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Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Titel: Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Gabe
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hatte eine gehässige Bemerkung über seine Tochter Julie auf der Zunge, traute sich dann aber doch nicht, sie auszusprechen. Außerdem würde das Charles nur anspornen, auf der Schiene weiterzumachen. Und wenn es Jeffy betraf, bewegte er sich da auf sehr dünnem Eis.
    »Was hat er gesagt?«, fragte sie mit derselben gespielten Gleichgültigkeit.
    »Nicht viel. Ehrlich gesagt macht er gerade ein Nickerchen.« Er setzte sich auf ihr Bett und lehnte sich auf die Ellbogen zurück. »Kommt heute jemand Besonderes?«
    »Die übliche Bagage plus ein paar Schmankerl: Kongressabgeordneter Switzer und Andrew Cunningham vom MTA.«
    Charles zog die Augenbrauen hoch. »Beide? Unter einem verdammten Dach?«
    Sie nickte, ihr Lächeln spiegelte das seine. »Die beiden wissen es nur noch nicht.«
    Sie war tatsächlich gespannt, was passieren würde, wenn diese beiden Feinde heute Abend aneinandergeraten würden.
    »Das wird bestimmt lustig!«, sagte er mit einem Lachen, als er sich vom Bett erhob und sie auf die Lippen küsste. »Darum liebe ich dich, Sylvia.«
    Sylvia sagte nichts. Sie wusste, dass er sie nicht liebte. Ihm gefiel nur ihre Art von fiesem Humor.
    Sie hatte Dr. med. Charles Axford bei der McCready-Stiftung kennengelernt, als sie Jeffy zu einer gründlichen Untersuchung dorthin gebracht hatte. Charles war damals wie heute Chef der neurologischen Forschungsabteilung der Stiftung. Er hatte zwar kein besonderes Interesse an Jeffy gezeigt, aber dafür ein sehr deutliches Interesse an ihr. Sie hatten nun seit drei Jahren ein lockeres, unverbindliches Verhältnis.
    Sylvia war sich nicht sicher, wieso sie sich zu Charles – oder »Chuckie«, wie sie ihn gern nannte, wenn sie ihn ärgern wollte – hingezogen fühlte. Es war sicherlich keine Liebe. Und es war sicherlich auch nicht nur, weil er verdammt gut aussah.
    Es war mehr: Er faszinierte sie.
    Sie hatte niemals jemanden wie ihn getroffen. Charles Axford fand immer etwas an jedem Menschen, was man an ihm nicht mögen oder weswegen man ihm misstrauen sollte. An jedem ! Das, zusammen mit der Tatsache, dass er sich nicht darum scherte, was man über ihn dachte, ergab einen der sarkastischsten, zynischsten, ungehobeltsten Menschen auf Erden. Sein ätzender Witz in Verbindung mit seinem britischen Akzent machte aus ihm den perfekten Partyschreck. Kein hochgeschätzter Glau be, keine heilige Kuh, kein religiöses, moralisches oder politisches Tabu war ihm heilig. Charles glaubte an nichts, kümmerte sich um nichts außer um seine Arbeit und scheute sich auch nicht, diese schlechtzumachen, wenn ihm danach war. In einem seiner seltenen selbstenthüllenden Augenblicke nach übermäßigem Alkoholgenuss hatte er Sylvia erzählt, dass ein Mann ohne Illusionen niemals desillusioniert werden kann.
    Vielleicht war das der Grund, dachte sie, als sie sich aus seiner Umarmung löste. Vielleicht war es deswegen, weil er bei der kleinsten Provokation jeden auf die Hörner nahm, der ihm in die Quere kam. Niemand war vor ihm sicher. Jeffy nicht, nicht einmal sie. Sylvia fand, dass das Gefühl einer drohenden Gefahr, wenn er in der Nähe war, dem Leben eine zusätzliche Würze gab.
    »Ich hoffe, es wird dich nicht am Boden zerstören, wenn du erfährst, dass du heute Abend nicht der einzige Arzt bist.«
    »Kaum. Ärzte sind die langweiligsten Menschen auf der Erde – außer mir selbstverständlich.«
    »Selbstverständlich. Die beiden anderen sind nebenbei bemerkt Allgemeinmediziner. Und sie hatten einmal zusammen eine Praxis.«
    »Wirklich?«
    Seine Augen funkelten, und seine dünnen Lippen wölbten sich zu einem schelmischen Lächeln. »Ich bin erfreut, heute Abend hier zu sein.«
    »Ich sagte dir bereits, es würde interessant werden.«
    Sie sah bei dem Geräusch eines Wagens in der Auffahrt aus dem Fenster. Die ersten Gäste waren eingetroffen. Sie überprüfte sich in dem großen Spiegel. Das schwarze Kleid war genau richtig – vorne ein bisschen zu tief, hinten ein bisschen zu tief, um die Hüften ein bisschen zu eng. Genau wie es ihr Image verlangte. Sie hakte sich bei Charles ein.
    »Gehen wir?«
     
    »Ist das nicht ein Rolls Royce, Alan?«, fragte Ginny, als sie in Sylvia Nashs Auffahrt einbogen.
    Alan blinzelte durch die Windschutzscheibe zu dem silbergrauen Auto, das neben der Eingangstür stand. »Sieht so aus. Und direkt daneben steht ein Bentley.«
    Ginny gab ein kurzes feminines Ächzen von sich. »Und wir kommen hier an und fahren noch nicht mal einen Buick.«
    »Einen

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