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Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Titel: Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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die Königin … Ein Schrei bildete sich in seiner Kehle, erstarb aber lautlos. Wie kann man schreien, wenn sich der Mund nicht öffnen lässt?
    Nein. Er hatte einen Albtraum gehabt. Es war alles nur ein Traum – die Löcher, die fliegenden Monstren, die Hamsterkäufe, dass Carol ihn verlassen hatte, die Tankstelle, der Polizist, die Pistole, die Kugel, die Tausendfüßler – alles nur ein langer, grausiger Albtraum. Aber jetzt ging er zu Ende. Er wachte auf.
    Wenn er nur die Augen öffnen könnte, dann würde er die vertrauten Risse in der Decke des Schlafzimmers sehen. Und dann wäre der Albtraum vorbei. Dann könnte er sich wieder bewegen, den Arm ausstrecken und Carol in den Arm nehmen.
    Die Augen. Sie waren der Schlüssel. Er konzentrierte sich auf die Augenlider, steckte all seine Energie, seinen ganzen Willen in die Aufgabe. Und langsam begannen sie, sich zu bewegen. Er spürte die Bewegung nicht, aber er sah einen rasiermesserdünnen Spalt, helles Licht, das erste Glühen am Horizont, bevor die Sonne aufgeht.
    Ermutigt verstärkte er seine Anstrengungen. Das Licht am Horizont wurde heller, als seine Augenlider die gummiartige Substanz dehnten, die sie verklebte, und dann deutlicher, als sie riss. Um ihn herum war nicht das strahlende Hell der aufgehenden Sonne, sondern ein trübes, diffuses Licht. Er zwang seine Augen weiter auf und das Licht nahm durch die enge Öffnung allmählich Kontur an, spaltete sich auf in Formen und Farben. Unscharfe Formen. Kaum Farben. In erster Linie Grau. Seine Pupillen verengten sich und fokussierten die Dinge.
    Er sah an einem Körper entlang. Seinem Körper. In einem Bett, auf den Laken. Er sah ihn nur verschwommen, aber er erkannte den eigenen Körper. Gott sei Dank, es war alles nur ein Traum gewesen. Er versuchte, den Kopf nach links zu drehen, dem Licht entgegen, aber der rührte sich nicht. Warum konnte er sich nicht bewegen? Er war doch jetzt wach. Er sollte sich bewegen können. Er ließ die Augäpfel nach links rollen. Irgendwo da war das Schlafzimmerfenster. Wenn er nur …
    Moment mal … Die Wände – sie waren gewölbt. Die Decke – sie war konvex. Und aus Beton. Überall war Beton. Und das Licht. Es kam von oben. Er zwängte seine Augenlider einen weiteren Millimeter auf. Da war kein Fenster – das Licht kam durch einen Rost in der Decke.
    Der stumme Schrei von vor ein paar Augenblicken war plötzlich wieder da und steckte in seiner Kehle, drängte sich gegen seinen Kehlkopf und wollte mit Macht hinaus.
    Das hier war nicht sein Schlafzimmer. Er steckte in dem Rohr – dem Abwasserrohr! Es war alles kein Traum. Es war Wirklichkeit. Es war echt!
    Hank kämpfte gegen die Panik an, unterdrückte sie und versuchte nachzudenken. Er war noch am Leben. Das durfte er nicht vergessen. Er war noch am Leben und es war Tag. Die Viecher aus den Löchern regten sich tagsüber nicht. Sie scheuten das Licht. Er musste nachdenken, einen Plan machen. Im Plänemachen war er immer gut gewesen.
    Er schielte an seinem Körper entlang. Sein Blick war jetzt klarer. Er sah das sachte Auf und Ab seiner spärlich behaarten Brust und weiter unten sah er den blutigen Einstich, wo die Tausendfüßler-Königin ihr Gift in ihn hineingespritzt hatte. Das Neurotoxin wirkte noch immer und lähmte offensichtlich seine willentlich gesteuerten Muskeln, während sein Herz und seine Lungen weiterarbeiteten. Aber es lähmte ihn nicht vollständig. Schließlich war es ihm gelungen, die Augen zu öffnen. Und er konnte ja auch die Augäpfel bewegen. Also, was ließ sich sonst noch bewegen?
    Er riss sich vom Anblick der Bauchwunde los und suchte nach seinen Händen. Sie lagen flach neben dem Körper, mit den Handflächen nach oben. Er versuchte die Beine zu sehen. Sie waren unversehrt, ein wenig gespreizt und die Zehen zur Seite gerichtet. Er lag da, als würde er ein Sonnenbad nehmen. Sein Körper war absolut entspannt … die Entspannung völliger Lähmung. Er wandte seinen Blick wieder dem Arm zu und folgte ihm bis zur Hand. Wenn er einen Finger rühren könnte …
    Da erst bemerkte er die Fäden. Er war davon umgeben, sie verliefen kreuz und quer und waren ineinander verwoben wie Gaze. Die Fäden führten von jedem Arm und Bein weg wie dicke Spinnenfäden und endeten in dicken Klumpen gallertartiger Masse, die an die Seitenwände des Rohres gepappt war. Er sah so weit an sich hinunter, wie es seine unvorteilhafte Lage erlaubte, und erkannte, dass er nicht in der Röhre lag, sondern in ihr hing. Da er

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