Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld
Offenbar hatte sich seine Insel aus dem Staatenbund losgesagt, zumindest, soweit es Moki betraf.
Jack schaute Kolabati an. Sie erwiderte den Blick ungerührt.
»Nun … Das hast du also mit ›nach der Zeremonie‹ gemeint. Wirklich toll.«
Sie nickte.
Moki deutete zum Kraterrand. »Komm. Es ist so weit.«
Jack zögerte. Das ging ihm viel zu schnell und folgte so gar nicht dem Plan. Er konnte Überraschungen nicht ausstehen und das hier war eine besonders unangenehme. Kolabati hatte das bei ihrem geflüsterten Gespräch auf der Lanai bereits gewusst. Hatte sie das zusammen mit Moki ausgeheckt oder war das allein seine Idee?
Wenigstens hatte Jack eine der Halsketten …
Oder doch nicht?
Was war das, was Moki da um den Hals trug? Jacks Kopie oder das Original? Er verfluchte sich dafür, dass er sich die, die Kolabati ihm gegeben hatte, nicht genauer angesehen hatte. Sie hatte sich nicht anders angefühlt, und wenn seine Erinnerung nicht trog, dann hatte die echte Halskette bei ihm ein unangenehmes Kitzeln ausgelöst, als er sie das erste Mal berührte. Aber diese Empfindung hatte sich gelegt, nachdem er sie eine Weile getragen hatte. War das der Grund, warum er jetzt bei der Berührung nichts spürte? Oder gab es nichts zu spüren, weil es die Fälschung war?
»Was ist los?«, meinte Moki mit zunehmend breiterem Grinsen. »Angst?«
»Ich werde gehen«, sagte Ba und trat vor.
Jack hielt eine Hand in die Höhe. Das konnte er nicht zulassen. Schließlich hatte er Sylvia Nash versprochen, er würde den großen Kerl sicher wieder nach Hause bringen.
»Ist schon okay, Ba. Ich gehe. Aber danke für das Angebot.«
»Zieh dein Hemd aus und folge mir«, befahl Moki, dann drehte er sich um und kletterte zum Kraterrand hoch.
Jack folgte ihm und zog sich im Gehen das Hemd aus. Die kalte Luft erzeugte eine Gänsehaut, die aber sofort wieder verging. Beim Vorbeigehen warf er Kolabati das Hemd zu. Ihre kaffeebraunen Mandelaugen blickten überrascht, als sie keine Kette um seinen Hals sah.
Was hatte sie vorgehabt? Wollte sie Moki wachrütteln, indem sie ihm vorführte, dass Jack eine Kette trug, die seiner exakt glich? Nicht mit ihm. Er spielte ihre Spielchen nicht mit.
Sie runzelte die Stirn, als sie die drei breiten Narben sah, die sich quer über seine Brust zogen. »Sind die von …?«
»Ja. Erinnerungsstücke von einem deiner Schoßtierchen.«
Er begrüßte die Hitze Haleakalas, als sie den Rand erreicht hatten. Moki blieb stehen und stellte sich ihm gegenüber. In dem orangenen Licht ähnelte er einem Dämon, als er zwei Messer mit schmalen, sechs Zoll langen Klingen hervorholte. Die Flammen von unten brachen sich auf den polierten Oberflächen. Eines reichte er Jack, mit dem Holzgriff voran. Als Jack es ergriff, hörte er von unten einen Schwall aufgeregter Stimmen. Er drehte sich um und sah die Niihauaner näher kommen. Sie fuchtelten wütend mit den Armen.
»Das hatte ich befürchtet«, sagte Moki und seufzte wie ein nachsichtiger Vater, der seine ungehorsamen Kinder beobachtet. »Deswegen habe ich dich bereits so früh hierher gebracht. Sie wollen, dass es einer von ihnen ist, der mich besiegt, nicht ein dahergelaufener Malahini. Ich muss ihnen sagen, dass sie sich nicht sorgen müssen. Sie bekommen noch ihre Chance.«
Das brauchte er jedoch nicht. Ba trat zwischen die Niihauaner und den Kraterrand. Er breitete seine Arme weit aus und sprach zu ihnen. Jack konnte über den Lärm des Infernos unter sich nicht hören, was er sagte, aber sie sahen ehrfürchtig zu ihm auf. Schließlich traten sie zurück und warteten.
»Gut!«, sagte Moki. »Dein Freund hat dir etwas Zeit erkauft. Bringen wir es hinter uns.« Er stieß die Hände in die Hüften und plusterte seine Brust auf. »Du hast den ersten Stich.«
»Nimm zuerst die Halskette ab.«
»Hör auf, Zeit zu schinden. Ist das der mutige Handyman Jack, von dem Bati mir erzählt hat? Ich glaube, du bist ein Feigling.«
»Du willst sie nicht abnehmen?«
»Meine Halskette steht nicht zur Diskussion. Sie ist ein Teil von mir. Sie wird bei mir bleiben, wenn ich sterbe. Was niemals der Fall sein wird.«
»Gut«, sagte Jack langsam, »da wir beim Thema Mut sind, stellen wir uns doch einer richtigen Prüfung: Jeder von uns sticht sich selbst das Messer ins Herz.«
Moki starrte ihn mit irrem Blick an. »Du meinst … Ich stoße mir mein Messer in meine Brust und du dir deines in die deine?«
»Du hast es erfasst. Gleichzeitig. Es ist eine Sache, jemand anderen zu
Weitere Kostenlose Bücher