Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell
Verzweiflung, Angst, die Qualen derjenigen, die in Buchenwald, Dachau, Auschwitz und den anderen Konzentrationslagern umgebracht werden. Er wird das Verderben aufsaugen wie ein Schwamm, und dadurch nimmt seine Macht immer mehr zu. Doch damit gibt er sich nicht zufrieden. Er giert nach mehr. Stell dir vor, wie er die Welt durchstreift, Staatsoberhäupter umbringt, Regierungen destabilisiert und dadurch Chaos in vielen Nationen entstehen läßt. Welche Armee könnte seinen Legionen aus lebenden Toten nennenswerten Widerstand leisten? Rasalom ist imstande, die ganze Welt in einen Hexenkessel zu verwandeln. Und dann beginnt der wahre Schrecken. Du meinst, nichts könne schlimmer sein als Hitler und die Nazis? Und wenn dieser Planet zu einem einzigen Konzentrationslager wird?«
Magda schnappte unwillkürlich nach Luft. »Das ist … ausgeschlossen!«
»Wirklich? Glaubst du, daß Rasalom keine Menschen findet, die bereit wären, in seine Dienste zu treten? Die Nazis haben bewiesen, daß Menschen fähig sind, ihre Mitbürger umzubringen. Aber das ist noch nicht alles. Du hast ja erlebt, was heute aus den Dorfbewohnern geworden ist. Rasaloms Einfluß weckt das Böse in ihnen. Ihre Reaktionen bestehen nurmehr aus Wut, Haß und Gewalt.« Glenn sah wieder zur Feste. »In den vergangenen Nächten ist Rasalom immer stärker geworden. Tod und Angst sind seine Verbündeten – und die langsame Fäulnis im Innern deines Vaters, Magda. Darüber hinaus haben die Soldaten den Fehler gemacht, einige Mauern einzureißen. Sie haben die Struktur des Kastells geschwächt. Rasaloms Unheilsaura dehnte sich immer weiter aus. Die Feste wurde nach einem uralten Muster errichtet, und die besondere Anordnung der Heftnachbildungen dient dazu, das Wesen abzuschirmen und seine Macht zu beschränken. Durch das Wirken der Deutschen entstanden Lücken in dem Bann; du kennst die Konsequenzen, die sich daraus für die Bewohner des Dorfes ergeben haben. Wenn Rasalom entkommt und das Leid des Krieges und der Konzentrationslager in sich aufnimmt, droht der ganzen Weltbevölkerung ein ähnliches Schicksal. Was seine Opfer angeht, ist er nicht annähernd so wählerisch wie Hitler: Jeder kommt in Frage. Rasse, Religion, politische Überzeugungen – so etwas spielt dann keine Rolle mehr. Die Reichen sind nicht in der Lage, sich mit Geld Schutz zu erkaufen. Die Gebete der Frommen sind vergeblich. Und die Schlauen kommen selbst mit ihren besten Einfällen nicht weiter. Alle sind betroffen. Besonders Frauen und Kinder. Stell dir vor, in einer Welt immerwährenden Elends aufzuwachsen, ohne daß es irgendeine Aussicht gäbe, ein besseres Leben zu führen.« Glenn holte kurz Luft. »Stell dir eine Welt vor, die ohne jede Hoffnung ist, Magda. Niemand kann etwas gegen Rasalom unternehmen. Er ist wahrhaft unbesiegbar – und unsterblich. Wenn er jetzt die Freiheit zurückerlangt, kann ihn niemand mehr aufhalten. Bisher hat ihn das Schwert daran gehindert, die ganze Macht des Bösen zu entfalten. Doch die Nazis stellen ihm soviel Nahrung zur Verfügung, daß nicht einmal die mit dem Heft vereinte Klinge eine Gefahr für ihn darstellen würde. Er darf die Fe ste nicht verlassen!«
Magda ahnte, was die letzten Worte bedeuteten: Glenn wollte ins Kastell zurück. »Nein!« murmelte sie und streckte die Arme aus, um den rothaarigen Mann festzuhalten. »In deinem jetzigen Zustand hättest du keine Chance gegen ihn!«
»Ich bin der einzige, der etwas unternehmen kann. Ich muß mich ihm allein stellen; niemand kann mir helfen. Es … es ist meine Schuld, daß Rasalom erneut zu einer Bedrohung wird.«
»Ich verstehe nicht …«
Magda wartete einige Sekunden, aber Glenn gab keine Antwort.
»Woher stammt Rasalom?« fragte sie schließlich.
»Einst war er ein Mensch. Doch er hat sich der dunklen Macht, die ihn veränderte, verschrieben.«
Magda spürte ein Kratzen im Hals. »Wenn sich Rasalom der ›dunklen Macht‹ hingab … Wem dienst du ?«
»Einer anderen Einflußsphäre.«
Die junge Frau wußte, daß Glenn ihr auswich. Sie ließ nicht locker.
»Repräsentiert sie das Gute?«
»Vielleicht.«
»Seit wann stehst du in ihren Diensten?«
»Mein ganzes Leben lang.«
»Aber warum …« Magda schluckte; sie fürchtete sich vor der Antwort. »Warum hast du eben gesagt, es sei deine Schuld, daß Rasalom heute wieder eine Gefahr für uns alle darstellt, Glenn?«
Der rothaarige Mann wandte den Blick von ihr ab. »Ich heiße nicht Glenn, sondern … Glaeken. Ich bin so alt
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