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Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Titel: Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Gabe
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verdammte Minute! Niemand wird diesen Mann einen Lügner nennen, solange ich dabei bin. Dies ist kein Gericht, und ich bin nicht an die Gerichtsetikette gebunden. Jeder, der ihn einen Lügner nennt, bekommt es mit mir zu tun!«
    »Aber, aber«, sagte der Autohändler. »Es gibt keinen Anlass für diese Art von –«
    »Scheiße! Wenn dieser Mann Ihnen sagt, dass etwas so ist, dann ist es so!«
    Bud Reardon räusperte sich wieder. »Ich neige dazu, Ihnen zuzustimmen, Mr DeMarco. Ich kenne Dr. Bulmer, seitdem er hier in dieser Gemeinde lebt – ich führte sogar mit ihm das Vorstellungsgespräch, als er sich hier bewarb. Und aufgrund meiner langjährigen Beobachtungen kann ich sagen, dass seine Sorgfalt und sein Gefühl für ärztliche Ethik über jeden Tadel erhaben sind. Was uns zu der kritischen und höchst unbehaglichen Frage führt: Was ist, wenn Dr. Bulmer tatsächlich die Wahrheit sagt, aber nur so, wie er sie sieht ?«
    Um Dr. Reardon zeigten sich verwirrte Mienen, aber Alan wusste genau, worauf er hinauswollte.
    »Er meint«, sagte Alan zu der Gruppe, »dass ich zwar die Wahrheit sagen könnte, aber Wahnvorstellungen haben könnte, die mich glauben machen, dass ich durch Handauflegen Menschen heilen kann, obwohl das gar nicht so ist«
    Reardon nickte. »Genau. Das würde Sie als Fall für die Psychiatrie klassifizieren.«
    »Ich kann Ihnen Unterlagen vorlegen, die –«
    »Ich dachte an etwas Schnelleres und Konkreteres«, antwortete Reardon. Er schob seinen Stuhl zurück, zog seinen linken Schuh und Strumpf aus und legte den bloßen Fuß auf den Tisch. »Dies hier bringt mich schon seit heute morgen um den Verstand.«
    Alan sah die entzündete, rote, leicht angeschwollene Stelle am unteren Teil des großen Zehs. Gicht. Kein Zweifel.
    Bud Reardon sah ihm in die Augen. »Mal sehen, was Sie dagegen tun können.«
    Alan fröstelte. Damit hatte er nicht gerechnet. Nicht jetzt. Natürlich war ihm klar, dass er irgendwann seine unglaublichen Behauptungen unter Beweis stellen müsste, er hätte sich aber nicht träumen lassen, dass der Zeitpunkt so schnell und direkt hier im Konferenzraum kommen würde.
    Die Stunde der Macht – wann war das heute so weit? Er war schon seit Tagen nicht mehr in der Praxis gewesen, daher hatte er den Überblick verloren. Verdammt! Wenn er sich nur erinnern könnte! Er rechnete es schnell durch. Montag war es gewesen … wann? Am späten Nachmittag, um sechzehn Uhr. Er rechnete weiter. Er würde nur auf seine Berechnungen angewiesen sein, denn er spürte nichts, wenn die Stunde der Macht über ihn kam.
    Wenn seine Berechnungen stimmten, hatte er die Gabe zurzeit noch für circa dreißig Minuten zur Verfügung.
    Aber waren seine Berechnungen richtig? Es hing alles davon ab, dass die Stunde der Macht am Montag um sechzehn Uhr gewesen war. Stimmte das? Wirklich? Seit einiger Zeit war sein Gedächtnis so sprunghaft, er wusste nicht, ob er sich darauf verlassen konnte. Er bemühte sich verzweifelt, sich zu erinnern. Ja. Am Montag hatte er die Gabe beim letzten Patienten angewandt. Es war sechzehn Uhr gewesen. Er war sich sicher.
    Tonys leise Stimme riss ihn wieder in das Hier und Jetzt zurück.
    »Du musst das nicht tun, Al. Du kannst ihnen sagen, dass du keine Vorführungen gibst und es vorziehst –«
    »Es ist alles in Ordnung, Tony«, sagte er zu seinem besorgt aussehenden Freund. »Ich komme schon klar.«
    Alan stand auf und ging zum anderen Ende des Tisches. Die schweigenden Kuratoriumsmitglieder folgten mit den Blicken seinen Bewegungen, als er an ihnen vorbeiging, so als ob sie fürchteten, ihn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde aus den Augen zu verlieren. Lou Alberts saß mit offenem Mund da und starrte ihn von der anderen Seite des Tisches aus an. Bud Reardons Lächeln wurde zögerlich, als Alan auf ihn zu kam. Er war offensichtlich verblüfft, dass Alan seine Herausforderung angenommen hatte.
    Alan machte vor Reardons Fuß, der auf dem Tisch lag, halt. Er ging ein fürchterliches Risiko ein. Wenn seine Berechnungen nicht stimmten, war er als Quacksalber oder noch Schlimmeres vor diesen Männern gebrandmarkt. Aber es würde schon funktionieren, dessen war er sich sicher. Und das würde augenblicklich den unverhohlenen Zweifel aus diesen selbstgefälligen Gesichtern wischen.
    Er berührte den Zeh in dem Wunsch, ihn zu heilen, er betete, dass er geheilt werden würde.
    Nichts geschah.
    Während das Blut in seinen Adern gefror, hielt er weiter den Zeh fest, obwohl ihm bereits

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