Wickelkontakt - Roman
direkt sparen können, denn wir sind bis auf drei Langweiler an der Theke die einzigen Gäste. Ich gucke Mona mit einem Flunsch und einem gleichzeitigen Augenrollen an, das heißt: » Na toll, siehst du, was für ’ne Scheißidee mit der Singleparty!«, aber das sage ich nicht laut. Sie denkt eh das Gleiche. Aber wo wir schon mal da sind, machen wir eben das Beste draus. Einen Piccolo gibt es laut Partyordnung umsonst, wenn man sich einen männlichen Gegenpart sucht, kleine Gutscheine austauscht und gemeinsam zur Theke schlurft. Da wir zu dritt sind und ebenfalls schon drei männliche Wesen vorhanden sind, steuern wir direkt auf die Jungs und damit auf unseren Gratisalkohol zu.
» So, hier Bekanntmachung: Gebt mal eure Zettel her, jetzt gibt’s Getränke!«, krakeelt Mona. Die drei männlichen Wesen erschrecken und kramen devot ihre bereits nass geschwitzten und zerknüllten Gutscheine hervor. Im Hintergrund läuft von The Sisters of Mercy » Temple of Love«, was eine absolute Persiflage auf diese Veranstaltung ist. Wieder gilt für mich: » Wenn ich schon mal hier bin«, deshalb schnappe ich mir mein Piccolöchen und gehe tanzen. Ja, richtig bemerkt: Ich bin die Einzige auf der Tanzfläche, na und? Wann komm ich denn sonst mal raus? Die frechen kleinen Endorphine spielen schon Fangen in meiner Blutbahn, ich tanze und hüpfe und drehe mich und lechze schon beim zweiten Lied nach einer Zigarette. Mona und Tina haben angefangen, sich mit den Langweilern zu unterhalten. Die Szene kommt mir irgendwie bekannt vor. Same procedure as every year, James!
Als ich nach drei wunderschönen Neue-Deutsche-Welle-Liedern ( » Sternenhimmel«, » Nur geträumt« und » Ich liebe dich«) mit Brian Adams und meinem Hasslied » Summer of 69 « wieder auf dem harten Boden der Realität lande, stelle ich fest, dass ich gar nicht mehr alleine tanze, sondern sich bestimmt zwanzig normal und nett aussehende Menschen um mich herum versammelt haben, die je nach Stärke ihres Paarungswunsches vermehrt oder minder miteinander balzen. Wie lustig, das mal als außenstehende Person zu betrachten. Aber ich will ja überhaupt nicht mehr außen stehen, sondern mittendrin sein! Ich hüpfe zu Tina und Mona, fasse Mona von hinten in die Hosentasche, um mir eine ihrer Zigaretten zu angeln, und höre ihrem Gespräch mit einem vierundvierzigjährigen Elmshorner zu, der frisch geschieden ganz offensichtlich auf der Suche nach einem Abenteuer ist. Hätte er keinen Schnurrbart gehabt, wäre er sogar ganz süß gewesen. Ich hoffe, Mona ist vernünftig genug, sich noch nach einem anderen umzusehen, sonst würde sie diesen Ausflug bald bitter bereuen.
Tina lacht und schäkert mit einem hübschen Blonden, und ich will ihr den Spaß nicht verderben. Seit ihr Freund vor ein paar Wochen mit den Worten: » Ach, du bist schon zu Hause? Das hier ist Angie…« mit ihr Schluss gemacht hat, hatte sie wirklich nicht viel zu lachen. Angie hatte sich ihrerseits mit den Worten vorgestellt: » Es stört dich doch nicht, dass ich deinen Spitzentanga trage?«, woraufhin Tina schnell ein paar Sachen packte– den Tanga hatte sie Angie großzügig überlassen– und zu Mona zog. Jetzt sollte sie flirten, was das Zeug hielt, ich würde mich nicht einmischen.
» Entschuldigung«, sagt da jemand zu mir. Ich drehe mich um, sehe aber niemanden. Höre ich schon Stimmen? Ich muss wirklich mal mit dem Alkohol aufpassen, nach zwei Gläsern schon solche Aussetzer, das kann ja nicht sein. » Hallo!«, höre ich die Stimme wieder. Sie kommt von unten, deshalb senke ich den Kopf. Ein sehr kleiner Mann, der mir kaum bis zum Oberarm geht, hat mich anscheinend angesprochen. Da ich hohe Absätze trage, bin ich ungefähr einen Meter fünfundachtzig groß– der kleine Mann kann dagegen nicht viel größer sein als einen Meter achtundfünfzig. Hm, na ja.
» Ja, bitte?« antworte ich sehr höflich und ziehe an meiner Zigarette.
» Kennen wir uns nicht?«, fragt er. Ich zögere, ob ich auf diese doofe Frage überhaupt antworten soll, sage dann: » Nein, ich glaube nicht« und drehe mich wenig elegant zur Seite. Das ist nun mal mein Partymuster. Wenn ich mich nicht unterhalten möchte, mache ich das auch nicht.
» Doch, ich kenn dich!«, ruft der kleine Mann, der mich mit seinem Mausegesicht an Peter Pettigrew alias Wurmschwanz aus Harry Potter erinnert.
» Du hast mal im Fernsehen ’ne kotzende Braut gespielt, das bist du doch!« Er ist ganz aufgeregt.
Ich hatte schon damals ganz genau
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