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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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kräftig durch, und zog mein rot-weißes Sommerkleid und meine roten Lieblingsflipflops mit den Schmetterlingen an. Dann steckte ich mir noch eine Rosenhaarspange ins Haar und fühlte mich einigermaßen wie ich selbst. Jonas, der unten im Auto auf mich wartete, sollte dagegen seinen Anzug anbehalten, fand ich, wenigstens einer musste ja nun hochzeitlich aussehen.
    Inzwischen war mir schon etwas weniger schlecht als vorher. Mein nächster Aufsager wartete vor der Harburger Kirche auf mich, und ich musste mich noch etwas vorbereiten. Während ich in der obersten Schublade meines Schreibtisches nach Stift und Zettel forschte, damit ich mir im Auto ein paar Zeilen aufkritzeln konnte, fiel mir mein Kalender in die Hände. Da stand es schwarz auf weiß: Ich hatte mir notiert, wann ich das letzte Mal meine Periode gehabt hatte. Es war über fünf Wochen her.

39

    Juhu! Mein neues Leben fängt an! Wir haben ein Haus, in das wir in drei Wochen einziehen, ich habe mich bei einer Zeitschrift für eine Kolumne beworben, und heute Abend gehe ich mit Mona endlich mal wieder auf den Kiez. Vor einer Woche, zu Neujahr an meinem Geburtstag, hatte sie angerufen, und wir haben uns wieder ein bisschen einander angenähert. Sie erzählte weniger von wilden Partys und ich etwas weniger von Majas Windeln, und so trafen wir uns auf einer » Weißt-du-noch?«-Ebene, die für den Übergang genügen musste, bis sich entschied, was aus unserer Freundschaft werden sollte.
    In zwei Wochen würde Maja ein Jahr alt werden, und ich denke, nun auch wieder ein Recht auf ein eigenes (Party-)Leben zu haben. Ich meine, ich muss doch auch mal wieder ausgehen, die Sau rauslassen, tanzen und Spaß haben– nur, ob ich das noch kann?
    Mein Gewicht ist jetzt, fast ein Jahr nach der Geburt, zum Glück wieder einigermaßen normal, ich hab mir neulich sogar einen guten Jeansrock in Größe zweiundvierzig gekauft, und heute Abend um acht treffe ich mich mit Mona und einer Freundin von ihr, die ich noch nicht kenne, Tina. Ich bin gespannt, vielleicht wird es so ein Partyabend wie der legendäre, als ich meinen Mann kennenlernte? Aber was soll ich groß erwarten: Ich bin verheiratet, habe ein Kind, arbeite nicht und finde mich generell uninteressant. Vielleicht kann ich das aber mit ein bisschen Alkohol schnell kompensieren.
    Gesagt, getan. Um einundzwanzig Uhr bin ich lustig, die Welt ist schön, Mona und Tina sind supernett zu mir– nachdem ich ihnen versprechen musste, nichts mehr von Zahnungsdurchfall und Babyschwimmen zu erzählen–, und wir ziehen von Monas Wohnung in Altona aus los. Ausgerechnet auf eine Singleparty wollen die beiden, na dann Prost! Da ich bei Mona nur ein Glas Sekt getrunken, aber gleich das Gefühl hatte, mich vor Trunkenheit übergeben zu müssen, zog ich in Betracht, mich mit Wasser und Cola Light durch den Abend zu bringen. Meine Güte, war das lange her, dass ich so was wie Alkohol zu mir genommen hatte! Bis auf den Sekt zum Anstoßen nach dem Abstillen vor fast einem Jahr war ich kaum noch dazu gekommen, mehr als einen Schluck Wein zu trinken. Als würde Maja wittern, dass ich gerade anfangen wollte, ohne sie Spaß zu haben, fing sie nämlich immer genau dann an zu weinen oder bekam Fieber, wenn ich mir abends, wenn ich sicher war, dass sie schlief, ein Glas Rotwein einschenkte. Spätestens nach dem zweiten Schluck war sie wach und schrie nach mir. Keine Ahnung, warum das so war. Ich schob es auf die Natur oder das Universum und schüttete den Wein in den Ausguss. O Frevel, o Sünde!, aber Majas Geschrei hörte auf, wenn ich sie in den Arm nahm, und ebenso mein Alkoholkonsum. Baby und Alkohol passten ja auch irgendwie nicht zusammen.
    Ich hatte ja sogar fast ganz aufgehört zu rauchen (bis auf einige Feierabendzigaretten, die ich mir noch ab und zu heimlich auf dem Balkon anstecke, ohne dass Maja es merkt, wobei ich mir hinterher gründlich die Zähne putze und die Hände mit Spüli schrubbe), was Tina und Mona verwundert, ja schier entsetzt. Sie behaupten sogar, ich sei » der Sklave meines Kindes« und würde meine Persönlichkeit aufgeben. So ein Quatsch! Schließlich bin ich ja jetzt hier, oder etwa nicht?
    In der Markthalle angekommen, geben wir Jacken und Handtaschen an der Garderobe ab, stopfen unsere Jeanstaschen mit Zigaretten, Puderdosen und klein gefalteten Geldscheinen aus, werfen triumphierend den Kopf in den Nacken und stöckeln auf unseren hohen Schühchen selbstbewusst in den Tanzsaal. Die Mühe hätten wir uns

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