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Wider die Unendlichkeit

Wider die Unendlichkeit

Titel: Wider die Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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der Überzug seiner Gesichtsplatte Old Matts blinkenden, blauen Punkt ganz in seiner Nähe zeigte. Er winkte, und die trockene, sandige Stimme rief über Komm: »Hier oben. Mir nach!«
    Manuel zögerte, wollte eigentlich der schreienden Menge folgen. Old Matt wartete nicht auf ihn, sondern bewegte sich hüpfend den Hang hinauf. Manuel eilte ihm nach. Der alte Mann war langsamer, wählte aber seine kurzen Sprünge mit Bedacht und kam gut voran. Der Junge sah, daß dieser Weg sie durch einen Paß führte, dann über einen Kamm und an geborstenen Eisschollen entlang. Nach wenigen Augenblicken konnte er den Talboden hinter sich nicht mehr sehen. Der E-Strahler brachte ihn aus dem Gleichgewicht, als er durch einen engen, schlüpfrigen Graben eilte. Dann waren die beiden wieder auf dem Weg abwärts, landeten rutschend in Dreck und Kies, die ihren Fall bremsten. Sie hasteten weiter, glitten auf halbgetautem Boden aus, durchquerten platschend einen Wasserlauf mit Stücken gefrorenen Ammoniaks an den seichten Stellen, kletterten am anderen Ufer hoch und rannten weiter. Manuel hörte Old Matts langgezogenes, rasselndes Keuchen über das Komm. Sie kamen am Fuß einer weitgestreckten, hohen Felsklippe heraus. Sie bestand überwiegend aus Stein mit rostroten Furchen und einzelnen Stellen Konglomerat – Kiesel, Eisstückchen, Brocken grauen, metallischen Erzes.
    Hier hielten sie an. Die Hände auf den Knien beugte Old Matt sich hustend nach vorn. Ein träges, trockenes Bellen tief aus dem Brustkorb.
    »Willst … willst du weiter? Vielleicht etwas ausruhen? Auf die Schlepper warten? Ich kann …«
    »Nein. Warten. Hier warten.«
    Mehr wollte der alte Mann nicht sagen. Er beugte sich vornüber und wartete, daß der quälende Hustenanfall vorüberging. Manuel verwünschte sich selbst, weil er die Chance auf einen Schuß, auf eine oder zwei günstige Minuten aufgegeben hatte, um hierherzukommen. Wahrscheinlich hatte Old Matt geglaubt, einen besseren Winkel zu dem Aleph zu bekommen, wenn es sich den Hügeln näherte, und es von oben beschießen zu können, vielleicht auf eine weniger gut geschützte Stelle. Aber sie hatten sich in den Schluchten und Gräben verirrt, konnten nicht einmal mehr die Ebene sehen. Jetzt war das Aleph mit Sicherheit aus dem Tal verschwunden, selbst wenn er umkehrte, wäre es …
    Die Felsklippe zitterte. Steine fielen herab, Staubschwaden stiegen auf. Ein Beben. Die Felswand explodierte, ließ Geröll auf sie regnen. Zuerst kamen die röhrenförmige Schnauze, Gestein zermahlend, in den leeren Raum hinausragend und sich dann nach unten biegend. Der gewaltige Körper folgte mit Schlängelbewegungen, Bruchstücke rostroten Felsgesteins mit sich tragend. Auf seiner Haut waren jetzt Wirbel, Flecken von verschwommenem Blau und Grün tief in dem Bernstein. In einer letzten Kaskade aus Dreck und Eis brach es aus der Felswand hervor und senkte sich auf das flache Plateau hinab, immer noch einen trennenden Meter über dem Boden.
    »Oh … ich … Woher hast du gewußt, daß es hier rauskommt? Ich dachte …«
    Old Matt brachte ihn mit einer Handbewegung zum Verstummen.
    »Anders«, sagte er heiser, immer noch heftig keuchend. »Es ist jetzt anders.«
    »Du meinst die Farben? Ich verstehe nicht …«
    Einer der Flecken löste sich auf, verfestigte sich, wurde dunkler. Er wurde zu einem Loch, und das Loch weitete sich, und etwas bewegte sich darin. Plötzlich sah der Junge, daß das Ding, das herauskam, Adler war. Der Kopf kam frei, dann die massigen Schultern. Adler kämpfte ohne einen Laut gegen den irisierenden Rand, und die weit auseinanderliegenden schwarzen Augen fixierten die Menschen, nicht um Hilfe bittend, sondern als unerbittliche, stumme Feststellung, die er selbst in dem Moment treffen wollte, als er spürte, was die Menschen sehen konnten – den plötzlichen, zusammenschnürenden Griff, der seine linke Schulter eindrückte, den Hauptkörper und das stählerne Leitungssystem zerbeulte, die Rückgratverstärkung zerbrach, Adlers breite Spurketten zermalmte, die gegen die Bernsteinwände mahlten. Erst kurz vor dem Ende streckten Adlers Hände sich aus und schlugen gegen die Seite – vergeblich, ohne Hoffnung, aber auch ohne Kapitulation. Manuel trat einen Schritt vor. Old Matt legte ihm die Hand auf die Schulter. Adler kämpfte weiter. Der breite Hals knackte. Die Augen wurden leer. Adlers Kopf baumelte herab, und Manuel tat einen weiteren Schritt nach vorn. Die Öffnung zuckte einmal, zweimal, und dann,

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