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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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gewusst, dass mich meine Vergangenheit irgendwann einmal einholen würde, aber dass es erst anderthalb Jahre später sein sollte– ausgerechnet auf einer Singleparty in Form einer sprechenden Ratte–, das wusste ich nicht. Ich wurde knallrot. » Äh, das war… Ja, da habe ich die Braut gespielt«, stammele ich.
    Peter Pettigrew lacht. » Das ist ja geil, ja, ich erinnere mich genau! Hey, Wolkan, komm her, ich hab eine kennengelernt!«, grölt er durch die Halle. Hilfe, ich glaube, ich höre wohl falsch! Kennengelernt? Er mich? Bevor ich mich abwenden kann, nähert sich ein großer dunkelhaariger Mann. Wolkan anscheinend.
    » Das ist Wolli«, stellt Peter mir seinen Kumpel vor, dann deutet er auf mich. » Das ist die kotzende Braut aus dem Fernsehen«, sagt er zu ihm. Ich weiß ja nun kaum, was schlimmer ist. Wolli zu heißen oder im Fernsehen zu kotzen. Ich denke, wir sind so weit quitt. Wolli zieht einen kleinen blauen Gutschein aus der Tasche.
    » Hast du deinen noch? Dann könnten wir was zusammen trinken«, sagt er und grinst mich an. Hallo? Ich fühle mich auf einmal dem Motto der Party nach ganz unverheiratet und stottere: » Äh, nein, hab ich… ich hab– äh, nee, hab ich nicht mehr.« Wenn man bedenkt, dass ich ungefähr seit anderthalb Jahren mit keinem anderen Mann gesprochen habe, außer dem Postboten und dem Gemüsetürken, und die zählen ja nicht, dann mach ich meine Sache hier eigentlich ganz gut.
    Peter Pettigrew schaut etwas säuerlich, da er mich ja schließlich zuerst » kennengelernt« hat, versteht aber, was vor sich geht, und steht etwas schmollend daneben. Wolkan bestellt mir einen Sekt auf Eis und für sich eine Whiskey-Cola, und so trinken und reden wir. Ich kann mich jetzt gar nicht mehr genau daran erinnern, ob ich gleich erzählt hab, dass ich verheiratet bin … Muss mal überlegen. Spätestens, als Wolkan seinen Arm um meine Schulter legte, habe ich sicher etwas gesagt. Oder erst, als er mit seinem Finger über meinen Hals fuhr? Irgendwann hüpfe ich jedenfalls von meinem Barhocker, bemerke, dass ich kaum noch stehen kann, da ich inzwischen auch etwas von der Whiskey-Cola getrunken hatte, und freue mich einfach nur des Lebens. Ich tanze mit Mona und Tina und habe richtig Spaß. Gegen halb eins wollen die Mädels mit ihren neuen Eroberungen (ja, Mona bezeichnet den Schnurrbart als ihre neue Errungenschaft) doch noch los, Richtung Hans-Albers-Platz. Ich überlege, ob ich mir das noch antun will oder ob ich nicht zu Hause besser aufgehoben wäre. Und ob ich nicht mal langsam meinen Status als Ehefrau angeben sollte. Ich gehe aufs Ganze und auf Wolkan zu.
    » Du, wir wollen noch auf den Kiez, ich wollte dir nur Tschüss sagen. War schön, mit dir zu quatschen. Und ich wollte dir noch sagen, ich bin übrigens verheiratet, und wir haben eine Tochter. Heute ist mein erster freier Abend seit über anderthalb Jahren. Aber war echt cool, dich kennenzulernen.« Wolli kippen fast die Augen aus dem Kopf.
    » Waaaas?«, entfährt es ihm. » Wieso, wie alt bist du denn?« Das versteh ich irgendwie nicht. Wieso fragen die Leute immer ganz entsetzt nach meinem Alter, wenn ich sage, dass ich verheiratet bin? Wenn ich dann antworte » einunddreißig«, sind viele völlig schockiert, reagieren fast apathisch. Als wäre es verboten, unter vierzig verheiratet zu sein. Oder als Verheiratete überhaupt noch abends wegzugehen! Ein seltsames Phänomen, aber ein weiteres Gespräch kommt dann meist nicht mehr zustande.
    So auch hier. Ich hole noch ein bisschen weiter aus als nötig wäre und sage: » Sechsunddreißig– wieso?« Wolkan fällt fast vom Hocker, zumindest aber aus allen Wolken. » Aber, aber, aber– du siehst aus wie dreiundzwanzig!« Er kann es sichtlich kaum glauben. Na ja, sechsunddreißig ist ja auch völlig falsch. Aber irgendwann würde ich sicher so alt sein, und dann schätzte mich niemand mehr auf dreiundzwanzig. Ich sammelte also einfach schon mal Komplimente für Notzeiten, da war ja nichts dabei, so wie die kleine Maus Frederik die Farben für den Winter.
    Ich lache also ganz laut, tätschele ihm die Schulter, was so viel heißt wie: » Du wirst drüber hinwegkommen«, nehme mir noch eine Zigarette aus seiner Schachtel, die auf dem Tresen liegt, und gehe mit Tina und Mona zur Garderobe. Die beiden wanken und schwanken wie Schiffe auf hoher See bei Windstärke neun mit Orkanböen. So bin ich früher ja auch durch die Gegend getorkelt. Ein bisschen bedauere ich, dass die Zeiten des

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