Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld
entlaubt, und …
Gia deutete auf die schnurgeraden Ansammlungen von Erdhaufen, die von dem Loch wegführten wie die Speichen eines Rades.
»Was ist das?«
»Ich kenne mich mit Gartenpflege nicht aus, aber das sieht aus wie Maulwurfshügel.«
Gia bekam bei dem Anblick eine Gänsehaut.
»Wenn das Maulwürfe waren, dann müssen die so groß wie ein Mensch sein.«
»Wohl eher größer. Aber ich glaube nicht, dass es Maulwürfe sind. Ich wette, das sind eher Würmer. Und ich hasse es, das zu sagen, aber eine Menge von ihnen kommen in unsere Richtung.«
Maui
Sogar der Kaffee schmeckte nach Fisch.
Jack wusste, das Wasser war in Ordnung – er hatte gesehen, wie Kolabati eine neue Flasche geöffnet hatte –, aber es schmeckte trotzdem fischig. Vielleicht lag es daran, dass alles fischig roch. Der Gestank toter Meerestiere lag so schwer in der Luft, dass er geschworen hätte, er könne ihn beim Einatmen auf der Zunge schmecken.
Er stand auf der Lanai, würgte den Kaffee hinunter und blickte auf das Tal unter sich und den riesigen Wirbel, der sich vor Kahului drehte. Es wäre atemberaubend schön, wenn der Gestank nicht wäre. Hinter ihm tönte der Lärm von Sägen, Hämmern, Kratzen und Feilen durch die Tür zum Wohnzimmer.
Er dachte an Gia und Vicky und hoffte, dass sie eine ruhige Nacht verbracht hatten. Wenn er doch nur eine Möglichkeit hätte, sie zu erreichen.
Kolabati kam mit einer Tasse in der Hand zu ihm und lehnte sich neben ihm gegen das Geländer. Sie trug eine bunte, geblümte Muumuu, die, obwohl sie so weit war, irgendwie ihre Figur betonte, statt sie zu verbergen. Jacks Blick fiel auf ihre Halskette. Er versuchte, unbeteiligt zu wirken, aber das war nicht einfach. Da war sie, eine Hälfte des Anlasses für diese gefährliche Reise, nur eine Armlänge entfernt. Er musste nur die Hand ausstrecken und …
»Meine Silberschwert-Kakteen sind alle eingegangen«, sagte sie mit einem Blick auf den verdorrten Garten unter der Veranda. »Das Salzwasser ist ihnen nicht bekommen. Ich hatte gehofft, ich würde ihre Blüte erleben.«
»Es tut mir leid.«
Sie deutete mit der Tasse auf den gigantischen Wirbelstrom.
»Das ist doch sinnlos. Er saugt den ganzen Tag Wasser und Fische in sich hinein, nur, um sie dann nachts wieder kilometerweit in die Luft zu spucken.«
»Der Sinn«, erklärte Jack und erinnerte sich an das, was Glaeken gesagt hatte, »liegt darin, dass es keinen Sinn ergibt. Es soll uns nur verwirren, soll uns das Gefühl geben, schwach, machtlos, nutzlos zu sein. Es soll uns vor Angst und Unsicherheit verrückt machen. Wir sollen die Ungewissheit fürchten.«
Jack bemerkte, dass Kolabati einen verstohlenen Blick über ihre Schulter ins Haus warf, als er das Wort ›verrückt‹ benutzte.
»Und wo wir von Sinn reden«, fuhr er fort, »ergibt Moki einen Sinn? Wie konntest du dich mit so einem Kerl einlassen? Er ist nicht dein Typ, Bati.«
Soweit Jack das beurteilen konnte, war Moki wohl niemandes Typ. Der Kerl hatte nicht nur nicht mehr alle Tassen im Schrank, bei ihm war die ganze Geschirrtruhe ausgeräumt. Ein gemeingefährlicher Megalomane, der sich für einen Gott hielt – oder zumindest von einem Gott besessen –, von Maui, dem polynesischen Prometheus, der den Menschen das Feuer gebracht und mit seiner Angel Hawaii vom Meeresgrund hochgezogen hatte.
Nach der Zeremonie der letzten Nacht waren die vier zum Haus zurückgekehrt, wo er und Ba die Nacht in der Garage verbrachten – dem einzigen Ort im ganzen Haus, der vor den Höllenviechern sicher war. Moki und Bati wurden von den Monstern nicht belästigt – für Moki ein weiterer Beweis für seinen göttlichen Status. Er hatte sie den größten Teil der Nacht damit wach gehalten, dass er ihnen seine Pläne für ›Groß-Maui‹ und den Rest der noch verbliebenen hawaiianischen Inseln unterbreitete.
Unterschwellig hatte Jack Hass und Eifersucht gespürt, die gegen ihn gerichtet waren. Moki schien Jack als Bedrohung zu empfinden, als Konkurrenten um Kolabatis Zuneigung. Jack hatte das alles nicht erwartet. Er hatte den ganzen Morgen darüber nachgedacht, wie er diese Eifersucht ausnutzen konnte, um an die Halskette des Irren zu kommen, aber bisher war ihm nichts anderes eingefallen, als ihm eine Kugel in den Schädel zu jagen.
»Woher willst du wissen, was mein Typ ist?« Kolabatis Augen blitzten und ihre Nasenflügel bebten. »Was weißt du denn schon von mir?«
Jack sah sie forschend an. Kolabati hatte sich verändert. Er war sich
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