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Wider die Unendlichkeit

Wider die Unendlichkeit

Titel: Wider die Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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offenen Landes in Bann schlagen zu lassen. Auf seinem langsamen Rückweg spürte er etwas, das er nicht benennen konnte und das ihn veranlaßte, noch langsamer zu werden, seine Hüpfsprünge zu unterbrechen und über die weiten Ebenen und die Kammlinie zu blicken. An einem Felsausläufer blieb er keuchend stehen und blinzelte den Schweiß von den Wimpern. Er leerte den Urinbeutel. Der dünne, gelbe Strahl zischte und dampfte grün, als er auf ein Stück Ammoniakeis traf. Geistesabwesend blickte er nach unten und sah wenige Meter entfernt den Delta-Abdruck im glatten Fels. Er rührte sich nicht. Langsam und ohne Hoffnung blickte er hoch und sah zehn Meter entfernt ein weiteres Delta in einem eisengrauen Stein. Und dahinter sah er das nächste, daneben eine Furche, mit einer Tiefe von einem Meter. Er ging weiter, zählte – drei, vier, zwei zusammen, noch ein Abdruck; und jeden umgab eine glänzendbraune Narbe, die erst Sekunden vorher eingebrannt zu sein schien. Die Spuren schienen aus dem Nichts zu kommen, als er ihnen keuchend folgte, als gäbe sein Anzug keine Luft mehr. Er trat auf einen Eiskeil und ging einen Abhang hinauf, wo er im Geröll rutschte und die Spur beinahe verlor. Mühsam kam er wieder hoch, kämpfte sich bis zu einer Felskante vor, dann über sie hinweg zu einer Stelle, wo nackter Fels und Purpureis den Boden bildeten. Er rannte jetzt atemlos, war sich der totalen Stille seiner Isolation bewußt, eine schwarze Unendlichkeit über sich, nirgendwo Schutz und Zuflucht. Und dann sah er es.
    Das Ding kam aus einer nackten Felswand. Manche Teile waren alabasterfarben, andere bernsteintrüb. Wäßriges Licht brach sich durch seine Haube. Der Erdboden bebte, und die Oberfläche der Felswand splitterte in Tausende von Facetten, als das Ding sich herauszwängte, sich mit unvorstellbaren Mitteln drehte, ächzend gegen den Fels anarbeitete, der es nicht hemmte, sondern nur stützte. Lichtsplitter lösten sich von ihm, und ein schrilles Kratzen zog sich in Manuels Stiefeln hoch. Es war groß – wie groß, konnte er nicht erkennen, denn hier war jede Perspektive verloren, und er konnte seine Augen nicht losreißen, um es mit irgend etwas zu vergleichen, als Scherben aus dem Fels losbrachen und vor ihm niederregneten, kantige Flocken, die im gelben Sonnenlicht glitzerten. Es bewegte sich gleichzeitig an der senkrechten Oberfläche hoch und hinaus aus ihr, nicht mühevoll, sondern gleichmäßig und ohne Hast. Es hing nun in der Schwebe über dem Steilhang, ohne daß er erkennen konnte, wodurch. Seine Form war noch immer schwer zu erkennen, weil es die jetzt grelle Sonne in die Augen des Jungen reflektierte und in seinem massigen Körper ein ruheloses, blaues Glühen trug, das die Luft um es herum vernebelte. Es hielt inne. Er hatte das deutliche Gefühl, daß es ihn anblickte, ihn genau auf diese Weise hatte betrachten wollen. Es dauerte nur einen Augenblick. Dann war das Aleph fort, so schnell, daß er es aus den Augen verlor und er sich nicht sicher war, wie es geschehen war. Blauer Dampf bewegte die Luft, die in phosphoreszierendem Orange knisterte. Er glaubte, es hätte sich gedreht und wäre wieder in den zernarbten Fels eingedrungen, aber als er sich einen Moment später den Vorgang ins Gedächtnis zurückzurufen versuchte, schien es, daß es einfach in die graue, stumme Oberfläche zurückgeglitten war, rückwärts in den sich tollenden Fels gleitend, der ein letztes Mal krachte und ächzte, als er von dem Gewicht befreit wurde. Es blieb die lädierte Felswand, die ovale Wunde wie ein schreiender Mund. Ein Zittern durchlief seine Stiefel. Er begann wieder zu atmen. Erst nach einem langen Moment in absoluter Stille wurde der Junge sich bewußt, daß er nicht einmal sein Gewehr in die Richtung des Dings gehoben hatte.

 
2.
     
     
    Vier Tage später kehrten sie zur Sidon-Siedlung zurück. Der Junge war froh darüber. Er brauchte Zeit, um nachzudenken und den kurzen, aber machtvollen Kontakt nachzuempfinden, der so aufgetreten war, wie er es immer gewußt hatte: er allein im Angesicht des Dings, unbeweglich, gefesselt in dem sich wölbenden Augenblick, in dem es sich selbst entblößte, so wie es sich vorher zahllosen Männern gezeigt hatte und dann weitergezogen war, unbeeindruckt und blind gegenüber den jämmerlichen Versuchen, es einen Moment lang von seinem unbekannten Kurs abzubringen. Manuel brauchte Zeit, und sein Vater verstand das, genau wie er verstanden hatte, warum sein Sohn die Antennen

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