Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Titel: Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Gabe
Vom Netzwerk:
Zumindest zeigt er keine anderen Symptome für Akromegalie.«
    Fünf Punkte für dich, Doktor, dachte Charles mit einem innerlich wehmütigen Lächeln. Der Kerl hatte bereits eine komplette Diagnose erstellt und zum Abruf parat. Nicht schlecht für einen simplen Allgemeinmediziner.
    »Redet ihr beide noch Englisch?«, fragte Sylvia.
    »Doktorchinesisch, Liebes«, sagte Charles. »Wir verwenden es, um die Massen zu verwirren.«
    »Aber es war über Ba. Was habt ihr über ihn gesagt?« Sie schien wirklich besorgt zu sein.
    »Wir haben uns darüber unterhalten, dass seine Hirnanhangdrüse wahrscheinlich im Kindesalter übermäßig aktiv war, vielleicht hatte er sogar einen Hypophysentumor. Das machte ihn ein gutes Stück größer als den durchschnittlichen Vietnamesen.«
    Bulmer mischte sich ein. »Aber seine Hypophysenstörung muss sich wieder zurückgebildet haben, als er älter wurde, weil er nicht die Missbildungen im Gesicht und an den Händen aufweist, die man bei der Hypophysenüberfunktion im Erwachsenenalter sieht.«
    »Ein Glück für ihn, dass es von selbst aufhörte. Ansonsten führt es zum Tod, wenn es nicht behandelt wird.«
    »Lächelt er eigentlich jemals?«, fragte Bulmer. »Ich habe ihn noch nie lächeln sehen.«
    Sylvia war einen Moment still. »Ich habe ein Foto von ihm, auf dem er lächelt.«
    »Ich habe das Foto gesehen«, sagte Charles. »Ein klassisches ›vorher‹-Foto für jede Zahnweiß-Werbung.«
    Sylvia ignorierte ihn beflissentlich. Ihre Augen hingen an Bulmer, und sie glänzten auf eine Art, wie es Charles noch nie gesehen hatte.
    »Möchten Sie das Bild sehen?«
    Bulmer zuckte die Schultern. »Klar.«
    »Gut«, sagte Sylvia mit einem Lächeln und einer lasziven Geste. »Es ist oben in meinem Schlafzimmer – da, wo auch die erotischen japanischen Radierungen hängen.«
    Charles biss sich auf die Lippen, um nicht zu lachen, als er Bulmer beobachtete, der fast sein Glas fallen ließ und zu stottern anfing: »Ich … nun … ich weiß nicht genau …«
    Sylvia wandte sich Charles zu und sah ihm direkt in die Augen. Dir Blick war eindringlich. »Charles, warum führst du Virginia und Adelle nicht im Erdgeschoss herum. Du kennst dich hier fast genauso gut aus wie ich.«
    Charles ärgerte sich über den Hauch von Eifersucht, der ihn durchfuhr. »Klar, Liebes«, sagte er so lässig er konnte. »Gerne.«
    Als er die zwei Frauen wegführte, bemerkte er Bulmers Frau, die mit einem verwirrten Gesichtsausdruck über die Schulter zusah, wie sich Sylvia bei ihrem Ehemann einhakte und ihn die weite geschlungene Treppe hinaufführte.
    Charles sah auch zu.
    Irgendetwas ging zwischen den beiden vor, aber er wollte verdammt sein, wenn er wusste, was das war.
    Ob sie wohl scharf auf ihn ist?
     
    Alan fühlte sich wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird. Wenn sie ihn verstohlen nach oben gelockt hätte, hätte er sofort einen Rückzieher gemacht, kein Problem. Aber sie hatte ihn in aller Öffentlichkeit direkt vor Ginny weggezogen. Was hätte er machen können?
    Sie führte ihn wieder durch den Flur, aber dieses Mal gingen sie an Jeffys Zimmer vorbei und entfernten sich immer weiter von der Party unten. Und heute Abend war sie nicht von Kopf bis Fuß in Flanell eingehüllt. Sie trug ein hauchdünnes schwarzes Etwas, das die fast makellose Haut ihres Rückens und ihrer Schultern freigab, nur wenige Zentimeter von ihm entfernt.
    Eine Wendung um die Ecke, und sie waren in ihrem Schlafzimmer. Gott sei Dank war es hier nicht dunkel. Ein gemütliches Schlafzimmer, stilvoll eingerichtet mit einem Doppelbett flankiert von eleganten niedrigen Nachttischen. Lange Satinvorhänge umrahmten die Fenster. Feminin, aber nicht kitschig. Und keine japanischen erotischen Zeichnungen an den Wänden. Nur Spiegel. Mengen von Spiegeln. An einem Punkt im Raum reflektierten sich die Spiegel gegenseitig, und er sah eine unendliche Anzahl von Alans, die neben einer unendlichen Anzahl von Sylvias in unendlich vielen Schlafzimmern standen.
    Sie ging zu einer Kommode und nahm ein Farbfoto in einem Plexiglashalter in die Hand. Sie sagte nichts, als sie es ihm reichte.
    Da war Ba – ein sehr viel jüngerer Ba – im Dschungel, der neben einem kleineren dunkelhaarigen Mann mit Sylvias Lächeln stand. Beide trugen Uniform, hatten ihre Arme um die Schultern des anderen gelegt und grinsten breit. Offensichtlich hatte jemand »Cheese« gesagt, und sie hatten es auf die Spitze getrieben. Bas Zähne waren wirklich sehr gelb und sehr

Weitere Kostenlose Bücher