Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe
sollte.«
»Ist schon in Ordnung, Marnie.«
»Oh, und dann noch etwas«, sagte sie, als sie auf die Telefontasten tippte. »Der Senator hat mich angewiesen, Ihnen ein großes Lob für Ihren Bericht auszusprechen. Aber den habe ich gerade eben erst abgetippt.«
Charles fühlte, dass sich bei ihm alles zusammenzog.
»Rufen Sie den Bericht auf«, sagte er und zeigte auf den Bildschirm. »Wo haben Sie ihn abgelegt?«
»Unter ›bulmerrep‹.«
Sie konnte es so oft versuchen, wie sie wollte, aber sie fand den Bericht nicht mehr.
»Er ist gelöscht«, sagte sie. »Ich schwöre, dass ich ihn eingegeben habe.«
»Machen Sie sich keine Gedanken, Liebes«, sagte Charles. Er legte eine Hand beruhigend auf ihre Schulter und verbarg seine eigene Nervosität. »Nichts ist vollkommen. Nicht einmal ein Computer. Haben Sie zufällig gesehen, in welche Richtung Henly und Rossi gegangen sind?«
»Das habe ich. Ich folgte ihnen den ganzen Weg zu den Aufzügen, um herauszufinden, was los ist, und ich sah, dass sie nach unten fuhren. Ich war ein bisschen verwirrt, weil ich dachte, sie würden zum Büro des Senators gehen.«
»Haben Sie zufällig gesehen, wo sie angehalten haben?«
»Ja, in der neunten Etage.«
»Gut. Sie bleiben hier, und ich werde ein Gespräch mit dem Senator führen.«
Charles eilte auf die Feuertreppe zu. Aber er hastete hinunter und nicht nach oben. Die Ereignisse an diesem Morgen hatten plötzlich einen unheilvollen Anstrich bekommen, aber er war sicher, dass er ein Melodrama aus einer Kette von Geschehnissen konstruierte, die zweifellos eine einfache rationale Erklärung hatten. Er konnte sich zwar keine vorstellen, aber er wusste, dass er die Daten zurückhaben wollte. In der neunten Etage war die zentrale Datenverarbeitung. Wenn Henly und Rossi die Daten dort verstecken wollten, würde er einen Weg finden, wie er sie zurückbekommen konnte, und dann McCready einen kleinen Besuch abstatten, um herauszufinden, was verdammt noch mal los war!
In der neunten Etage stürmte er auf den Hauptkorridor zu, als er ein vertrautes Profil durch das schmale Fenster in einer Tür erblickte. Er trat zurück und schaute hinein.
Henly und Rossi fütterten in aller Ruhe einen Stoß Papiere – Bulmers EEG-Aufzeichnungen – in den Reißwolf. Charles erster spontaner Gedanke war hineinzuplatzen, aber er hielt sich zurück und zwang sich, den Weg, den er gekommen war, wieder zurückzugehen. Er würde nicht viel erreichen, wenn er sich mit zwei Wachmännern anlegte – die meisten Daten waren sowieso schon Konfetti –, aber er konnte vielleicht etwas erfahren, indem er vorgab, nur das zu wissen, was Marnie ihm erzählt hatte.
Er war sich nun sicher, dass er sich die Dinge nicht einbildete. Irgendetwas Schlimmes war im Gang.
Er konnte die Ungeduld des Senators, den Bericht zu lesen, verstehen und sah nichts Verwerfliches darin, dass er sich mit seinem Computer Zugang verschafft hatte. Aber er sammelte keine Daten – er vernichtete sie.
Warum?
Zumindest waren alle Daten für Charles noch im Zentralcomputer verfügbar.
Oder etwa nicht?
Er rannte in sein Büro zurück und gab sein Passwort ein, um die Bulmer-Daten abzurufen.
DATEI NICHT GEFUNDEN.
Er bekam eine Gänsehaut. Es war fast so, als ob jemand versuchte, jeden Hinweis auf Alan Bulmer aus den Aufzeichnungen der Stiftung zu löschen.
Wieder – warum?
Nur ein Mann konnte diese Frage beantworten.
Charles stürzte zum Aufzug.
»Charles!«, krächzte der Senator hinter seinem Schreibtisch, als Charles sein Büro betrat. »Ich habe Sie erwartet.«
»Dessen bin ich mir sicher.«
»Setzen Sie sich.«
»Ich stehe lieber.«
Charles fand, dass er sein Unwohlsein am besten verbergen konnte, wenn er sich wütend gebärdete.
»Nun, nun«, sagte der Senator mit einem freundlichen Lächeln. »Ich weiß, dass Sie aufgebracht sind, und zu Recht. Aber ich musste diese Aufzeichnungen an einen sichereren Ort bringen. Sie werden mir diese kleine Paranoia verzeihen, nicht wahr?«
Charles überlief es bei dieser Lüge eiskalt. »Sie befinden sich nun an einem sichereren Ort, als es mein Safe ist?«
»Oh ja! Ich habe sie nun in meinem eigenen ultrasicheren Versteck, wo ich nur äußerst sensible Dokumente aufbewahre. Dort sind jetzt die Bulmer-Daten.«
»Ich verstehe.«
Charles musste die Glattzüngigkeit des Senators fast bewundern. Geschickt ausgedacht, sogar diese Sache mit dem ultrageheimen Versteck.
Aber dieses verdammte Warum plagte ihn immer noch. Er
Weitere Kostenlose Bücher