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Wider die Unendlichkeit

Wider die Unendlichkeit

Titel: Wider die Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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konnten. Die Antennen funktionierten gut, und das Satellit-Relais antwortete nach zwei Sekunden. Aber er entdeckte unter den Hügelfalten nichts, was sich bewegte. Er lernte die kleinen Tricks und Kniffe des Anpirschens und nahm sie ohne nachzudenken auf. Er konnte jetzt auf große Entfernung erkennen, ob eine kleine, hastende Gestalt ein Mutant war, ob die undeutlichen Steinkauerspuren eine Stunde oder eine Woche alt waren, oder ob sich auf der Schattenseite eines Felsvorsprungs, wo der rote Schnee sich sammelte, etwas verborgen hielt. Sein Anzug machte wenig Geräusche, und so gewöhnte er sich an die ewige Stille in der Rauheit des Mondes, unterbrochen nur vom feinen Wispern der Winde, die langsam Anspruch auf das Land erhoben. Eine Woche verging. Er kehrte immer später zum Lager zurück, wußte, daß die Männer ihn mit nostalgischer Zuneigung betrachteten. Jedesmal sahen sie ihn mit einem Bericht über die Anzahl der gesichteten und erlegten Roller oder Krauchies hereinkommen – Daten für Bio –, und sie wußten, daß die zentrale Tatsache unerwähnt blieb, weil es über Fehlschläge nichts zu sagen gab. Jahrzehntelange Forschungen hatten gezeigt, daß das Aleph wegen der verstärkten Aktivität in ein Jagdgebiet kommen mochte, aber die Korrelation war recht schwach und wurde von vielen in Zweifel gezogen. Der Junge könnte den Rest seines Lebens hinausziehen, ohne Glück zu haben.
    An einem Spätnachmittag kam er zum ersten Mal früh zurück.
    Die Antennen teilnahmslos schleppend, kam er an einem Geher vorbei, an dem Old Matt ein abgerissenes Ventil ersetzte. Manuel winkte ihm schweigend zu und hatte sich schon wieder abgewandt, als der Mann ruhig sagte: »Ich glaube, so geht es nicht.«
    Manuel wirbelte herum. Etwas in ihm war freigesetzt worden, und er sagte: »Wieso? Bloßes Hinschauen kann nicht ändern, was es tut.«
    »Mag sein. Ich bin mir nicht so sicher.«
    »Mein Vater sagt, er habe es dreimal auf diese Weise aufgespürt, als er es versuchte. Dreimal.«
    »Und es auch gesehen.«
    »Si«, sagte Manuel, der sich seiner Pointe beraubt sah.
    »Die Antennen, sie haben eigene Resonanzfrequenzen, mußt du wissen. Etwas will wissen, ob sie in der Nähe sind, dann kann es selbst ein kleines Signal aussenden. Wenn dein Stromkreis darauf anspricht, dann hat er dich schon verraten.«
    »Warum sollte es das tun?«
    »Warum ist nicht die richtige Frage. Zwecklos, sie zu stellen. Vielleicht hat es sich daran gewöhnt, daß es die Wissenschaftler mit Antennen und Strahlen angehen. Möglicherweise hat es genug davon. Also hat es kein Interesse daran.«
    »Das weißt du nicht.«
    Die Lippen des Mannes verzogen sich, signalisierten Belustigung und zugleich eine sonderbare Wehmut. »Du hast völlig recht. Ich weiß es wirklich nicht.«
    Old Matt sagte nichts mehr, und der Junge stand unbeholfen neben ihm, wollte aber auch nicht hineingehen. Der Mann setzte seinerseits die Reparatur nicht fort, so daß beide nichts taten als abzuwarten. Der Junge blickte auf seine Stiefel hinab und steckte die Hände tief in die Anzugtaschen. Als er merkte, daß Old Matt nichts mehr sagen würde, ganz gleich, wie lange die Stille andauerte, blickte er auf und murmelte: »Du meinst, vielleicht beobachtet es uns sowieso.«
    »Könnte sein.«
    »Ich weiß nicht.«
    Der Mann sagte bestimmt: »Ich will einem Jungen nicht empfehlen, gegen den Rat seines Vaters zu handeln. Das weißt du.«
    »Sicher.«
    »Und du hast recht. Bei dieser Sache ist sich keiner sicher, wird es nie sein.« Er lehnte sich an die großen Beine des Gehers und preßte die Fersen gegen die gerillten Trittstufen, die vom Eis schlüpfrig waren. Ganymed kam aus seiner langen, finsteren Nacht heraus, und das Lager – der große, windschiefe Schuppen, die Geher, Räder und Schlepper, die kreuz und quer abgestellt waren, die ausgebauten Verteilerplatten und Verkleidungen, der kurze, spitze Antennenturm, alles angehäuft gegen die weite, kalte Wildnis, die sich zu allen Horizonten erstreckte – schien in dem Zwielicht flach und substanzlos, unwirklich. Resonanzfrequenzen, ansprechende Stromkreise, dachte der Junge.
    Der Mann schürzte die Lippen, Metall blitzte auf. »Deine Wahl, mein Junge.«
    »Wird wohl so sein.« Er blinzelte den alten Mann an, der jetzt mit der dämmrigen Wildnis zu verschmelzen und liebevoll aus ihr hinauszulächeln schien, dem Jungen den nächsten Schritt überlassend.
     
    Am nächsten Morgen war er als einer der ersten draußen, hüpfte in eine

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