellt habe!« Kinderlose können ja so grausam sein. Schwach und kaputt von der Geburt hatte ich ihr Maja aus dem Arm genommen und behauptet, ich sei müde und müsse jetzt wieder schlafen. Mona meinte das bestimmt nicht böse– sie wusste es einfach nicht besser.
    Auch auf ihr Geburtsgeschenk, einen Cocktailshaker mit der Aufschrift » Hey Baby«, hatte ich nur einen kurzen Blick geworfen und ihn gleich nach unserer Ankunft zu Hause im Besenschrank versteckt. Seitdem habe ich Mona nicht mehr gesehen, und wir hatten auch nur einmal länger, ansonsten nur kurz telefoniert. In unserem längeren Gespräch erzählte sie mir von einer Party, auf der sie diesen und jenen getroffen hatte, und ich konnte mir all die Namen kaum merken und war auch nicht so richtig bei der Sache. Sie fehlt mir sehr. Irgendwas war passiert, dass wir auf einmal keine echte Nähe mehr haben. Ich frage mich, ob das jemals wieder der Fall werden würde und kann nur hoffen, dass Mona auch bald schwanger wird, wenn sie schon nicht von selbst mehr Verständnis für mich und meine Situation

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