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Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Titel: Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Gabe
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Haufen.«
    »Nun, nach dem, was ich mir zusammenreimen kann, hatte sie es nicht immer. Greg Nash kam aus dem Golfkrieg zurück, fing in der Versicherungsagentur seines Vaters an, heiratete Sylvia, schloss Lebensversicherungen bis zur Oberkante Unterlippe für sich ab, und wurde dann in diesem Supermarkt erschossen. Aufgrund von Sonderklauseln in den Verträgen mussten die Versicherungen doppelte Schadensersatzsummen zahlen und so wurde Sylvia über Nacht Millionärin. Inzwischen hat sie ihr Vermögen verdrei- oder vervierfacht. Gute Geschäftsfrau. Bedauerlicherweise wird sie ihrem verrufenen Image aber nicht gerecht.«
    »Ach?«, meinte Alan und versuchte, gleichgültig zu klingen.
    Tonys Augenbrauen hoben sich. »Interessiert dich, wie?«
    »Nicht sonderlich.«
    »Nein? Du hättest deine Stielaugen sehen sollen, als ich ihren Namen erwähnte.«
    »Ich frage mich nur, wie du sie kennengelernt hast.«
    »Ja sicher! Hast du was mit ihr?«
    »Du solltest mich besser kennen. Ihr kleiner Junge ist mein Patient, das ist alles.«
    »Ja. Ich erinnere mich, wie sie über dich gesprochen hat – als ob du über Wasser gehen könntest.«
    »Sie hat eine scharfe Beobachtungsgabe. Aber woher weißt du, dass sie ihrem Ruf nicht gerecht wird?«
    »Wir waren ein paar Mal miteinander aus.«
    Der Gedanke an Sylvia in Tonys Armen schmerzte Alan. »Und?«
    »Ich konnte bei ihr nicht landen.«
    Alan fühlte sich schuldig, weil er so erleichtert war. »Vielleicht liegt es an deiner Technik.«
    »Vielleicht. Aber ich glaube es nicht. In dieser Frau steckt eine Menge Zorn, Alan. Eine Menge Zorn.«
    Beide schwiegen. Alan dachte an Sylvia und dass er sie niemals als zornerfüllt wahrgenommen hatte. Er hatte sie aber auch immer nur mit Jeffy gesehen, und dann war da nur die Liebe für das Kind. Trotzdem – Tony war ein scharfsinniger Bursche. Alan konnte seine Eindrücke nicht so leicht von der Hand weisen.
    Schließlich kam er auf das Thema, über das er mit Tony sprechen wollte.
    »Tony … könntest du für mich einer Sache nachgehen?«
    »Sicher. Was denn?«
    »Es handelt sich um einen Patienten, der letzte Nacht in der Notaufnahme gestorben ist.«
    »Mögliche Fahrlässigkeit?«
    »Das bezweifle ich.« Alan hatte sich an diesem Abend im Krankenhaus den pathologischen Bericht über den Landstreicher angesehen. Er hatte an Lungenkrebs im Anfangs- und an Leberzirrhose im Endstadium gelitten. Er war schon so gut wie tot gewesen. »Sein Name war Walter Erskine – er hatte keine Ausweispapiere bei sich, aber seine Fingerabdrucke« wurden überprüft. Er wurde 1946 geboren, wuchs in Chillicothe, Missouri, auf, und war Ende der Sechzigerjahre Soldat in Vietnam. 1970 wurde er einmal wegen psychischer Probleme im Veteranen-Hospital von Northport behandelt. Das ist alles.«
    »Reicht das nicht?«
    »Nein. Ich will mehr wissen. Ich will wissen, wie er war, als er aufwuchs, was mit ihm in Vietnam und danach passierte.«
    »Warum?«
    Alan zuckte die Schultern und wünschte sich, dass er es Tony erzählen könnte. Aber jetzt noch nicht. Er konnte jetzt mit niemandem darüber reden.
    »Es ist eine persönliche Sache, Tony. Kannst du mir helfen?«
    »Ich denke, ja. Ich werde einen Detektiv anheuern müssen. Das ist aber kein Problem – das mache ich gelegentlich.«
    »Klasse. Ich trage alle Kosten.«
    »Darauf kannst du Gift nehmen.«
    Sie lachten ein wenig darüber, und Alan fühlte sich zum ersten Mal an diesem Abend entspannt. Zumindest hatte er jetzt das Gefühl, dass er etwas dafür tat, um herauszufinden, was da passiert war. Instinktiv spürte er, dass dieser Walter Erskine der Schlüssel war. Er hatte gestern Abend etwas mit Alan angestellt. Alan musste wissen, was das war.
     

9. Auf der Party
     
    Sylvia stand an ihrem Schlafzimmerfenster im Obergeschoss, als Charles Axford in das Zimmer schlenderte. Seine Smokingjacke war offen, und seine Hände steckten in seinen Hosentaschen. Sie mochte die Art, wie sein muskulöser, knapp ein Meter achtzig großer Körper seine Kleidung ausfüllte. Mit dem kantigen Gesicht, dem graudurchzogenen Haar, das oben schütter zu werden begann, und den Runzeln um die Augen sah man ihm seine vierundvierzig Jahre an, aber ihr gefiel sein Aussehen.
    »Wo bist du gewesen?«, fragte Sylvia ihn.
    »Unten in der Halle. Ich habe mit Jeffy über die Staatsverschuldung debattiert«, sagte er leichthin.
    Sylvia lächelte und schüttelte den Kopf. Charles testete mal wieder die Grenzen des schlechten Geschmacks aus. Sie

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