Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Titel: Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
Vom Netzwerk:
Lava in der Mitte. Die Krabbler schwebten darum herum und jeder war dem Zentrum zugewandt wie verzückte Kirchgänger in stiller Anbetung.
    Und der Mittelpunkt aus Lava … Er pulsierte mit einem bösartigen gelben Licht, langsam, wie im Einklang mit dem Schlagen eines riesigen, verborgenen Herzens.
    Ein einzelner Blick, dann war Jack die Sicht wieder genommen. Aber dieser Blick hatte ausgereicht, dass bei ihm der kalte Schweiß ausbrach und er hektisch über den Fußboden zurückrutschte. Etwas an dieser Skulptur, die Art, wie sie glühte, die Andacht der Krabbler, die ganze Szenerie verstörte ihn auf einer Ebene, die er nicht begriff oder verstand. Etwas in ihm, keine persönliche Erfahrung, sondern eine Art Urerinnerung, eine Warnung, die in den Hirnstamm eingelassen oder in seinen Genen verankert war, überschwemmte ihn mit unsäglicher Furcht und ließ keine andere Option als die Flucht.
    Als er weit genug den Korridor entlanggekrochen war, sprang er auf und rannte aus dem Haus, wo Ba in dem Isuzu wartete.
    »Fahr los, Ba!«
    Der Asiate deutete auf den Jeep, mit dem sie aus Kalukui gekommen waren.
    »Sollten wir nicht …?«
    »Vergiss es! Lass uns hier verschwinden! Sofort!«
    Jack saß da und zitterte, während Ba durch den sintflutartigen Regen bergab fuhr. Er verabscheute die Panik, die sich unter seiner Haut festgesetzt hatte. Er war stolz auf seine Fähigkeit, mit seinen Ängsten fertig zu werden, sie zu kanalisieren und sie sich zunutze zu machen. Jetzt hatte er fast die Kontrolle darüber verloren. Er schloss die Augen gegen die Nacht, ignorierte das Klatschen der Fische, die von der Motorhaube und vom Dach abprallten, holte tief Luft und zwang sich zur Ruhe. Als Ba durch die zahllosen Haarnadelkurven bergab geschliddert war, hatte er sich wieder im Griff. Aber seine Finger zitterten noch unkontrolliert als Nachhall des Adrenalinschubs.
    Die Angst wurde allmählich durch Enttäuschung ersetzt und vielleicht auch einem Stück weit Niedergeschlagenheit. Er hatte versagt. Kolabati hatte ihn belogen. Hätte er etwas anderes erwarten sollen?
    Mich, gerade mich.
    Jack hatte den größten Teil seines Lebens immer nur gelogen. In seinen Gedanken trat er sich selbst vors Schienbein, weil er geglaubt hatte, sie hätte sich geändert. Aber sie war so überzeugend gewesen.
    Das kommt davon, wenn man sich an die Regeln hält.
    Vielleicht hätten er und Ba Moki überwältigen und ihm die Halskette abnehmen sollen. Sie hätten Kolabati dann ihre Kette vom Hals reißen und sie zurücklassen sollen, wo sie nach wenigen Stunden an Altersschwäche gestorben wäre. Der Gedanke war ihm zwar gekommen, aber alles in ihm sträubte sich gegen diesen Plan. Doch vielleicht war Fairness hier nicht angebracht gewesen. Es stand zu viel auf dem Spiel.
    Machte es noch einen Sinn, zurück nach New York zu fliegen? Glaeken hatte ihn losgeschickt, zwei Halsketten zu besorgen.
    Er biss die Zähne zusammen. Glaeken musste einen Weg finden, mit einer auszukommen. Er hatte sein Bestes getan und er hatte nicht alles erreicht.
    Er hoffte nur, dass er genug erreicht hatte.
    Als Ba auf die asphaltierte Straße fuhr, steigerte er die Geschwindigkeit. Die Räder brachen immer wieder auf den toten Fischen und den nassen Tangbüscheln aus.
    »Langsam, Ba. Wenn wir hier einen Unfall bauen, kommen wir vielleicht nicht mehr zurück zum Flieger, und dann war dieser ganze Ausflug umsonst. Wenn er das nicht so schon ist.«
    »Ich muss zurück zur Missus. Dringend. Sie braucht mich.«
    Jack musterte seine grimmige, angespannte Miene im Licht der Armaturenbeleuchtung. Ba hatte auch Angst. Aber nicht vor den Kreaturen. Er hatte Angst um seine adoptierte Familie. Warum? Warum jetzt? Was ging dort vor?

Mittwoch
    Im Dunkel der Nacht
    RADIO WFPW:
    FREDDY: Jetzt ist es eine Minute nach Mitternacht. Noch etwas mehr als neun Stunden bis Tagesanbruch.
    JO: Wir haben fast die Hälfte geschafft. Haltet weiter durch, Leute.
    Monroe, Long Island
    Alan kam sich vor wie ein Vampir.
    Warum auch nicht? Er lebte das Leben eines Vampirs. Er war die ganze Nacht wach und schlief, soweit das möglich war, während des Tages. Es erinnerte ihn an seine Zeit als Assistenzarzt. Sechsunddreißig Stunden hintereinander ohne ein Auge zuzumachen waren da nicht ungewöhnlich gewesen. Aber jetzt war er älter und der Stress der Nächte – das wilde Klappern der Rollläden, das unaufhörliche Nagen an den Außenwänden – hallte noch in den schwindenden Tageslichtstunden nach, sodass er

Weitere Kostenlose Bücher